Die Kreditlandschaft im Juli 2023
Es ist Sommer, die Ferienzeit ist angelaufen – entsprechend kann davon ausgegangen werden, dass es überall ein wenig gemächlicher zugeht. Doch mit einem Blick auf den Finanzmarkt stellen wir auch in diesem Monat fest, dass das Thema Zinsen den Markt fest im Griff hat.
Da ist z. B. die Feststellung, dass die seitens der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) angebotenen Studienkredite aufgrund eines aktuell geltenden effektiven Jahreszinssatzes von acht Prozent für Studierende zunehmend unattraktiver werden. So wird hier sowohl von Vertreten des Studentenbundes als auch Hochschul-Vertretungen kritisiert, dass die hohe Zinsbelastung für immer weniger Studierende tragbar ist.
Des Weiteren zeigen sich die letzten Leitzinserhöhungen mittlerweile bei den Zinssätzen für Baukredite, was zahlreiche Experten der Branche durchaus überrascht hat. Grund hierfür sind kurzfristig gestiegene Kreditrisiken im Privatkunden-Geschäft. Zu guter Letzt ist da noch ein Verhalten einer Bank, welches landläufig und nun auch per Gerichtsurteil bestätigt, Kredit-Wucher nennen darf. Ein Gericht in Erfurt hat nun gegen ein Institut entschieden, die einem Kunden einen Kredit mit einem Gesamt-Zinssatz von über 18 Prozent gewährte. Sittenwidrig, wie das Gericht feststellte. Bleibt zu hoffen, dass dieses Urteil eine gewisse Signal-Wirkung hat, denn dies dürfte bundesweit sicherlich kein Einzelfall sein.
- Anzahl der KfW-Studienkredite in Deutschland rückläufig
- Leitzinserhöhungen wirken sich auf die Bauzinsen aus
- Urteil des Landgerichts Erfurt gegen Zinswucher von Banken
- Stabil seitwärts – Privatkreditzinsen bewegen sich kaum
Stetig steigender Zinssatz: KfW Studienkredite werden zunehmend unattraktiver
Der Markt für Studienkredite in Deutschland ist stark rückläufig. Im Jahr 2022 erreichte die Zahl der Neuverträge einen Tiefstand von 24.000, verglichen mit fast 60.000 Verträgen im Jahr 2014. Eine aktuelle Auswertung des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) zeigt, dass die mangelnde Attraktivität des Angebots der bundeseigenen Förderbank KfW die Hauptursache für diesen Rückgang ist. Die KfW dominiert den Markt seit vielen Jahren.
Selbst aus der Studierendenschaft kommt Kritik an den Studienkrediten der KfW. Matthias Anbuhl, der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Studierendenwerks, bezeichnete den effektiven Jahreszinssatz des KfW-Studienkredits als doppelt so hoch wie bei Immobilienkrediten. Dies wird als sozialpolitischer Skandal betrachtet und sendet ein verheerendes Signal an die Studierenden. Das Studierendenwerk Frankfurt vermittelt den KfW-Kredit bereits nicht mehr, da er mit einem Zinssatz von acht Prozent kein geeignetes Instrument mehr für eine ausreichende Finanzierung ohne hohe Verschuldung ist.
Die Zukunftsfähigkeit des KfW-Studienkredits steht somit in Frage. Viele Studierende betrachteten den Kredit als letzte Rettung, doch nun könnten vermehrt Studienabbrüche die Folge sein. Laut der jüngsten Sozialerhebung des Deutschen Studierendenwerks mussten 37 Prozent der Studierenden zuletzt mit weniger als 800 Euro im Monat auskommen.
Die KfW argumentiert, dass sie den Studienkredit aus eigenen Mitteln finanziert und dabei kostendeckend arbeiten müsse. Der Zinssatz orientiert sich am allgemeinen Zinsniveau, das seit dem Beginn des Ukrainekriegs deutlich gestiegen ist. Zudem soll der Kredit nur als zusätzliche Finanzierungsquelle dienen und Kosten abdecken, die nach Berücksichtigung von Bafög, Familienunterstützung und Nebenjobs verbleiben.
Folgen der fortwährenden Leitzinserhöhungen: Unerwartet starker Zins-Anstieg bei Baukrediten
Die Baukreditzinsen in Deutschland sind seit Frühjahr 2022 unerwartet stark gestiegen, wie aus dem Monatsbericht der Bundesbank hervorgeht. Im Gegensatz dazu lassen sich die Kreditinstitute bei der Weitergabe von Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) an die Sparer mehr Zeit als in der Vergangenheit.
Die Analyse zeigt, dass die Banken in Deutschland den Zinssatz für Wohnungsbaukredite an private Haushalte seit Mai 2022 stärker angehoben haben als erwartet. Die Experten der Bundesbank führen dies hauptsächlich auf deutlich gestiegene Kreditrisiken zurück. Obwohl die gestiegenen Zinsen im Euro-Raum mittelfristig positiv für die Branche sind, ergeben sich kurzfristig auch Risiken, da höhere Zinsen die Kreditnehmer zusätzlich belasten.
Im Vergleich zu Bauzinsen lassen sich Banken und Sparkassen jedoch bei Zinsanhebungen für täglich fällige Einlagen wie Tagesgeld mehr Zeit. Seit September 2022 ist die Zinsweitergabe noch träger als in der Vergangenheit. Die Experten der Bundesbank vermuten, dass dies auf einen unvollständigen Wettbewerb im Bankensektor zurückzuführen sein könnte. Ein weiterer Grund könnte die zögerliche Reaktion der Sparer auf niedrige Zinsen sein.
Die Bundesbank schätzt jedoch, dass der Wettbewerb der Institute um Kundenmittel allmählich zunimmt. Langfristig könnten Bankkunden von steigenden Zinsen profitieren.
Bis zu 18 Prozent Zinsen bei Krediten: Wenn Banken zu Kredit-Wucherern werden
Banken dürfen nicht willkürlich hohe Zinsen für Ratenkredite verlangen. Das Landgericht Erfurt hat entschieden, dass ein Vertrag als wucherähnliches Geschäft ungültig ist, wenn der geforderte Zins um 100 Prozent über dem marktüblichen Effektivzins liegt. Das Urteil wurde aufgrund eines Hinweises des gemeinnützigen Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) gefällt.
Der vorliegende Fall ist ein typisches Beispiel für überteuerte Konsumentenkredite, die laut Verbraucherzentralen immer wieder angeboten werden. Der Kreditbetrag betrug netto 10.548 Euro, mit einem effektiven Jahreszins von 18,40 Prozent. Inklusive Zinsen und Kosten belief sich der Gesamtkredit auf rund 19.340 Euro, der in 60 Monatsraten von jeweils 322 Euro zurückzuzahlen war. Zusätzlich musste der Kreditnehmer eine hohe Restschuldversicherung in Höhe von 2.852 Euro zahlen. Der Kreditnehmer, ein Arbeiter, hatte jedoch nur ein monatliches Nettoeinkommen von lediglich 2.000 Euro, von dem allein 700 Euro für die Miete abgingen.
Die Richter stützten ihre Entscheidung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Demnach bestand in diesem Fall ein auffälliges Missverhältnis zwischen den Leistungen des Kreditgebers und den festgelegten Gegenleistungen des Kreditnehmers. Der Kreditgeber hat bewusst die wirtschaftlich schwächere Lage des Kreditnehmers und dessen Unterlegenheit bei der Festlegung der Kreditbedingungen zu seinem Vorteil ausgenutzt.
Zinsentwicklung im Juli 2023
Ratenkredite
Beste Nominalzinsen | Beste 2/3-Effektivzinsen | ||
---|---|---|---|
Anbieter | Zins p.a. | Anbieter | Zins p.a. |
Smava | -0,40% | Dr. Klein | 3,78% |
OFINA | -0,40% | Duratio | 4,40% |
Verivox | 0,00% | N26 | 4,60% |
Dr. Klein | 1,55% | Ikano Bank | 4,99% |
Younited | 1,89% | HypoVereinsbank | 5,49% |
Die Zinsen für Privatkredite machen – zumindest im Bereich der Werbezinsen – einen deutlichen Sprung zum Monatsbeginn. Aus den knapp über 4,00 Prozent des Junis werden zum Stichtag 1. Juli 2023 4,54 Prozent. Vorbei scheint die Zeit, in denen mit Zinssätzen rund um den Nullpunkt geworben wurde. Immerhin: Bei den Zwei-Drittel-Zinsen gab es einen kleinen Rückgang von 6,2656 Prozent aus dem Vormonat auf 6,2479 Prozent im Juli. Bei den Top-5 steigt lediglich die HypoVereinsbank auf und verdrängt die Bank of Scotland (vormals Rang 5).
Autokredite
Beste Nominalzinsen | Beste 2/3-Effektivzinsen | ||
---|---|---|---|
Anbieter | Zins p.a. | Anbieter | Zins p.a. |
OFINA | -0,40% | DSL Bank | 2,85% |
Verivox | 0,00% | Bank of Scotland | 4,98% |
Smava | 0,68% | Ikano Bank | 4,99% |
Younited | 1,89% | Smava | 5,99% |
TARGOBANK | 2,29% | OFINA | 5,99% |
In den Top 5 der Autokredite gab es praktisch keine Bewegung – und auch die Zinssätze blieben weitestgehend stabil. Die durchschnittlichen Werbezinsen für ein entsprechendes Darlehen stiegen minimal von 4,037 auf 4,102 Prozent. Die Zwei-Drittel-Zinsen sprangen von ca. 5,42 auf 5,64 Prozent. Letzteres ist der Höchststand in den letzten sieben Jahren.
Baufinanzierungen
Nominalzinsen* | 2/3-Effektivzinsen | ||
---|---|---|---|
Anbieter | Zins p.a. | Anbieter | Zins p.a. |
immo-finanzcheck.de | 2,81% | immo-finanzcheck.de | 3,09% |
DSL Bank | 3,08% | creditweb | 3,35% |
creditweb | 3,09% | 1822direkt | 3,59% |
DTW | 3,13% | Baufi24 | 3,62% |
HypoVereinsbank | 3,23% | Dr. Klein | 3,63% |
* Finanzierungsbedarf 300.000 Euro, Tilgung 4,00 Prozent, Sollzinsbindung 15 Jahre |
Weiter seitwärts geht es auch bei den Baufinanzierungszinsen. Der Mindest-Sollzins lag im Juni bei 3,1968 Prozent und strandete im Juli 2023 bei 3,1877 Prozent. Mit leichten Abweichungen nach oben und unten bleibt der Zins für den Kauf oder Bau der eigenen vier Wände damit stabil. Ein neuer Höhepunkt und damit mehr als die 3,45 Prozent aus dem Oktober 2022 ist in nächster Zeit nicht zu erwarten. Über den Sommer hinweg sehen wir einen eher geraden Verlauf voraus. Allerdings wird es auch nicht viel günstiger.