US-Banken trotz Fed-Gelder knapp bei Kasse – droht neue Finanzkrise?
Die US-amerikanischen Banken warten mit einem Phänomen auf. Obwohl sie auf der einen Seite nicht wissen, wohin mit dem Geld der Fed, fehlen ihnen die Mittel für die alltäglichen Transaktionen. Was zunächst absurd klingt, hat durchaus handfeste Gründe. Das Szenario erinnert an den Vorabend der Finanzkrise.
- US-Banken haben derzeit Liquiditätsengpässe im Tagesgeschäft. Hohe Staatsverschuldung und strengere Eigenkapitalkriterien binden die notwendigen Gelder dafür.
- Erneute Deregulierung der Banken gilt als kritisch.
- Situation für deutsche Verbraucher bislang ohne Auswirkung.
- Es stellt sich die Frage, ob bald wieder eine Finanzkrise droht, da gewisse Vorzeichen erkennbar sind.
Erinnerungen an die Finanzkrise werden wach
Die Geldleihe der Banken untereinander gehört zum Tagesgeschäft. Wer gerade etwas mehr benötigt, um Zahlungen sicherzustellen, leiht sich bei einer anderen Bank, die gerade etwas weniger benötigt, die notwendigen Mittel. In Europa ist der Zinssatz LIBOR (London Interbanking Offered Rate) der Zins, der diesen Geschäften zugrunde gelegt wird.
Das Interbankengeschäft setzt jedoch Vertrauen zueinander voraus. Vor dem Ausbruch der Finanzkrise schwand dieses Vertrauen in den USA aufgrund der zahlreichen Zahlungsschwierigkeiten der US-Hypothekenbanken. Die Geldleihe blieb aus, die Institute mussten sich an die Federal Reserve Bank wenden, um sich Liquidität zu verschaffen (1).
Die gleiche Situation ist auch heute wieder anzutreffen. Auf der einen Seite horten die Banken Milliarden, auf der anderen Seite benötigen sie Gelder der Fed-Bank, um Zahlungen auszuführen. Diese Verknappung liquider Mittel führte sogar zu einem kurzfristigen Zinsanstieg. Jeden Tag muss die Fed-Bank nun die Institute mit Beträgen in Milliardenhöhe versorgen, um Zahlungsströme sicherzustellen.
Ursachen für die Geldknappheit der amerikanischen Banken
Kein Segment der Wirtschaft kann für sich alleine betrachtet werden, es gibt immer Auswirkungen in andere Sektoren. Die amerikanische Wirtschaft erlebte eine solide Konjunktur. Wer viel verkauft, nimmt in der Regel auch viel ein. Und trotz aller Steuerschlupflöcher werden am Ende des Tages Steuern fällig. Die amerikanischen Unternehmen müssen aktuell hohe Steuerzahlungen leisten.
Um die Steuerschulden begleichen zu können, gehen die Firmen auf die Banken zu, um sich dort das Geld zu leihen. Dies greift wiederum die Liquidität der Banken an. Die Steuerschulden der US-Firmen können aber nicht der einzige Grund für den Engpass im täglichen Geschäft sein.
In der Folge der Finanzkrise kam es zu einer stärkeren Regulierung der Banken. Eine der Auflagen war, dass der Eigenkapitalanteil höher ausfallen musste, um die Institute krisenresistenter zu machen. Dieses Kapital fehlt jetzt, um es anderen Banken als kurzfristigen Kredit anbieten zu können.
Staatsverschuldung ebenfalls ursächlich
Die US-Staatsverschuldung strebt in immer höhere Bereiche (2). Anleihen fluten den Markt, die Banken greifen zu. Den USA und Europa ist gemeinsam, dass die Banken zu den ersten Abnehmern von Staatsanleihen zählen. Je mehr Anleihen aufgelegt werden, umso mehr liquide Mittel sind bankseitig gebunden.
Das bei der Fed hinterlegte Vermögen beläuft sich aktuell auf 1,3 Billionen (!) US-Dollar. Was auf den ersten Blick viel klingt, zeigt im Vergleich, dass die Guthaben abgenommen haben. In der Spitze lag das Bankguthaben bei der Zentralbank noch bei 2,5 Billionen US-Dollar.
Das Absinken des Guthabens ist unter anderem damit erklärt, dass die Fed wiederum ihren Bestand an US-Anleihen, den sie zu Zeiten der Finanzkrise angehäuft hatte, deutlich abbaute. Käufer waren die Kreditinstitute. Der Ankauf ging zu Lasten des Zentralbankguthabens.
Lösungsvorschläge für eine Liquiditätserhöhung
Es kann eigentlich kein Zustand sein, dass die US-Institute auf der einen Seite massive Überschüsse horten, auf der anderen Seite aber auf Geldspritzen der Zentralbank angewiesen sind.
Ein Ansatz wäre eine erneute Deregulierung der Banken. Das Thema stand in den 90er Jahren schon einmal auf der Agenda, ist aber umstritten. Viele Fachleute sehen die damalige Deregulierung als Auslöser der Krise in 2008.
Die Alternative wäre, dass die Fed Geld auf den Markt wirft. Sie muss es schließlich nur drucken, das Papier und die Vollmacht dazu hat sie. Mit dem Aufkauf weiterer Anleihen käme der Greenback in den Verkehr. Das Risiko des Gelddruckens wiederum liegt in einem Anstieg der Inflation.
Konsequenzen für deutsche Verbraucher
An dem von Donald Trump ausgerufenen Handelskrieg, auch mit der EU, wird deutlich, dass letztendlich auch deutsche Haushalte von den Entwicklungen in den USA betroffen sind. Steuererhöhungen auf Levi’s Jeans betreffen mehr Haushalte als eine Verteuerung von Harley Davidson Motorrädern. Die zögerliche Geldleihe der US-Banken untereinander hat zum Glück auf deutsche Banken noch keine Auswirkungen. Das Thema Anleihekauf durch die Fed könnte jedoch US-Anleihen für das eine oder andere Depot interessant machen, sollten die Renditen durch die dann folgende Verknappung steigen.
Dass es zu erneuten Bankenpleiten in größerem Umfang in den USA kommt, ist aktuell auszuschließen. Noch hat die Zentralbank Fed die Situation im Griff, zu ernsten Liquiditätsproblemen kam es in der jüngeren Vergangenheit nicht. Dass das eine oder andere nicht systemrelevante Geldhaus auf der Strecke bleibt, zählt im Bankensektor auch in Europa inzwischen zum Tagesgeschäft.
Quellen und weiterführende Links
(1) Die Presse – US-Banken trotz Geldflut knapp bei Kasse
(2) Welt – Durch diese Billion wird Amerika zur Gefahr für die Welt