Das 130-Milliarden Corona-Paket – das plant der Bund im Detail
Mit einem „Wumms“ will Finanzminister Olaf Scholz (SPD) die deutsche Wirtschaft wieder aus dem Konjunkturloch „herausschießen“. Zu allen bisherigen Unterstützungsmaßnahmen macht Berlin deshalb jetzt noch einmal 130 Milliarden Euro in Form von Steuererleichterungen locker. Was bietet Berlin und was erwartet die deutschen Unternehmen im Detail? Wir wollen in diesem Beitrag allerdings nicht auf die bekannten Fördermaßnahmen eingehen.
- Maßnahmenpaket des Bundes zielt in erster Linie auf steuerliche Erleichterungen ab
- Neu ist, dass Personengesellschaften die Körperschaftsbesteuerung wählen können
- Zahlreiche Zuschüsse in ausgewählte Projekte sollen Investitionsanreize bieten
- Arbeitnehmer profitieren auch von den Vorschlägen
Die Umsatzsteuer – das Herzstück des Deals
Zwar betrifft die Senkung der Umsatzsteuer am Ende am meisten die Endverbraucher, für die Unternehmen hat die Absenkung von 19 Prozent auf 16 Prozent und von sieben Prozent auf fünf Prozent durchaus Auswirkungen. Es fallen vermutlich deutliche Kosten für die Umstellung an, die sich kontraproduktiv auf die Unternehmensentlastungen auswirken werden. Im Gesamtpaket könnte das Vorhaben dennoch erfolgreich sein. Der ehemalige Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte Portugal noch im Jahr 2015 eindringlich vor diesem Weg – am Ende zeigten die Portugiesen, dass er funktionierte.
Die neue Unternehmensförderung: Körperschaftssteuer für Personengesellschaften
Eine interessante Variante des Konjunkturpaketes ist die steuerliche Angleichung von juristischen Personen und Personengesellschaften. Personengesellschaften sollen auf die abweichende Besteuerung hin optieren können. Die Körperschaftssteuer ist eine von mehreren Steuern, die eine juristische Person abführen muss. Sie beträgt 15 Prozent auf den Gewinn des Unternehmens. Wird dieser ausgeschüttet, fällt für die Begünstigten noch einmal die Abgeltungssteuer an.
Für Personengesellschaften wäre die Option interessant. Die Besteuerung des Unternehmensgewinns erfolgt bekanntermaßen im Rahmen der persönlichen Steuererklärung und dem persönlichen Steuersatz. Liegt dieser bei 42 Prozent, wäre die Körperschaftssteuer einschließlich Abgeltungssteuer auf ausgeschüttete Gewinne die günstigere Lösung.
Verbleiben die Gewinne im Unternehmen und gelten als thesaurierte Erträge, entfällt die persönliche Einkommensteuer darauf.
Thesaurierte Gewinne mindern Fremdkapitalbedarf
Neben der Steuerkomponente „Einkommenssteuer“ greifen noch zwei weitere Punkte bei Thesaurierung. Verbleiben die Gewinne im Unternehmen, erhöht dies die Eigenkapitaldecke. Steigendes Eigenkapital bedeutet weniger Fremdkapital und damit niedrigere Finanzierungskosten. Auch wenn diese wiederum im Rahmen der GuV die steuerpflichtigen Gewinne drücken, müssen sie zunächst bezahlt werden. Mehr eigene Liquidität schafft einen größeren Investitionsrahmen.
Thesaurierung führt zu Anstieg der Gewerbesteuer
Der Nachteil der thesaurierten Gewinne liegt in dem Anstieg der Gewerbesteuer. Ob dies allerdings nachteilig ist, wollen wir jetzt beurteilen. Der Messbetrag für die Gewerbesteuer beträgt einheitlich 3,5 Prozent. Multipliziert mit dem Gewerbeertrag ergibt sich der Steuermessbetrag. Dieser wird allerdings mit einem von Kommune zu Kommune unterschiedlich hohen Hebesatz multipliziert. Während der Hebesatz in Baden-Württemberg durchschnittlich 319 Prozent beträgt, macht er in Nordrhein-Westfalen im Mittel 451 Prozent aus.
Die Gewerbesteuer kann nicht auf die Gewinne des Unternehmens angerechnet werden. Auf der anderen Seite können Einzelunternehmer und Gesellschafter von Personengesellschaften diese aber wiederum auf die eigene Einkommensteuer anrechnen. Die Anrechnung beschränkt sich jedoch auf den Anteil des zu versteuernden Einkommens, der aus dem Gewerbebetrieb heraus resultiert. Dabei ist die Höhe der Anrechnung auf das 3,8-fache des Steuermessbetrages maximiert.
Die Option für Personengesellschaften auf die Besteuerung einer Körperschaft zurückgreifen zu können, kann für das eine oder andere Unternehmen durchaus interessante Liquiditätsvorteile bringen.
Weitere Steuerungsinstrumente zur Liquiditätsschaffung
Der Bund geht in seinem Konjunkturpaket aber noch weiter. Weniger Aufsehen als die Senkung der Umsatzsteuer, aber für Unternehmen interessanter, brachten folgende Innovationen:
- Mit der Verschiebung der Fälligkeit von Einfuhrsteuern soll ebenfalls Liquidität sichergestellt bleiben.
- Die Erweiterung des steuerlichen Verlustvortrages mit einer Rücktragungsmöglichkeit in die Steuererklärung 2019 steigert ebenfalls finanziellen Reserven der Unternehmen.
- Mit der Einführung einer degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter (2020 und 2021) soll eine Stärkung der Nachfrage erreicht werden.
Zuschüsse als flankierende Maßnahmen zu Steuererleichterungen
Neben den Steuerkomponenten setzt der Bund auch ganz konkret auf weitere Zuschüsse, die einerseits die Liquidität der Unternehmen sichern, auf der anderen Seite aber auch deren Investitionsfreude ankurbeln sollen. Zuschüsse gibt es in den folgenden Bereichen:
- Strompreise sollen durch Zuschüsse des Bundes zur EEG-Umlage wettbewerbsfähig bleiben.
- „Zukunftspaket“ über 50 Milliarden Euro als weiteren Impuls für Klimaschutz, Digitalisierung, moderne Mobilität (Elektroautos).
- Verdoppelung der Innovationsprämie auf 6.000 Euro für E-Fahrzeuge.
- Erhöhung der Kaufpreisgrenze für rein elektrische Dienstwagen bei der Besteuerung von 0,25 Prozent auf 60.000 Euro.
- Förderung von Investitionen von Zulieferbetriebe der Autoindustrie in Zukunftsinvestitionen.
- Förderung der Modernisierung von Bus- und LKW-Flotten durch Zuschüsse von bis zu 15.000 Euro.
- Förderung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien im Bereich Windkraft und Photovoltaik.
- Aufstockung der CO² Gebäudesanierungsprogramme.
Entgegenkommen der Finanzämter gefordert
Der Bund hat darüber hinaus die Finanzämter dazu aufgefordert, Steuerstundungen unkompliziert zu bewilligen und gegebenenfalls Vorauszahlungen auf Antrag zu mindern. Bayern und Sachsen erstatten auf Antrag die bereits geleisteten Umsatzsteuervorauszahlungen zurück.
Neben den Finanzämtern kommt auch auf die Sozialversicherungen und Banken eine mögliche Stundungswelle zu. Für die Monate April und Mai ist eine zinslose Stundung der Sozialabgaben möglich. Banken sind gefordert, Kredittilgungen auszusetzen und / oder Kreditlinien zu erhöhen.
Weiteres Unterstützungsprogramm geplant
Zusätzlich zu den regionalen Hilfen wie die Unterstützung von Künstlern in Bayern plant der Bund noch ein weiteres auf 25 Milliarden Euro maximiertes Hilfspaket für Unternehmen. Obwohl branchenübergreifend, steht eindeutig der Gastronomie- und Hotelsektor im Fokus. Folgende Kriterien müssen für eine Anspruchsberechtigung erfüllt sein:
- Umsatzrückgang in den Monaten April und Mai um mindestens 60 Prozent im Vergleich zu den Monaten in 2019.
- Anhalten des Umsatzrückgangs im Juli und August 2020 um mindestens 50 Prozent.
Erfolgte die Unternehmensgründung erst nach Mai 2019, sind als Vergleichszeitraum die Monate November und Dezember 2019 heranzuziehen. Erstattungsfähig sind die Betriebskosten in Höhe von bis zu 50 Prozent bei einem Umsatzrückgang von mindestens 50 Prozent. Bei mehr als 80 Prozent Rückgang können bis zu 70 Prozent der fixen Betriebskosten erstattet werden. Die Leistung ist auf die Monate Juni bis August 2020 beschränkt und auf 150.000 Euro für drei Monate maximiert.
Unternehmen mit weniger als sechs Beschäftigten sollen 9.000 Euro erhalten, Firmen mit weniger als 11 Beschäftigten 15.000 Euro.
Home-Office – aus der Not soll eine Tugend werden
Für viele Unternehmen unvorstellbar, hat sich Home-Office aus der Not heraus in vielen Branchen etabliert. Arbeitgeber stellten fest, dass ihre Mitarbeiter auch tätig sind, wenn sie nicht ständig überwacht werden. Home-Office sorgt für eine Entlastung des Verkehrs. Der Bund will Home-Office Arbeitsplätze künftig deutlich fördern. Gefördert werden Beratungsleistungen in Bezug und die Einrichtung von Home-Office Arbeitsplätzen. Die Förderung beträgt 50 Prozent von maximal 33.000 Euro Kosten für Beratung oder Einrichtung. Voraussetzungen dafür sind:
- Das Unternehmen hat weniger als 100 Mitarbeiter
- Der Jahresumsatz oder die Bilanzsumme betrug im Jahr vor dem Vertragsabschluss höchstens 20 Millionen Euro
- Der Unternehmenssitz liegt in Deutschland
- Die genannten Höchstsummen werden auch durch Kooperationen mit assoziierten Unternehmen nicht überschritten.
Arbeitnehmer profitieren auch
In Bezug auf die Arbeitnehmer der Unternehmen ermöglicht der Bund ebenfalls eine Option. Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern einmalig eine Prämie von 1.500 Euro zahlen, die sowohl steuer- als auch sozialabgabenfrei ist. Die Auszahlung ist sowohl als Barlohn als auch als Sachlohn möglich.
- Der begünstigte Zeitraum für die Zahlungen läuft vom 1. März bis 31. Dezember 2020.
- Er erfolgt zusätzlich zum Arbeitslohn. Eine Entgeltumwandlung ist ausgeschlossen.
- Die Zahlung kann an alle Personengruppen im Unternehmen erfolgen, auch an Minijobber oder Teilzeitkräfte.
Quellen und weiterführende Links
Bundesregierung.de – Konjunkturpaket – Milliardenhilfen beschlossen
Bundesregierung.de – Video-Podcast: Mutig und entschlossen handeln