Bausparkassen immer einfallsreicher bei Auflösung von Altverträgen
Die deutschen Bausparkassen stehen mit dem Rücken zur Wand. Der anhaltenden Niedrigzinsphase auf der einen Seite stehen Altverträge mit Guthabenzinsen von drei Prozent gegenüber. Es ist nachvollziehbar, dass die Institute Probleme haben, hier eine solide Refinanzierung zu finden.
Auf der anderen Seite wurden die Bausparer seinerzeit mit eben diesen attraktiven Zinsen ins Boot geholt. Bausparen, wenn auch kein typisch deutsches Produkt, galt als das deutsche Sparprodukt schlechthin. Dabei hatten die meisten Sparer noch nicht einmal geplant, Immobilieneigentum zu erwerben.
Als Anlage für die vermögenswirksamen Leistungen, zum Abschöpfen der Wohnungsbauprämie oder einfach als konservative Geldanlage war Bausparen angesagt. Die nachfolgende Statistik zeigt, welche enorme Verbreitung dieses Sparprodukt in Deutschland genießt: Anzahl der Neuabschlüsse von Bausparverträgen von 2000 bis 2015
Goethes Zauberlehrling geistert derzeit durch die Chefetagen der Bausparkassen: „Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los.“
Der neueste Trick
Dabei ziehen die Unternehmen alle Register, um die Geister, die Verträge aus alten Zeiten, loszuwerden. Von der Kündigung bestehender Altverträge über die Einführung von Servicepauschalen bis hin zum aufgezwungenen Wechsel in einen anderen Tarif lassen sie nichts aus.
Den letzten Sachverhalt schildert die Verbraucherzentrale Bremen (1). Eine Bausparerin bespart einen Vertrag mit einer Verzinsung von drei Prozent pro Jahr. Der Sparbeitrag beläuft sich auf 39 Euro monatlich.
Die Bausparkasse Schwäbisch Hall bot der Kundin zwei Alternativen. Entweder erhöhe sie die Sparrate auf 255 Euro monatlich, das Sechsfache des bisherigen Beitrags, oder sie wechsle in einen Vertrag mit einer Verzinsung in Höhe von 0,1 Prozent.
Die Strategie ist klar. Die Kundin soll aus ihrem Altvertrag durch eine kaum zu finanzierende Sparrate regelrecht herausgedrängt werden. Die Entwicklung der Bausparzinsen auf die Guthaben in den Verträgen spiegelt die Situation der Bausparkassen wider, sie verläuft geradezu dramatisch. Lagen die Guthabenzinsen im Jahr 2000 noch bei knapp 2,5 Prozent, sind diese mittlerweile auf nur noch 0,3 Prozent gesunken.
In der Sendung MARKTCHECK des Südwestrundfunks (SWR) wird die aktuelle Situation um gekündigte Bausparverträge und die Tricks der Bausparkassen ebenfalls beleuchtet:
Vertragskündigungen zweifelhaft
Viele Bausparer hielten aufgrund der guten Verzinsung an ihren Altverträgen fest, auch wenn diese bereits in der Zuteilung oder gar überspart waren. Die Institute begannen vor einiger Zeit, diese Verträge zu kündigen, da die Vertragsgrundlage, der Anspruch auf ein zinsgünstiges Darlehen, nicht mehr gegeben sei.
Dies galt in erster Linie für die Verträge, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif waren. Diese Kündigungen sehen die Gerichte durchaus als legitim, da ein Darlehensnehmer einen Kredit kündigen darf. Das Sparguthaben stellt nichts anderes als ein Darlehen des Bausparers an die Bausparkasse dar (2).
Die Oberlandesgerichte kamen hier in verschiedenen Verfahren zu keiner einheitlichen Rechtssprechung. Rechtlich zweifelhaft ist die Kündigung, wenn der Vertrag zwar länger als zehn Jahre zuteilungsreif ist, aber noch nicht voll angespart wurde.
Mit Spannung wird dazu das abschließende Urteil des Bundesgerichtshofes zu Verträgen mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren Ende Februar 2017 erwartet.
Was können Bausparer bei einer Kündigung tun?
In erster Linie gilt, dass ein sofortiger schriftlicher Widerspruch erfolgen muss. Auf keinen Fall sollten Sparer auf Angebote wie Tarifwechsel eingehen. Keine Aktivität der Bausparkassen im Hinblick auf Auflösung des Altvertrages ist zugunsten des Sparers.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Verbraucherzentrale Bremen – Neue Kündigungsmethoden der Bausparkassen
(2) Gesetze im Internet – BGB § 489 Ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers