Der Boom der Möbelhersteller – das zweischneidige Schwert
Die deutschen Möbelhersteller konnten im Jahr 2016 einen erneuten Umsatzzuwachs von 3,5 Prozent auf 18 Milliarden Euro verzeichnen. Nach China und den USA rangiert die Branche weltweit auf Platz drei.
Für 2017 prognostiziert der Verband der deutschen Möbelindustrie einen weiteren Anstieg von zwei Prozent. Nicht zuletzt die historisch niedrigen Kreditzinsen sorgen für genügend Liquidität in den Portemonnaies der Käufer.
Kreditfinanzierungen befeuern das Geschäft
Beim Kampf um die Kunden setzen die Möbelhäuser auf verschiedene Rabattstrategien:
- Massive Preisnachlässe, in erster Linie über den „Erlass“ der Mehrwertsteuer.
- Rabatte bei Barzahlung
- Rabatte, wenn mehr als ein „Stück“ gekauft wird.
Eine andere Strategie zielt auf die Fremdfinanzierung ab. Eine Studie des Kreditvermittlers smava aus dem Jahr 2016 belegt, dass in dem Zeitraum September 2015 bis August 2016 rund 16 Prozent der aufgenommenen Kredite in Deutschland einer wohnwirtschaftlichen Verwendung, sprich Umzug oder neue Möbel, zugeführt wurden (1).
Besonders erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang die Null-Prozent-Finanzierungen der Möbelhäuser. Was auf den ersten Blick als verlockendes Angebot aussieht, sollte von den potenziellen Käufern aber hinterfragt werden.
Möbelhäuser vergeben keine Kredite, dies erfolgt über eine Bank. Banken und Möbelhändler müssen betriebswirtschaftlich arbeiten, können also kein Geld verschenken. Am Ende des Tages bleibt nur ein Schluss, die Zinsen, wenn auch historisch niedrig, sind in den Verkaufspreis eingerechnet. Hier unterscheiden sich Möbelhändler in keiner Weise von den Autohäusern mit zinslosen Autokrediten.
Wie profitieren Verbraucher am Besten vom hohen Angebot?
Wie eingangs beschrieben, boomt der Möbelhandel auf der einen Seite, auf der anderen Seite müssen Händler und Hersteller durch sinkende Margen aber auch einen entsprechenden Preis bezahlen. Während Verkäufer einen möglichst hohen Preis erzielen wollen, ist es die Absicht der Käufer, möglichst günstig einzukaufen.
Die Ausnutzung von Rabatten bietet sich natürlich an. Der Null-Prozent-Finanzierung sollte jedoch eine Vergleichskalkulation gegenübergestellt werden. Vom Zinsaufwand für einen klassischen Ratenkredit oder speziellen Wohnkredit muss der mögliche Preisnachlass abgezogen werden, der bei Barzahlung eingeräumt wird. Unter Umständen fahren Möbelkäufer mit einem klassischen Ratenkredit deutlich günstiger als mit einer Finanzierung über das Möbelhaus.
Sowohl die historisch niedrigen Zinsen als auch der Verkaufsdruck der Hersteller und Anbieter bieten jedenfalls hervorragende Rahmenbedingungen, um die eigenen vier Wände neu zu gestalten.
Enormer Preisdruck
Nicht nur Billigimporte aus Polen, auch das enorme Angebot an Möbeln setzt sowohl die Hersteller als auch den Handel stark unter Druck. Der Anteil der im Ausland produzierten Möbel für den deutschen Handel stieg im vergangenen Jahr um zwei auf 64 Prozent. Wer sich die Werbung der Möbelhäuser anschaut, stellt fest, dass schon seit einiger Zeit eine regelrechte Rabattschlacht tobt.
Dieser Sachverhalt führte dazu, dass die Margen der rund 500 in Deutschland aktiven Möbelhersteller weiter sinken. Das sind keine guten Neuigkeiten. Immerhin beschäftigen diese meist mittelständischen Betriebe rund 84.000 Mitarbeiter.
Der Handel konnte auf zufriedenstellende Zahlen zurückblicken. Mit einem Anstieg um 2,5 Prozent auf 33 Milliarden Euro Umsatz setzt sich auch hier ein positiver Trend fort.
Allerdings darf nicht übersehen werden, dass es zu einer Konzentration durch Übernahmen kommt. Gerade die kleineren Händler bleiben bei dieser Marktkonstellation auf der Strecke. Die zehn größten Anbieter generierten über 50 Prozent des Gesamtumsatzes.
Bundeskartellamt wurde aktiv
Pikanterweise wurden die positiven Zahlen des Jahres 2016 von einer Intervention des Bundeskartellamtes flankiert. Gegen fünf Hersteller verhängte die Behörde im Januar 2017 ein Bußgeld von insgesamt 4,43 Millionen Euro. Grund war, dass vertikale Preisabsprachen und Preisdiktate gegenüber dem Möbelhandel zum Nachteil der Verbraucher nachgewiesen werden konnten. Hersteller dürfen aber nur unverbindliche Preisempfehlungen abgeben (2).
Der Umbruch, in dem sich die Möbelbranche befindet, schlug sich auch in der unterschiedlichen Höhe der Bußgelder nieder. So berücksichtigte das Bundeskartellamt, dass einige der Unternehmen erhebliche Kostenbelastungen durch Restrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen zu verkraften haben.
Weiterführende Informationen
(1) Smava – Kredit-Studie zur Mittelverwendung aufgenommener Kredite
(2) Bundeskartellamt – Fallbericht zu Bußgeldern wegen vertikaler Preisbindung beim Vertrieb von Möbeln