Bundesregierung plant Entschärfung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie
Im Frühjahr des Jahres 2016 eingeführt, kommt es zur ersten Novellierung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie (WIKR). Banken, Bauhandwerk und die Bundesländer verbuchen diese Zusage von Justizminister Heiko Maas (SPD) als großen Erfolg.
Minister Maas, Verbraucherschützer und Vertreter der Banken treffen sich nun an einem runden Tisch um über die Auswirkungen und sinnvolle Lösungen zu beraten.
Der Hintergrund
Bei der WIKR handelt es sich um die Umsetzung einer Vorgabe aus Brüssel. Deren Ziel ist es, private Haushalte vor einer Überschuldung durch Immobilienerwerb zu schützen. Die Bundesregierung ist jedoch bei der Umsetzung weit über das geforderte Ziel und die von der EU vorgegebenen Ziele hinausgeschossen.
Die Bonitätsprüfung in Deutschland, eine der strengsten in Europa, musste soweit ausgedehnt werden, dass Banken faktisch kaum noch Baudarlehen ausreichen konnten. Die Rückzahlung musste laut Richtlinie für die gesamte Dauer der Darlehenslaufzeit sichergestellt sein, so die EU.
Für die Bundesregierung hieß dies, dass ausschließlich der Darlehensnehmer dafür verantwortlich zeichnet. Erben oder Kinder wurden nicht mehr berücksichtigt. Gleiches gilt für eine mögliche Wertsteigerung der finanzierten Immobilie.
Familien mit Kindern und Generation 50+ benachteiligt
Da Kinder von Haus aus als finanzielles Risiko gelten, mussten die Kreditinstitute die Darlehensvergabe an junge Familien fast einstellen, so die Aussage einiger Banken und Sparkassen.
Auch der Zielgruppe der Generation 50+, die mit geförderten Darlehen für den Umbau der eigenen Immobilie für altersgerechtes Wohnen umworben wird, können die Banken diese Darlehen nicht mehr gewähren.
Die rechts- und verbraucherpolitische Sprecherin der CDU/CSU Bundestagsfraktion, Elisabeth Winklemeier-Becker, forderte schon länger, dass diese Ungleichbehandlung beendet werden müsse. Diese sei von der EU weder gewollt noch geplant gewesen.
Sie forderte darüber hinaus, dass die Thematik im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert werde, um sicherzustellen, dass diese an die allgemeinen Regeln der Kreditvergabe anknüpfen.
Vorstoß der südlichen Bundesländer
Die Bundesländer Bayern, Baden-Württemberg und Hessen hatten bereits im Herbst einen Gesetzesvorschlag eingebracht, welcher die WIKR in der jetzigen Form entschärfen soll. Die Kernaussage der Vorlage lautete
„Bei der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie in deutsches Recht durch das Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie wurden Gestaltungsmöglichkeiten, die der europäische Gesetzgeber bewusst vorgesehen bzw. zugelassen hatte, nicht genutzt“. (1)
Der Bayerische Justizminister Bausback (CSU) forderte bereits am 14. Oktober 2016:
„Es ist zwar richtig und wichtig, unsere Bürgerinnen und Bürger vor Überschuldung zu schützen. Wir dürfen aber den Bogen nicht überspannen. Vielmehr müssen wir dafür sorgen, dass unnötige Hürden bei der Kreditvergabe an junge Familien und Senioren schleunigst beseitigt werden. Hierzu müssen wir alle Handlungsspielräume der Richtlinie nutzen. Bayern tritt daher der Gesetzesinitiative aus Hessen und Baden-Württemberg bei!“ (2)
Um den Gesetzestext diesmal tatsächlich an den Vorgaben aus Brüssel einerseits, den Bedürfnissen der Immobilienerwerber und den Geschäftsvorgaben der Banken auszurichten, kommt es zu einem runden Tisch.
Bei den Teilnehmern handelt es sich um Minister Maas, Verbraucherschützer und Vertreter der Banken. Die notwendige, bislang fehlende Rechtssicherheit ist jetzt oberstes Gebot. Immerhin führte die durch das Gesetz entstandene Grauzone zu einem Einbruch von rund 20 Prozent bei der Kreditvergabe, so der baden-württembergische Sparkassenverbandschef Peter Schneider (3).
Weiterführende Informationen:
(1) Procontra-online.de – Maas will bei Kreditrichtlinie nachbessern
(2) Bayerischer Rechts- und Verwaltungsreport (BayRVR) – Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie im Bundesrat
(3) Finanzmarktwelt.de – Wohnimmobilienkreditrichtlinie: Die ersten Auswirkungen bei Immobilienkrediten