Das Auto, das sich selbst bezahlt
Der eine oder andere mag jetzt an Car-Sharing denken. Sicher, auch eine gute Idee, um ein Auto zu finanzieren oder zumindest die Kosten zu reduzieren. Steuerersparnisse durck Öko-Antriebe sind ein anderer Ansatz, um den Geldbeutel zu schonen.
Es gibt allerdings einen neuen Trend, der es möglich machen könnte, dass Autos sich vollständig selbst bezahlen. Der Verbraucher könnte tatsächlich zum Händler gehen und einen Neuwagen gänzlich ohne Bezahlung entgegennehmen. Es geht dabei um Big Data.
Der Automarkt von heute und morgen
John Ellis erklärt in seinem Vortrag „The Zero Dollar Car“ dass jedes Jahr 100 Millionen Neuwagen verkauft werden. Aktuell sind etwa 1 Milliarde Fahrzeuge weltweit auf den Straßen unterwegs. Für das Jahr 2020 sieht der Experte ein Umsatzpotential von 1 Billion USD für die Industrie.
In den vereinigten Staaten sind 99,99 Prozent aller Fahrten sogenannte „Intent Drives“. Das heißt, der Fahrer hat eine bestimmte Absicht, er möchte von Punkt A nach Punkt B gelangen. Ziellose Spritzfahrten wie früher gibt es wohl kaum noch. Bei diesen Intent Drives sitzen 85 Prozent der US-Bürger allein im Auto.
Wie generiert ein Auto Geld?
Ein Fahrer, der mit Absicht von A nach B möchte und allein unterwegs ist, repräsentiert ein ziemlich optimales Ziel, so Ellis weiter. Natürlich geht es dabei nicht um Attentate, sondern um Marketingabsichten.
Je präziser Kundendaten sind, desto besser und desto wertvoller sind sie sowohl für diejenigen, die die Daten erheben, als auch für diejenigen, die die Daten auswerten und für ihre Zwecke nutzen.
Moderne Autos sind keine rein mechanischen Maschinen mehr. Der Kfz-Mechaniker ist längst zum Mechatroniker geworden. Immer mehr IT hält Einzug in unsere PKW und sorgen für mehr Komfort, mehr Sicherheit, mehr Spielerei.
Der alleinfahrende US-Bürger mit seinem definierten Ziel sagt einem Unternehmen, das diese Fahrt verfolgt, eine ganze Menge. Aktuell macht er das via Smartphone wenn sein GPS aktiviert ist. Wann fährt er los, wo fährt er lang, wie lange braucht er dafür, welches Ziel steuert er an, etc. Künftig könnten das die Autos selbst übernehmen.
All diese Informationen können werbetechnisch interessant werden. Vielleicht ist er morgens unterwegs und ein Starbucks liegt auf der Strecke. Checkt unser Kunde vor der Fahrt noch sein Facebook könnte eine Werbeeinblendung auf just diesen Starbucks auf seinem Weg hinweisen und ihn so hineinlocken. Zur Not sogar mithilfe eines Gutschein-Codes.
Es geht also um werbetechnische Beeinflussung von (potentiellen) Kunden. Die Märkte sind hart umkämpft und Wissen bedeutet in diesem Spiel tatsächlich Macht, Marktmacht nämlich. Wer viel weiß und diese Informationen auch analysieren und nutzen kann, der geht einen wichtigen Schritt in Richtung Erfolg.
Daten sammeln doch alle
Es ist sicherlich jedem klar, dass unsere ständigen Freunde und Helfer wie Google, Amazon, Facebook, etc. uns nicht aus Herzensgüte zu Diensten sind. Sie kennen uns sehr genau und sie tun viel dafür, dass dieses Wissen noch vertieft wird.
Sie vernetzen sich dabei und stellen Plattformen für Dritte zur Verfügung. Ein Beispiel: Haben Sie schon einmal etwas bei Amazon gesucht und wenig später erscheinen auf Seiten wie Facebook oder auf ihrer Lieblings-News-Seite plötzlich die Dinge in den Werbesegmenten, die Sie kürzlich erst auf Amazon gesucht hatten? Bestimmt. Diesen Re-Marketing Effekt lassen sich unsere Helfer bezahlen.
Wir generieren beständig Informationen
Ein Test einer renommierten Computer-Zeitschrift bracht zu Tage, dass ein Handy innerhalb einer Woche 15.000 Datensätze sammelt und verschickt. Das ist eine riesige Menge an Informationen. Doch das ist nicht das Ende der Fahnenstange, die Entwicklungen gehen weiter.
Matt McFarland von CNN Tech zitiert Tom Coughlin, den Gründer von Coughlin Associates. Er meint, ein selbstfahrendes Auto könnte in der Lage sein, pro Sekunde (!) ein Gigabyte an Daten zu generieren (2).
Fahrzeuge, die bereits eine Hotspot W-LAN Funktion anbieten sind schon seit einer Weile auf dem Markt. Klar dürfte sein, dass Autos, die aus welchen Gründen auch immer aufs Netz zugreifen können, quasi permanent online sind. Denken Sie dabei an die Dienste, die zum Beispiel im Hintergrund Ihres Handys ablaufen.
Kostenfrei und vernetzt – Fluch oder Segen?
Dieses Gedankenspiel kann beliebig fortgesetzt werden. Doch zurück zur Ausgangslage. Wir wissen, dass Informationen über uns wertvoll sind. Wir wissen in etwa, wo die Informationen generiert werden und was mit den Informationen gemacht wird.
Klar ist auch, dass wir uns dem nicht entziehen können, es sei denn wir entscheiden uns zu einem Dasein als Techno-Eremit.
Offen bleibt die Frage für jeden selbst: Setzt er alle Häkchen in den komplizierten Einstellungs-Menüs und versucht bei aller Technik Affinität seine Privatsphäre zu schützen? Oder gibt er diese Sisyphos-Arbeit auf, ergibt sich der Situation und lässt sich schon bald einen unbezahlten Neuwagen beim Autohändler geben?
Am Ende spüren wir sehr genau, wie viel Geld Informationen über uns wert sind. Spätestens dann nämlich, wenn wir vor der Entscheidung stehen: Nehmen wir einen Autokredit auf oder unterschreiben wir eine Einverständniserklärung zur Datennutzung.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Bankstil.de – Autofinanzierung vor der „Disruption“?
(2) CNN – Your car’s data may soon be more valuable than the car itself