Ackerland im Osten – werden die blühenden Landschaften knapp?
Ackerland in Mittel- und Ostdeutschland wird zur begehrten Handelsware. Bis zum Jahr 2030 soll das gesamte ehemals volkseigene Ackerland vollständig privatisiert sein.
Zuständig dafür ist seit 25 Jahren die Bodenverwertungs- und verwaltungsgesellschaft (BVVG) als Rechtsnachfolgerin der Treuhand. 851.000 Hektar wurde über die Jahre bereits vertrieben, 130.000 Hektar sollen noch untergebracht werden. Die Frage ist nur, besteht denn eine echte Nachfrage?
Kleinbauern schlagen Alarm
Ein Blick auf die fünf Bundesländer mit den höchsten Preisen für Ackerland zeigt, es besteht eine echte Nachfrage:
- Mecklenburg-Vorpommern: 25.000 Euro/ha
- Sachsen-Anhalt: 22.800 Euro/ha
- Thüringen mit 16.700 Euro/ha,
- Sachsen mit knapp 14.900 Euro/ha
- Brandenburg mit rund 13.550 Euro/ha.
Und wo zahlen Landwirte die höchste Pacht für einen Hektar Boden? Hier die vier teuersten Bundesländer:
- Sachsen-Anhalt mit 546 Euro/ha
- Mecklenburg-Vorpommern mit 439 Euro/ha
- Sachsen und Thüringen mit jeweils rund 360 Euro/ha.
- Brandenburg mit 293 Euro/ha
Die Preisentwicklung in diesen Regionen führte dazu, dass beispielsweise der Thüringer Bauernpräsident Klaus Wagner zu der Feststellung kam, dass das Ausschreibungsverfahren kleinere Betriebe massiv benachteilige. Lange Jahre hätte die BVVG nur an die Höchstbietenden verkauft, Großbauern und Agrarindustrie. Die Landwirte vor Ort wurden in einen Preiswettbewerb gedrängt, den sie nicht gewinnen konnten.
Die Ausschreibung der zum Verkauf stehenden Flächen erfolgt öffentlich, der Zuschlag geht tatsächlich ausschließlich an das höchste Gebot.
In der Verpachtung der Ländereien sieht es etwas anders aus. Hier vergab die BVVG Pachtflächen zu 80 Prozent an die Landwirte vor Ort.
Ein paar Zahlen
Bisher hat die BVVG 851.000 Hektar an Ackerland, Wald und Seen verkauft. Dies ist das Zehnfache der Grundfläche Berlins. Zum Verkauf stehen noch 130.000 Hektar an Äckern und Weiden, sowie 9.000 Hektar Wald. In der Summe also noch das 1,5fache der Berliner Grundfläche.
Bei den forstwirtschaftlichen Flächen gingen 593.000 Hektar in erster Linie unentgeltlich an die früheren Eigentümer zurück, die im Rahmen der Bodenreform keinen Ausgleich erhalten hatten.
Die Länder selbst erhielten 65.000 Hektar wertvoller Naturschutzflächen, ebenfalls ohne finanzielle Gegenleistung.
Der Spekulation mit Ackerland soll Einhalt geboten werden
Niedrige Zinsen, langfristig hohe Erträge und die steigende Nachfrage nach Bioenergiemasse wie Raps, haben die Preise für den Boden in den letzten Jahren in Mittel- und Ostdeutschland geradezu explodieren lassen. Damit der offenkundigen Spekulation ein Ende gesetzt wurde, wurde der Verkauf im Jahr 2015 für die Zukunft maximiert.
Statt bis dahin 25 Hektar in einer Tranche zu verkaufen, darf die bundeseigene Anstalt seit 2015 nur noch 15 Hektar am Stück veräußern. Pro Jahr ist die Gesamtfläche auf 10.000 Hektar beschränkt. Mit einer Zusatzklausel soll zudem die regionale Landwirtschaft begünstig werden.
Ein Drittel der zum Verkauf stehenden Flächen wird zunächst arbeitsintensiven Betrieben, beispielsweise Ökobauern, angeboten. Neben dieser Zielgruppe sollen auch Junglandwirte von dieser Regelung profitieren.
Für die Landwirtschaft gilt das Gleiche wie für den Wohnungsbau. Grund und Boden lässt sich nicht vermehren. Daher sind Bodenspekulanten auch in der Landwirtschaft hochaktiv. Auch wenn die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe nach wie vor rückläufig ist, bedarf es dennoch der Ländereien für die Agrarproduktion.
Landwirtschaft ist heute ein industrieller Prozess. Damit sich die Anschaffung eines Claas Mähdreschers für 250.000 Euro rentiert, muss auch ein entsprechendes Ackerland zur Verfügung stehen. Dafür greifen die großen Landwirte immer tiefer in die Tasche, die kleinen ziehen sich zurück. Spekulationen mit „der Scholle“ lassen sich leider nur schwer verhindern.