Die Schuldenfalle – Kehrseite niedriger Zinsen
Es spricht nichts dagegen, in Zeiten niedriger Guthabenzinsen „nachzusparen“, sprich, statt erst für einige Jahre Guthaben auf dem Tagesgeldkonto anzusammeln und dann zu konsumieren, erst zu konsumieren, und dann die „Sparrate“ an die Bank zurückzuführen.
Kritisch wird es allerdings, wenn die eigene Sparfähigkeit überschätzt, und der Konsum zur Schuldenfalle wird. Die Studie „Consumer Credit Market in Europe“ der französischen Credit Agricole Consumer Finance, zu der auch die in Deutschland aktive Creditplus Bank gehört, veröffentlichte interessante Zahlen.
Immerhin führt zurzeit jeder zweite Deutsche ein Darlehen an die Bank zurück. 77 Prozent aller Bundesbürger hatten schon einmal einen Kredit aufgenommen. Was auf den ersten Blick nur auf positive Konsumzeichen hindeutet, hat jedoch auch eine Schattenseite. Laut dem Onlineportal Netzsieger sind aktuell rund 6,7 Millionen Bundesbürger überschuldet.
Überschuldung bedeutet, dass die Kreditnehmer keine Chance mehr haben, bestehende Kredite aus den laufenden Einkünften ordnungsgemäß zu bedienen. Das bittere Ende bedeutet die Privatinsolvenz. Auch wenn Banken damit werben, dass sie Darlehen verantwortungsbewusst vergeben, steht für sie am Ende der Vertriebsdruck.
Erschreckend ist bei der Zahl der 1,75 Millionen überschuldeten Personen der hohe Anteil der unter 30jährigen. Wie der Spiegel berichtet, resultieren bei 20 Prozent der Schuldner unter 25 Jahren die Verbindlichkeiten aus der Handynutzung. Der Studie der Credit Agricole zufolge liegt die Pro-Kopf-Verschuldung in Deutschland bei 2.754 Euro.
Nach Großbritannien mit einem Kreditvolumen von 286 Milliarden Euro stellt Deutschland mit 222 Milliarden Euro den zweitgrößten Markt für Konsumkredite in Europa dar. Spanien stellt sich mit 63 Milliarden Euro dagegen bescheiden dar. Insgesamt griffen die Verbraucher im Jahr 2014 europaweit auf 1.069 Milliarden Euro an geliehenem Geld zurück.
„Das Geschäft mit Internetkrediten boomt“, so der Vorstand der Creditplus Bank, Jan F. Wagner. Er geht davon aus, dass die Nachfrage nach Konsumentenkrediten im Jahr 2015 sogar noch steigen wird. Immerhin nehmen die Online-Abschlüsse inzwischen fast 20 Prozent bei der Neukreditvergabe ein.
Ebenfalls interessant ist der Sachverhalt, dass das durchschnittliche Kreditvolumen bei Online-Abschlüssen die durchschnittliche Höhe der in den Filialen gezeichneten Darlehen übersteigt, wie in dem Buch „Banking & Innovation 2015“ von den Autoren Marcel Seidel und Axel Liebetrau geschildert wird.
Als eine der Ursachen sieht Wagner die Einführung des Mindestlohns. Mit dem gestiegenen Lohn können auch die bislang einkommensschwachen, und daher mit schwacher Bonität belegten Arbeitnehmer, Darlehen aufnehmen. Die Gehaltsabtretung reicht in vielen Fällen als Sicherheit.
Der Kreditvergleich im Internet trägt ebenfalls zu einer Erleichterung der Darlehensaufnahme bei. Der Weg zur Bank als Bittsteller entfällt. Auf der anderen Seite bewerben dazu noch Einzelhändler aggressiv ihre Finanzierungsangebote.