BGH zu Formvorschriften bei Widerrufsbelehrungen – Sparkassen gewinnen
Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen bei Darlehensverträgen wurden bislang von der Justiz im Sinne der Darlehensnehmer wohlwollend geprüft. Die Folge waren eine Lawine von Rückabwicklungen, welche über die Banken hereinbrach und eine Gesetzesänderung durch die Hintertür.
Noch ist es möglich, selbst voll getilgte Darlehen aufgrund fehlerhafter Widerrufsbelehrungen mit lebenslangem Widerspruchsrecht im Nachhinein rückabzuwickeln. Was ist eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung bzw. was haben die Banken falsch gemacht. Zwei dieser Aspekte hat der BGH nun definiert.
BGH auf neuem Kurs
Das jüngste Urteil des BGH, der immer wieder kritisierte, dass sich die Widerrufsbelehrung beispielsweise nicht explizit vom Fließtext abhebt, steht in deutlichem Gegensatz zu den bisherigen Urteilen, auch von untergeordneten Instanzen, beispielsweise des OLG Frankfurt (Az.: 17 U 202/14).
Im jüngst verhandelten Fall vom 23. Februar 2016 (XI ZR 549/14 und XI ZR 101/15) klagte ein Verbraucherschutzverband gegen zwei Sparkassen. Gegenstand war die Forderung der Unterlassung der bisher verwendeten Widerrufsbelehrungen.
Ähnlich dem vom OLG Frankfurt verhandelten Fall ging es darum, dass die Widerrufsoption nicht deutlich aus dem Fließtext hervorging. Im anderen Fall war die Widerrufsbelehrung mit Ankreuzoptionen versehen, welche in den Augen des Klägers vom eigentlichen Inhalt ablenkten.
Deutliche Abgrenzung bei Darlehensabschluss bis 2010 und danach
Der XI. Zivilsenat führte im Zusammenhang mit dem ersten Klagebestandteil aus, dass es seit dem 11. Juni 2010 nicht mehr relevant sei, dass sich die Widerrufsbelehrung klar und deutlich vom restlichen Text des Darlehensvertrages abhebe.
Wesentlich sein nur noch, dass sie klar und für einen Laien verständlich formuliert sei. Dies regele auch die Verbraucherrichtlinie nach europäischem Recht (Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB).
Eine Pflicht zur Hervorhebung ergibt sich nur, wenn ein Kreditinstitut freiwillig auf die in der Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB hinterlegte Widerrufserklärung zurückgreift.
In den Augen des XI. Senats des BGH steht auch die Ankreuzoption einer klaren und erkennbaren Gestaltung der Widerrufsbelehrung nicht entgegen.
Vergleicht man die Rechtsprechung im Zusammenhang mit Widerrufsbelehrungen noch im vergangenen Jahr, auch wenn es nur um Verträge aus der Zeit zwischen 2002 und 2010 ging, so hat sich der Ton der Juristen verschärft. Was bis zum Jahr 2010 noch als absolut legitimer Grund für einen Widerruf galt, wird heute als juristisch einwandfrei eingestuft.
Was bedeutet das BGH Urteil für die Verbraucher?
Was im ersten Moment nach einem Sieg für die betroffenen Sparkassen aus Baden-Württemberg aussieht, ist ebenfalls ein wichtiges Ergebnis für alle Banken und Sparkassen bundesweit.
Der XI. Senat hat festgestellt, dass simple Argumentationen hinsichtlich der Darstellung einer Widerrufsbelehrung nicht ausreichend sind, um den Kreditvertrag erfolgreich zu torpedieren.
Gleichzeitig unterstrichen die Richter, dass es sich dabei um die Kreditverträge seit der Einführung des Verbraucherkreditrichtlinie am 11. Juni 2011 handle. Ältere Verträge werden demnach gemäß dem damals herrschenden Recht zu beurteilen sein.
Martin Wolters, Fachanwalt für Bank und Kapitalmarktrecht der Kanzlei mzs in Düsseldorf, sagt dazu:
„Sicher wird es dem Verbraucher ein wenig schwerer gemacht, vom Widerrufsjoker Gebrauch zu machen. Gleichzeitig bezog sich der XI. Senat auf Kreditverträge ab Mitte 2010. Ältere Verträge sind nach wie vor mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit angreifbar. Bei neueren Verträgen lohnt eine genaue Prüfung dennoch. Nicht ohne Grund sind noch hunderte Verfahren zum Thema Widerrufsbelehrung anhängig.“