Deutsche Wirtschaft nach wie vor im Aufwind
Sowohl die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als auch die Deutsche Bundesbank analysierten das zurückliegende Quartal hinsichtlich der Entwicklung der Wirtschaft und der Erwartung der Führungskräfte.
Gefühlt sieht es gut aus. Die Auftragsbücher scheinen voll zu sein und die Arbeitslosigkeit markiert Tiefststände. Stimmt das auch? Welche Gemeinsamkeiten und welche Unterschiede sehen die beiden Häuser bei ihren Betrachtungen?
Das KfW-ifo Mittelstandsbarometer aus dem Juni 2017
Das Geschäftsklima konnte sein Allzeithoch aus dem April 2017 im Mai nicht mehr halten, sondern gab um zwei Saldenpunkte auf 23 Zähler nach. Dies ist aber weder für die kleinen noch mittleren Unternehmen ein Grund zur Trauer. Die Verantwortlichen in den Geschäftsetagen haben nach wie vor Grund zu bester Laune: Sowohl die Lagebeurteilung als auch die Erwartungshaltung zeigen positive Tendenzen.
Die Großunternehmen sind dabei aber nochmals deutlich optimistischer als klein- und mittelständische Unternehmen (KMU). Ihr Erwartungsindikator legte um 3,7 Punkte auf 11,2 Punkte zu, verbesserte sich um rund ein Drittel. Bei den KMUs gab er dagegen von 11,7 Punkten auf 10,7 Punkte nach. In den Augen der KfW stellt dies jedoch keinen Grund zur Besorgnis dar.
Gründe für deutlichen Optimismus der Firmen
Dass die Lagebeurteilung (KMUs 35,4, Großunternehmen 34,2) deutlich höher ausfällt, als die Beurteilung der Erwartung, ist nicht verwunderlich. Immerhin bewegte sich die Wirtschaft auf einem extrem hohen Niveau. Ein Nachlassen ist daher wahrscheinlicher als ein weiterer Gipfelpunkt.
Der Anstieg des Erwartungsindikators bei Großunternehmen lässt sich leicht erklären. Gerade exportorientierte Firmen hatten im April noch einen „Erwartungsstau“, da die Wahlen in Frankreich eine gewisse Unsicherheit in Bezug auf Europa und die Währungsunion mit sich brachten. Diese Unsicherheit ist jetzt verflogen.
Bei einer Einzelbetrachtung der Branchen zeigt sich, dass der Einzelhandel im April, bedingt durch das Osterfest, einen gewissen Höhenflug erlebte und jetzt wieder auf Märzniveau steht. Gleiches gilt auch für den Großhandel. Die Tendenzen waren bei KMUs und Großunternehmen identisch. Trotz des Rückgangs bleiben die Aussichten für den privaten Konsum nach wie vor, auch bedingt durch die stabile Arbeitsmarktlage, positiv.
Lage beim Bau und beim Export
Das Baugewerbe, eines der Fundamente der deutschen Wirtschaft, kann auch bei einem bereits sehr hohen Niveau weiter einen Aufwärtstrend verzeichnen. Bei den großen Baufirmen ist die Stimmung so gut wie noch nie, seit die KfW das Mittelstandsbarometer im Jahr 1991 ins Leben rief.
Die Aussage hinsichtlich der Wahlen in Frankreich gilt auch für die exportorientierte Großindustrie. Bei den KMUs in der Industrie fand zwar eine Korrektur statt. Diese machte aber lediglich 20 Prozent des vorherigen Anstiegs aus.
Alles in allem reflektiert das Mittelstandsbarometer Mai 2017 eine robuste Konjunktur. Nachdem es innerhalb der Europäischen Union nicht noch zu mehr Turbulenzen kommt, rechnet die KfW mit einer stärkeren Investitionswelle. Grundsätzlich gilt, dass die Rückgänge Erwartungs- und Lageindikatoren im Mai völlig in Ordnung gehen, da der mittelfristige positive Trend darunter nicht leidet (1).
Die Prognose der Bundesbank aus dem Juni 2017
„Solider Aufwärtstrend“ – mit diesen beiden Worten lässt sich die Lage der deutschen Wirtschaft in den Augen der Bundesbank zusammenfassen. Die Lage am Arbeitsmarkt sorge dafür, dass sowohl der private Konsum als auch die Bauwirtschaft auf festen Füßen stehen. Durch steigende Exporte und Investitionen sieht Bundesbankpräsident Jens Weidmann das Szenario einer „breit angelegten, recht kräftigen konjunkturellen Aufwärtsbewegung“ (2).
In Bezug auf das Wirtschaftswachstum machen die Banker vom Main ebenfalls Hoffnung. Für das laufende Jahr sehen sie ein Wirtschaftswachstum von 1,9 Prozent, für die beiden Folgejahre noch 1,7 respektive 1,6 Prozent. Die Folge ist eine enorme Auslastung der Kapazitäten. Bereits in den vergangenen drei Jahren wuchs die deutsche Wirtschaft stärker als das Produktionspotenzial.
Resultate der Entwicklung und Ausblick der Bundesbank
Diese Auslastung bringt zwei Folgeerscheinungen mit sich: Zum einen könnte es zu Engpässen am Arbeitsmarkt, und damit zu Lohnerhöhungen kommen. Zum anderen dürfte sich die durchschnittliche Arbeitszeit – in den vergangenen Jahren rückläufig – wieder verlängern.
Dem deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit in 2017 werden allerdings zwei Jahre folgen, in denen der Rückgang nur noch moderat ausfallen wird.
Die Volkswirte der Bundesbank sehen noch einen weiteren, wesentlichen, Aspekt: Kommt es zu keinem signifikanten Politikwechsel, ist weiterhin mit Haushaltsüberschüssen auf Bundesebene zu rechnen. Die Schuldenquote könnte erstmalig seit 2002 im Jahr 2019 wieder die Grenze von 60 Prozent unterschreiten.
Positive Inflation und Risikopotential durch das Ausland
Auch wenn die Verbraucher dies skeptisch beurteilen, die Inflation wird durchaus ansteigen. Für das Jahr 2019 rechnen die Volkswirte mit einem Anstieg auf 1,8 Prozent nach 1,5 Prozent in 2017. Ausschlaggebend sei die Verteuerung von Rohöl und Lebensmitteln. Gesamtwirtschaftlich betrachtet stellt dies eine grundsolide Entwicklung dar.
Risiken sieht die Deutsche Bundesbank allerdings auch. Protektionistische Tendenzen im Ausland können dazu führen, dass der Export deutlich zurückgeht. Ebenfalls könnten die Margen der Hersteller durch den Preiskampf im internationalen Geschäft unter Druck geraten. Das Abwärtsrisiko durch internationale Ursachen wird aber laut Weidmann durch den Aufwärtstrend im Inland kompensiert.
Fazit
Die beiden Analysen lassen sich nur schwer miteinander vergleichen, da sie im Detail unterschiedliche Bereiche untersuchen. Während die KfW auch die Erwartungshaltung in den Chefetagen und die dortige die Stimmung betrachtet, stellt die Bundesbankanalyse hinsichtlich der Prognose rein auf analytische Daten ab.
Trotz des unterschiedlichen Datenmaterials lässt sich aber für beide Untersuchungen ein gemeinsames Fazit ziehen: Die deutsche Wirtschaft hat sich trotz eines schwierigen europäischen Umfelds in den vergangenen Jahren massiv behauptet. Die Lage ist sehr gut.
Der Arbeitsmarkt zeigt sich als solide und die Produktion wird noch weiter wachsen. Kleinere saisonale Rückgänge in der Stimmungslage werden durch den langfristigen Aufwärtstrend mehr als nur kompensiert.
Quellen und weiterführende Information
(1) Kreditanstalt für Wiederaufbau – KfW-ifo Mittelstandskompass Mai 2017 (PDF)
(2) Deutsche Bundesbank – Neue Bundesbank-Prognose: Solider Aufschwung der deutschen Wirtschaft setzt sich fort