Bundesbank Finanzstabilitätsbericht 2016: Immobilienkäufer müssen Vorsicht walten lassen
Am 16.11.2016 stellte die
der Bundesbank ihren Finanzstabilitätsbericht für das Jahr 2016 vor. Wie nicht anders zu erwarten, stand die aktuelle Zinssituation im Mittelpunkt. Die obersten deutschen Währungshüter räumten ein, dass Prognosen hinsichtlich der Entwicklung der Zinsen völlig unmöglich seien.Immerhin, so die Banker vom Main, hätten die Wahlen in den USA gezeigt, dass auf Prognosen keinerlei Verlass sei. Von 96 Vorhersagen zum Wahlausgang waren 85 der Schätzungen falsch.
Immobilienfinanzierungen im Fokus der Bestandsaufnahme
Die Bundesbank warnt in ihrer Einschätzung davor, dass sich die Markteilnehmer generell in einer zweifelhaften Gewissheit der niedrigen Zinsen bewegen und dadurch überhöhte Investitionsrisiken eingehen. Übersetzt für den Immobilienkäufer bedeutet dies eine möglicherweise zu große Lücke zwischen Eigenkapital und Kaufpreis. Einige Zahlen sollen dies illustrieren.
- Im ersten Halbjahr 2016 stiegen die Immobilienpreise in Deutschland im Mittel um fünf Prozent.
- Die allgemeine Preissteigerungsrate betrug im selben Zeitraum lediglich 0,3 Prozent.
- Das Kreditwachstum im Wohnungsbau stieg im September 2016 auf 3,7 Prozent.
- Die Einkommen der privaten Haushalte stiegen im Jahr 2015 aber nur um 3,1 Prozent.
Daraus lässt sich ableiten, dass der Anteil der Darlehensbelastung am Nettoeinkommen der privaten Haushalte steigt. Durch diese Bereitschaft, sich höher zu verschulden, steigt jedoch bei anziehenden Zinsen auch das Kreditausfallrisiko.
Die Bereitschaft der höheren Verschuldung gilt allerdings nicht nur für den Immobilienerwerb, sondern auch für die Wirtschaft selbst. Es sei daher zwingend notwendig, einen genügend großen Puffer für die notwendige Stabilität einzubauen.
Dieser Risikopuffer erstreckt sich auf alle Akteure im Finanzsektor. Aktuell kann das niedrige Zinsniveau durchaus zu einem kreditfinanzierten Immobilienboom führen, der sich bei steigenden Zinsen allerdings in eine Kreditblase verändern könnte.
Für die Kreditwirtschaft bedeutet dieser Umstand, dass sich in deren Büchern ebenfalls Risiken entwickeln. Bei einem Anstieg der Zinsen können langfristig niedrig verzinste Kredite möglicherweise zu Problemen im Einlagengeschäft führen. Nur bei Baudarlehen mit kurzer Laufzeit oder variabler Verzinsung läge das Risiko bei den Kreditnehmern.
Unterschätzte Risiken
Langfristig betrachtet, verzeichnen die Zinsen seit den achtziger Jahren eine rückläufige Entwicklung. Die daraus resultierenden Risikoprämien im Rahmen der Darlehensvergabe fallen damit zwangsläufig ebenfalls extrem niedrig aus und verleiten zu einer überhöhten Verschuldung.
Ein Blick auf die Aktienmärkte in Verbindung mit den relativ niedrigen Gewinnen lässt den Schluss zu, dass die aktuelle Ertragslage bei der Bewertung der Unternehmen nicht genügend berücksichtigt wird. Gleiches gilt für Unternehmensanleihen. Die Bundesbank sieht auch in diesem Geschäftsfeld zu niedrige Risikoprämien, welche eine mögliche Insolvenz des Emittenten nicht berücksichtigen.
Noch ist der Immobilienmarkt solide aufgestellt
Der Immobilienmarkt gilt als besonders risikoimmanent. Immerhin sind hier Millionen von Privathaushalten involviert, die Zahl steigt kontinuierlich an. Laut dem Statistischen Bundesamt lebten 28 Prozent der rund 40 Millionen Haushalte im Jahr 2013 in den eigenen vier Wänden (1).
Natürlich besteht das Risiko einer unvermittelten Korrektur der Preise. Dies sei aber noch nicht gegeben. Bislang erfolge die Kreditvergabe für die Immobilienfinanzierung in Deutschland immer noch mit Augenmaß. Allerdings sei es notwendig, den Markt zu beobachten und in einer dreistufigen Vorgehensweise dem Risiko der möglichen Blase entgegenzuwirken.
- Im ersten Schritt müsse ein Ziel definiert werden, welches den Beginn einer Schieflage indiziert.
- Im zweiten Schritt ist es erforderlich, die Indikatoren selbst zu identifizieren. Dies sei beispielsweise der Fall, wenn Immobilienpreise extrem ansteigen, die Standards bei der Kreditvergabe Lockerungen aufweisen und das Kreditvolumen überproportional ansteigt. Der letzte Fall sei dann ein Indiz dafür, dass der eigentlich steigende Eigenkapitalpuffer, der eine Finanzmarktstabilität gewährleistet, zu gering ausfällt.
- Im dritten Schritt müssten dann die Vergabekriterien für Immobilienkredite überdacht werden, heißt, enger gefasst sein. Dies setzt allerdings eine optimale Interpretation der Indikatoren voraus.
Erst wenn die definierten Indikatoren ein Warnsignal geben, dass die Finanzmarktstabilität aufgrund Überschuldung gefährdet sei, dürften allerdings die Kriterien für eine Kreditvergabe neu definiert werden.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Statistischen Bundesamt – Anteil der Immobilieneigennutzer bei den privaten Haushalten