Bundesregierung mit konkreten Plänen zur Grundsteuerreform
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wartet mit konkreten Plänen zu der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Reform zur Grundsteuerermittlung auf. Die Karlsruher Richter nannten es verfassungswidrig, dass in Ostdeutschland und Westdeutschland unterschiedliche Werte als Bemessungsgrundlage genutzt wurden. Die Verfassungsrichter forderten eine Reform bis 2019 und die Umsetzung bis 2025. Wie stellen sich die Pläne von Olaf Scholz dar und wie sind sie zu bewerten?
- Olaf Scholz plant Kaltmieten als Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer.
- Die Umsetzung ist zweifelhaft, da die Finanzämter kontinuierlich nacharbeiten müssten.
- Die Finanzierung der Grundsteuer durch Mieter ist bei diesem Modell bestreitbar.
Drei Grundsteuerreform-Möglichkeiten – die Vierte soll umgesetzt werden
Drei Vorschläge für eine Gesetzesnovelle standen ursprünglich zur Diskussion: Seitens der Bundesländer dienten das Verkehrswertmodell, das Äquivalenzmodell und das Bodenwertmodell (1). Allen drei Modellen lag zugrunde, dass sie vergleichsweise ohne großen bürokratischen Aufwand hätten umgesetzt werden können. Alleine der Bestand an Wohngebäuden betrug im Jahr 2017 rund 19,5 Millionen (2). Diese beinhalten ca 38 Millionen Wohnungen (3). Dazu kommen noch gewerblich genutzte Immobilien und unbebaute Grundstücke. Es lässt sich erahnen, mit welchem Verwaltungsaufwand für die Finanzbehörden die Neueinstufung verbunden sein wird.
Nun hat sich Olaf Scholz allerdings zu einer vierten Variante entschieden, welche sicherstellen würde, dass die Mitarbeiter der Finanzämter auf Jahre hinaus mit der Grundsteuerermittlung beschäftigt wären.
Lag bei einer Wohnanlage mit 20 Einheiten bislang der Objektwert als Bemessungsgrundlage vor, soll jetzt jede einzelne Wohneinheit individuell Berücksichtigung finden. Als Berechnungsgrundlage wäre die Kaltmiete ausschlaggebend. Da sich die Mieten jedoch ändern, plant Scholz eine Neuberechnung der Grundsteuer bei Mieterwechsel bzw. bei gleichbleibenden Mietern alle sieben Jahre. Bei aktuell rund 38 Millionen Wohnungen, Einfamilienhäuser unberücksichtigt, steht seitens der Finanzämter schon jetzt Personalmangel ins Haus.
Grundsteuer als wichtige Einnahmequelle der Kommunen
Mit einem Volumen von rund 14 Milliarden Euro stellt die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmen für die Kommunen dar. Auf den ersten Blick können sich die Stadtkämmerer die Hände reiben. Das neue Ermittlungsverfahren würde bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen die Einnahmen in die Höhe schießen lassen. Klar ist, dass es zu einer Erhöhung der Grundsteuer käme.
Allerdings zählt die Grundsteuer zu den umlagefähigen Nebenkosten. Die Warmmiete würde in den Regionen, die bereits eine hohe Kaltmiete aufweisen, Wohnen zu einem Luxus machen. Eine hohe Kaltmiete würde nach der Idee des Finanzministeriums auch eine hohe Grundsteuer und damit eine höhere Warmmiete mit sich bringen.
Während das Bodenwertmodell diejenigen bestrafen würde, die ein Grundstück brachliegen lassen, wäre die Berechnung auf Basis der Kaltmiete für Spekulanten ein Gewinn. Noch steht die Einführung der Grundsteuer C nur im Koalitionsvertrag. Diese soll nicht genutzte Wohngrundstücke höher besteuern, um eben Spekulationen Einhalt zu gebieten.
Was planen die Kommunen?
Die Umsetzung der Idee des Finanzministers würde von den Kommunen fordern, dass sie sowohl an der Stellschraube Steuermessbetrag als auch am Hebesatz drehen. Anders wäre die Kaltmietenvariante nicht umsetzbar.
Angenommen, ein Fünffamilienhaus hat einen Einheitswert von 40.000 Euro bei einem Steuermessbetrag von 2,6 Promille. Bei einem Hebesatz der Gemeine von 440 Euro ergibt sich eine Grundsteuer von 457,60 Euro. Wäre jede der fünf Wohnungen für 1.000 Euro monatlich kalt vermietet, beliefe sich die Berechnungsgrundlage auf 60.000 Euro. Der Steuermessbetrag von 156 Euro führt zu einer Gesamtsumme von 686 Euro, 150 Prozent der früheren Besteuerung.
Für Eigenheimbesitzer dürfte es ebenfalls zu einem bösen Erwachen kommen. Berechnungsgrundlage wäre die zu erzielende Kaltmiete. Wer sich in den achtziger Jahren in einer damals noch unattraktiven Randlage einer Metropole den Wunsch vom Eigenheim erfüllte, erfreut sich heute vermutlich einer äußerst attraktiven Wertsteigerung seiner Immobilie. Leider schossen die Mieten in den Randlagen ebenfalls nach oben. Eine erhebliche Verteuerung der Grundsteuer wäre nach dem Modell von Olaf Scholz nicht auszuschließen.
Bedauerlicherweise gab es bislang von kommunaler Seite her noch keine Reaktion auf diese vierte Berechnungsvariante.
Vor dem Hintergrund, dass die Länderkammer bei der Gesetzgebung mitredet, bleibt zu hoffen, dass dieses Modell auf der Strecke bleibt. Der Bundesrat sollte sich auf eine einfache, unkomplizierte, administrativ schlichte und vor allem für die Nutzer von Wohnraum, Mieter und Eigentümer, bezahlbare Lösung einigen.
Quellen und weiterführende Links
(1) Destatis (Statistisches Bundesamt) – Gebäude und Wohnungen
(2) Statista – So viele Wohnungen gibt es in Deutschland