Gibt es eine Immobilienblase in Deutschland?
Die Deutsche Bundesbank warnt mit einer gewissen Regelmäßigkeit davor, dass sich der Immobilienmarkt in Deutschland zu einer gewaltigen Blase entwickelt. Am 12. Januar 2022 regte die BaFin an, dass Banken bei der Vergabe für Wohnkredite restriktiver vorgehen sollten und sich darüber hinaus mit zusätzlichen Rücklagen gegen drohende Kreditausfälle absichern.
Der Bankenverband hat dem bereits widersprochen, da eine großzügige Kreditvergabe, auch im Bausektor, notwendig für eine konjunkturelle Erholung sei. Wie berechtigt sind die Forderungen und Schlussfolgerungen von Bundesbank und BaFin?
- Situation in Deutschland 2022 nicht mit Spanien oder USA im Jahr 2008 vergleichbar.
- Laut Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung befindet sich Deutschland in einer Tiefphase auf dem Immobilienmarkt.
- Die Zahl der fertiggestellten Wohneinheiten liegt nach wie vor unter dem tatsächlichen Bedarf.
- Die Preise für Bau oder Sanierung sind in den Jahren 2020 und 2021 stärker gestiegen als die Immobilienpreise selbst.
2008 – das Jahr, in dem in den USA die Immobilienblase platzte
2008 war das Jahr, in dem die Finanzkrise ihren Anfang nahm, ausgelöst durch das Platzen der Immobilienblase in den Vereinigten Staaten. Ein Blick auf unsere Grafik zeigt, wie die Immobilienblase in den USA aussah:
Allerdings gibt es einen Unterschied zur anderen Seite des Atlantiks. Dort zogen die Preise für Immobilien wieder rasant an, während die Kurve in Spanien deutlich flacher verlief. Wie sah es in Deutschland aus? Das Hören-Sagen, der Immobilienmarkt in Deutschland sei preismäßig explodiert, ist etwas anderes als belastbare Statistiken. Werfen wir einen Blick auf die Entwicklung hierzulande:
Das Jahr 2008, das andernorts für Katastrophen am Immobilienmarkt sorgte, ging am deutschen Markt völlig unaufgeregt vorbei. Ein Abschwung begann schon Jahre vorher, kurz nach der Jahrtausendwende und verlief äußerst moderat. Von einem Kollaps oder einer geplatzten Blase kann man beim besten Willen nicht sprechen. Der Anstieg erfolgte dann im Vergleich zum Ausland deutlich zeitversetzt.
Wie sind jedoch die Indikatoren, dass es in Deutschland jetzt zu einem Kollaps kommt?
Zahlen der Baubranche geben Auskunft über das Risiko einer Immobilienkrise
Betrachten wir zunächst einmal die Aktivitäten auf dem Wohnungsmarkt in den letzten Jahren. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat in seinem Beitrag “Wohnungs- und Immobilienmärkte in Deutschland 2020” die Daten seit 1999 analysiert und den Zeitraum folgendermaßen charakterisiert:
(1)
Ein Index für eine Überhitzung des Immobilienmarktes ist die Anzahl der Transaktionen. Und diese sind in der 2. Tiefphase deutlich zurückgegangen. Im Jahr 2020 wurden laut Statista in Deutschland rund 290.000 Eigenheime verkauft (2).
Allerdings ist es spannend, den Transaktionszahlen einmal die dafür gezahlten Summen gegenüberzustellen:
(3)
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Unstrittig ist, dass es in der Zeit zwischen 2009 und 2018 zu einer drastischen Verteuerung über alle Immobilienarten kam.
Ein weiterer Blick, der ein wenig Erkenntnis in die Situation des Wohnungsmarktes bringt, ist die Bauleistung. Hier die Aufteilung zwischen Neubauten und Sanierungsmaßnahmen:
Die jeweiligen Anteile sind fast stabil, ein explosionsartiger Anstieg bei den Neubauten, der den Markt überschwemmen würde, findet nicht statt.
Interessant ist auch, dass die Baukosten von November 2020 zu November 2021 mit 14,4 Prozent stärker angezogen haben (5), als die Immobilienpreise mit durchschnittlich 10,9 Prozent (6). Einhergehend mit dem Mangel an Rohstoffen wie Holz oder Metall ist dies ein Indiz für sinkende Neubautätigkeiten. Das heißt wiederum, dass es auf dem Markt keinen Überhang gibt, der am Ende die Preise wegbrechen lässt.
Ein weiterer Faktor, den die ARD-Tagesschau am 27.5.2021 beleuchtete, war die Relation zwischen neugebauten Wohnungen und dem tatsächlichen Bedarf. Im Jahr 2020 wurden laut dem Beitrag 306.376 fertiggestellt, immerhin 4,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Aber, und das zeigt, dass die Nachfrage nach Wohnraum ungebrochen anhält, es müssen jedes Jahr, Zeitraum unbekannt, weitere 350.000 bis 400.000 Einheiten fertiggestellt werden, um die Differenz zwischen Nachfrage und Angebot auszugleichen.
Weiterführende Informationen:
- BBSR: Wohnungs- und Immobilienmarktbericht 2020
- Statista: Anzahl der verkauften Eigenheime in Deutschland 2020
- Gutachterausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland: Immobericht 2019, S. 20
- Gutachterausschüsse in der Bundesrepublik Deutschland: Immobericht 2019, S. 21
- DESTATIS: Entwicklung Baukosten 2021
- Das Haus: Immobilienpreise 2021