Baufinanzierung: Kennzahlen deuten auf eine stabile Marktentwicklung
Die Frage nach der Zinsentwicklung beschäftigt Sparer und Häuslebauer gleichermaßen. Während auf der einen Seite die Daumen für steigende Zinsen gedrückt werden, hofft man auf der anderen, das aktuelle Zinsniveau möge noch lange anhalten. Auf der Gewinnerseite stehen derzeit jene, die sich für das Eigenheim entscheiden. Oder anders ausgedrückt: Für Sparguthaben gibt es fast nichts, während die Bauzinsen laut Dr. Klein Trendindikator Baufinanzierung (DTB) weiterhin sehr günstig sind. Auch die übrigen Kennzahlen deuten auf einen stabilen Markt.
- Die Standardrate für die Immobilienfinanzierung ist mit 454 Euro im Monat auch weiterhin niedrig.
- Immer mehr Häuslebauer entscheiden sich für eine höhere Tilgungsrate: Aktuell 2,8 Prozent im Schnitt.
- Darlehen in Hamburg sind im Vergleich zu Thüringen fast doppelt so hoch.
- Vor allem jüngere Haushalte mit Monatseinkommen ab 4.000 Euro netto finanzieren ein Eigenheim.
Tilgungssatz klettert leicht auf 2,8 Prozent
Der für angehende und interessierte Immobilienbesitzer zweifelsohne wichtigste Aspekt sind die Kosten der Baufinanzierung und damit die Zinsen. Der aktuellste DTB spricht für September 2018 „erneut von besonders günstigen Zinskonditionen“. Das spiegelt sich auch in der weiter sinkenden Standardrate (monatlicher Aufwand für einen durchschnittlichen Baukredit) wider. Sie liegt bei 454 Euro – dem niedrigsten Wert seit März 2017.
Das ermöglicht vielen Haushalten, eine höhere Tilgungsrate zu vereinbaren, um schneller wieder schuldenfrei zu sein. Im September ergab sich ein Durchschnittswert von 2,80 Prozent. Das sind 0,03 Prozentpunkte mehr als im August und im Juli (jeweils 2,77 Prozent), jedoch weniger als noch im Juni 2018 mit 2,85 Prozent und den 2,92 Prozent, die vor einem Jahr zu Buche standen. Diese Daten stimmen weitgehend mit den Erfahrungen der Allianz überein. Sie sieht jedoch einen Trend hin zu geringeren Tilgungsraten von drei und weniger Prozent.
Die momentane Zinsentwicklung deckt sich mit den Erwartungen von Finanzexperten. Sie rechnen angesichts des Marktumfelds mit leicht steigenden Zinsen. Als Zünglein an der Waage erweisen sich dabei die Notenbanken. Mit der Konkretisierung des Ausstiegs aus der lockeren Zinspolitik haben sie für ein volatileres Zinsumfeld gesorgt. Letztlich dürfte es derzeit aber weiterhin bei der Einschätzung aus 2016 bleiben, wonach die Wahrscheinlichkeit steigender Zinsen bei 50 Prozent und die eines gleichbleibenden Niveaus bei etwa 40 Prozent liegt.
Finanzierungsbedarf nimmt geringfügig ab
Verringert hat sich im vorigen Monat der Beleihungsauslauf, wenn auch nur minimal von 82,2 auf 81,8 Prozent im Vergleich zu August 2018. Das heißt, der Anteil der Baukosten, die mittels einer Baufinanzierung gedeckt werden, nimmt ab. Das spricht dafür, dass der Großteil der Bauherren eine solide finanzielle Basis hat. Oder anders ausgedrückt: Es fließt mehr Eigenkapital in den Bau des Eigenheims.
Zurückzuführen ist dieser Umstand unter anderem auf die Einkommensentwicklung. Je mehr Geld zur freien Verfügung steht, desto höher kann – muss nicht – der Eigenanteil ausfallen. Dass die Einkommen steigen, deutschlandweit konstant seit 1975, belegt die von uns ausgewertete Statistik des Statistischen Bundesamts.
Einkommen bestimmt Investitionsbereitschaft
Eines hat sich allerdings geändert: Längst nicht mehr alle Haushalte können und wollen sich eine Baufinanzierung leisten. Entscheidend ist die Höhe des Einkommens. Aktuelle Berechnungen dazu hat jüngst die Allianz veröffentlicht. Demnach haben sich vor zehn Jahren noch flächendeckend über alle Bundesländer hinweg auch Haushalte mit einem Nettoeinkommen bis 1.000 Euro für eine Immobilienfinanzierung entschieden. Aktuell trifft das nur noch auf sechs Bundesländer zu.
Der Leiter der Allianz Baufinanzierung, Stefan Kohler, erklärt: „Jeder dritte Kunde, der im vergangenen Jahr ein Haus oder eine Wohnung finanzierte, hatte ein Haushalts-Nettoeinkommen von mehr als 4.000 Euro – in Hamburg sogar jeder zweite.“ Schon hieran zeigt sich, welche Rolle die Region bei der Baufinanzierung spielt. In Hamburg liegt die Darlehenssumme bei durchschnittlich 210.000 Euro, in Thüringen bei etwa 120.000 Euro. Der Dr. Klein Trendindikator Baufinanzierung nennt einen Wert von 228.000 Euro und weist damit einen rückläufigen Trend aus (Vormonat 230.000 Euro).
Auf lange Sicht betrachtet sind die Darlehenshöhen allerdings deutlich gestiegen. Vor einem Jahr bewegte sich der Durchschnitt laut DTB noch bei 200.000 Euro. Das lässt Rückschlüsse auf die Entwicklung der Immobilien-, Bauland- und generell die Baukosten zu. Auch hier ist weltweit ein klarer Trend nach oben zu beobachten – und das nicht nur, weil die Zinsen niedrig sind und Betongold als Vorsorge gesehen wird.
Annuitätendarlehen prägen die Baufinanzierung
Den Löwenanteil bei der Baufinanzierung haben nach wie vor die Annuitätendarlehen. Ihr Anteil beträgt seit Mai 2018 konstant mehr als 80 Prozent. Forward-Darlehen, die es erlauben, sich das aktuelle Zinsniveau für bis zu fünf Jahren in den Vertrag schreiben zu lassen – interessant für die Anschlussfinanzierung – bewegen sich indes bei unter zehn Prozent. Auch Förderdarlehen von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) sind mit 3,34 Prozent ein eher kleiner Baustein.
Übrigens: Verbraucher, die sich für eine Baufinanzierung entscheiden, werden immer jünger. Der Anteil der Unter-40-Jährigen stieg 2018 um über sechs Prozent. Ein Durchschnittskunde der Allianz ist 43 Jahre alt, hat ein Haushalts-Nettoeinkommen von 4.000 Euro im Monat und nimmt für die Baufinanzierung 167.000 Euro auf. 83 Prozent wohnen später in den eigenen vier Wänden.
Fazit
Die Konditionen für eine Baufinanzierung sind – vielen Unkenrufen zum Trotz – auch im Oktober 2018 noch vergleichsweise günstig. Allerdings sollte damit gerechnet werden, dass die Zinsen mittelfristig weiter steigen. In Kombination mit den anhaltend hohen Immobilienpreisen ist es daher ratsam, bald Nägel mit Köpfen zu machen, wenn Interesse für ein Eigenheim besteht. Jetzt ist die Chance, eine günstige Baufinanzierung auf die Beine zu stellen, noch sehr gut.