Per Gesetz: Einfacher einen Immobilienkredit bekommen
Die Länder Baden-Württemberg und Hessen haben eine Gesetzesinitiative eingereicht, die es für Verbraucher leichter machen soll, an Immobilienkredite zu kommen. Grund für diesen Anstoß war die Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Kreditvergabe, die in einigen Punkten zu streng in deutsches Recht übersetzt wurde.
Was genau stört die Länder und wie wollen Sie Abhilfe schaffen? Wir haben den „Entwurf eines Gesetzes zur weiteren Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie“ analysiert und fassen die Forderungen zusammen.
Zu hohe Hürden erschweren Kreditvergabe
Unnötig schwer oder gar unmöglich ist es für viele Verbraucher in Deutschland an einen Immobilienkredit zu kommen, seit die EU Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR) im März 2016 durch deutsche Gesetze umgesetzt wurde (wir recherchierten dazu ausführlich für unserer Studie „Streit um die Wohnimmobilienkreditrichtlinie“).
Im Dezember 2016 waren sich die entsprechenden Gremien in Berlin insoweit einig, dass die von der EU nicht vorgesehenen Verschärfungen wieder zurückgenommen werden. Doch nicht nur die Mühlen der Justiz malen langsam, in der Politik ist es ganz ähnlich.
Nun also, fast ein ganzes Jahr später, haben die Länder Baden-Württemberg und Hessen einen Gesetzesentwurf eingereicht, der die misslungene Umsetzung der EU-Richtlinie wieder berichtigen soll, wie der Bundeanzeiger in seiner heutigen Pressemitteilung bekanntgab (1).
Die EU hat angeregt durch die katastrophalen Auswirkungen der Finanzkrise beschlossen, die Vergabe von Immobilienkrediten zu regulieren. Eine viel zu laxe Vergabe dieser Kredite hatte in den USA die Krise ausgelöst. Die Darlehen wurden auch an Personen vergeben, die sich die Kredite eigentlich nicht leisten konnten. Die Wahrscheinlichkeit, dass so ein Kredit platzt, ist recht hoch. Man sprach daher von „Subprime Loans“, also von sub-optimalen Krediten.
Um das für die Zukunft in Europa auszuschließen wurde ein umfangreiches Regelwerk entworfen, dass den Banken gewisse Beschränkungen hinsichtlich der Kreditvergabe verordnet. Die Umsetzung in deutsches Recht war Pflicht, wurde aber leider viel zu streng gehandhabt. So war es beispielsweise älteren und jungen Familien sehr erschwert worden, einen Immobilienkredit aufzunehmen.
Welche Forderungen stellen die Länder?
Im Bundesanzeiger werden vier wesentliche Inhalte genannt, die es dringend zu berichtigen gilt:
- Genaue Begriffsdefinition für mehr Rechtssicherheit
- Keine erneute Kreditwürdigkeitsprüfung bei Anschlussverträgen
- Beachtung des Immobilienwerts bei älteren Kreditnehmern
- Immobilienverzehrkredite als Altersvorsorge sollen von Regelungen ausgenommen werden
Begriffsdefinition verunsichert Banker und Kunden
So wie die Regelungen aktuell formuliert sind, muss ein Kreditnehmer mit hoher „Wahrscheinlichkeit“ seinen Kreditverpflichtungen nachkommen können. Leider ist „wahrscheinlich“ aber ein sehr schwammiger Begriff. Was zunächst logisch klingt und auch nicht neu zu sein schein, hat unter Umständen dramatische Konsequenzen, vor denen manche Banker zurückscheuen, wie der Teufel vor dem Weihwasser:
Es geht um die Kreditwürdigkeitsprüfung. Jede Bank ist dazu verpflichtet zu prüfen, ob ein Verbraucher sich den beantragten Kredit auch leisten kann. Dazu werden die Einkommens- und Ausgabensituation beleuchtet und geschaut, was Informationsdienste wie die SCHUFA über das bisherige Kreditverhalten registriert haben.
Nach der neuen Richtlinie ist es so, dass Verbraucher im Falle einer gescheiterten Finanzierung die Bank verklagen können, sollte sie die Pflicht zur sorgfältigen Prüfung vernachlässigt haben. Die Bank müsste dann nicht nur den Kredit rückabwickeln, sondern auch noch Verzugszinsen an den Kunden bezahlen. Das kommt für viele Bankberater einem Damokles-Schwert gleich. Wer kann schon genau vorhersagen, was in einigen Jahren sein wird?
Im Ergebnis zogen viele Banken und Sparkassen die Notbremse und vergaben Immobilienkredite nur noch an Personen, bei denen ein Kreditausfall quasi ausgeschlossen werden konnte. Das Nachsehen hatten Zielgruppen, wie beispielsweise junge Paare oder ältere Menschen.
- Erstere könnten Kinder bekommen, was mit einem geringeren Einkommen bei gleichzeitig steigenden Ausgaben für die Einschätzung der Banker problematisch würde.
- Bei Letzteren standen vor allem der Eintritt ins Rentnerdasein oder ein vorzeitiges Ableben als Probleme auf der Agenda
Erneute Kreditwürdigkeitsprüfung
Bei einer Immobilienfinanzierung werden die Zinsen häufig über einen bestimmten Zeitraum festgeschrieben. Sind die Jahre ins Land gegangen, steht noch eine Restschuld zu Buche, die mit einem neuen Kreditvertrag abgetragen wird. Je nach dem spricht der Fachmann von einer Prolongation (Verlängerung des bisherigen Vertrages mit neu verhandelten Zinskonditionen) oder einer Umschuldung (neuer Kreditvertrag bei anderem Kreditgeber).
Wurde die Finanzierung in der Vergangenheit genehmigt, muss das für den Neuvertrag nicht unbedingt gelten. Die verschärften Richtlinien führten dazu, dass eine Finanzierungsfortführung abgelehnt werden konnte. Der Eigenheimbesitzer wäre unmittelbar in die Zwangsversteigerung getrieben worden. Das soll nicht mehr vorkommen können, in dem eine erneute Kreditwürdigkeitsprüfung für bereits bestehende Finanzierungen nicht mehr notwendig sein soll.
Statistische Lebenserwartung vs. Immobilienwert
Aktuell darf eine Bank einen Kredit nur vergeben, wenn er innerhalb der statistischen Lebenserwartung zurückbezahlt werden kann. Der Wert der Immobilie spielt keine Rolle. Klingt zunächst einleuchtend, bringt aber ein enormes Problem mit sich.
Hat ein Rentnerpaar eine Immobilie im Wert von 400.000 Euro und möchte diese altersgerecht umbauen und energetisch sanieren lassen und benötigt dafür einen Kredit von 150.000 Euro, wäre das nicht zu machen, wenn die Herrschaften schon älter sind. Dass die Forderung der Bank mehr als doppelt besichert ist, müsste außer Acht gelassen werden.
Da in Deutschland vor allem ältere Verbraucher Geld in die Hand nehmen, um Bestandsimmobilien zu sanieren und umzubauen, laufen nicht nur sie Sturm. Auch die Bauindustrie sieht ihre Felle davon schwimmen. Dazu kommen Bedenken hinsichtlich der gesteckten Klimaziele, für die eine großflächige Gebäudesanierung sehr wichtig ist.
Die Forderung besagt nun, dass der Wert Immobilie ebenfalls in die Überlegungen zur Kreditvergabe miteinbezogen werden soll und Umbau- sowie Renovierungsmaßnahmen nicht von den Regelungen betroffen sein sollen. Im Ergebnis ist es genau das, was die EU-Vorgabe vorsieht.
Leibrenten bzw. Umkehrhypotheken als Ausnahme
Was viele nicht wissen: Es gibt die Möglichkeit für ältere Menschen ihr Zuhause zu liquidem Geld zu machen. Dazu bieten Sie das Haus als Sicherheit und der Käufer bezahlt ihnen monatlich einen gewissen Betrag. Sie behalten dabei ein lebenslanges Wohnrecht und die Pflege der Immobilie übernimmt der künftige Eigentümer.
Es kommt hier zu einem Kreditverhältnis: Die Rentner bekommen Monat für Monat eine gewisse Summe geliehen. Es türmt sich so Stück für Stück ein Kreditbetrag auf. Abbezahlt wird dieser Kreditbetrag am Ende nicht mit einer großen Summe sondern mit der Immobilie, die dann an den Kreditgeber übergeht.
Um für ältere Menschen diese Möglichkeit zur Aufbesserung der Rente nicht zu verhindern, sollen die Leibrenten oder Umkehrhypotheken (Amtsdeutsch: Immobilienverzehrkredite) von den Regelungen ausgenommen werden.
Quellen und weiterführende Informationen
1) Bundesanzeiger Verlag – Leichtere Kreditvergabe für Wohnimmobilien