Lebensversicherungen im Visier der Bafin
Verkäufer von Policen erhalten Provisionen für den Vertrieb der Lebensversicherungen. Die hohen Kosten tragen allerdings meist die Kunden. Die Bafin kündigt nun in einem Entwurf zu einem neuen Merkblatt an, dagegen vorgehen zu wollen.
Der Kontrollansatz, den die Bafin in Zukunft verfolgen möchte, soll ein risikoorientierter sein, so steht es in dem Entwurf eines neuen Merkblatts zur kapitalbildenden Lebensversicherung. Das bedeutet, dass vor allem folgende Vertriebe stärker kontrolliert werden:
- Versicherer, „bei denen die Effektivkosten der kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukte im Branchenvergleich deutlich erhöht sind" (hohe Effektivkosten)
- Versicherer die „durch hohe Aufwendungen für Versicherungsvermittler auffallen“ (hohe Abschlussprovisionen
Bis Mitte Januar 2023 kann dazu Stellung bezogen werden.
Bei den Provisionen geht es nicht um kleine Beträge, sondern um solche im Milliardenbereich. Im letzten Jahr wurden 8,3 Milliarden Euro für Abschlüsse entrichtet, 2020 waren es 7,7 Milliarden Euro. Diese Milliardenbeträge mindern aber letztendlich die spätere Rendite der Kunden und dienen daher einzig den Interessen der Verkäufer.
Beim Blick auf die Vertriebspraxis anderer Staaten fällt auf: In einigen Ländern, wie beispielsweise in den Niederlanden, in Großbritannien und in vielen nordischen Ländern sind darum Provisionen beim Abschluss von Lebensversicherungen verboten.
Während in Deutschland im Juli 2022 der Provisionsdeckel für Restschuldversicherungen in Kraft trat, zerbrachen bisher jegliche Versuche Provisionen für Lebensversicherungen nach oben hin zu drosseln.
Dass die Bafin nun trotzdem einen verstärkten Blick auf die Altersvorsorgeverträge wirft, kommt nicht von ungefähr. In der europäischen Richtlinie zum Versicherungsvertrieb ist festgeschrieben, dass die Versicherer das Verhältnis zwischen Vertriebskosten und Renditechancen der Kunden angemessen gestalten müssen. Es darf nicht zu einem zu heftigen Ungleichgewicht zulasten der Kundeninteressen kommen.
Hohe Effektivkosten können selbst bei einer niedrigen Inflationserwartung den Gewinn der Kunden stark mindern. "Damit Altersvorsorgeprodukte einen angemessenen Kundennutzen haben, müssen sie mit hinreichender Wahrscheinlichkeit über ihre Laufzeit hinweg einen realen Anlageerfolg erzielen, also eine Rendite nach Kosten, die oberhalb einer begründeten Inflationserwartung liegt", führt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht weiter aus.
Im März 2022 hat die Bafin bereits eine Abfrage zu den Kosten der Lebensversicherer im ersten Halbjahr 2021 veröffentlicht, die zeigte, dass einige Anbieter teilweise Effektivkosten von vier Prozent berechnen. Bei solch hohen Effektivkosten könne selbst im betrachteten mittleren Szenario keine Rendite nach Kosten oberhalb der Inflationserwartung mehr herbeigeführt werden. Die von der EU geforderte angemessene Ausgestaltung der Kundeninteressen kann in solchen Fällen nicht bejaht werden. Aus diesem Grund sollen zukünftig besonders Unternehmen mit hohen Effektivkosten verstärkt ins Blickfeld der Finanzaufsicht geraten.