Grundsteuerreform weit von der Umsetzung entfernt
Das Kanzleramt hat durchblicken lassen, dass der Gesetzentwurf von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) in der vorliegenden Fassung im Mai 2019 kaum zur Ressortabstimmung käme. Am 10. Mai will sich der Finanzminister mit vier Verfassungsexperten und den Finanzministern von Rheinland-Pfalz, Bayern und Hessen treffen, um die von Bayern angestrebte „Öffnungsklausel“ auf Umsetzbarkeit zu prüfen. Mit dieser Klausel soll es Bayern ermöglicht werden, einen eigenen Weg zu gehen.
- Die Zeit für die Grundsteuerreform wird knap.
- Vorschlag von Finanzminister Scholz findet aktuell keine Zustimmung
- Bayern beharrt auf Öffnungsklausel für ländereigene Umsetzung
- Grundsteuer entfällt, wenn bis zum 31.12.2019 kein Gesetz vorliegt
Die Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer – keine Einigung in Sicht
Streitpunkt bei der Vorlage eines Gesetzes zur Neuordnung der Grundsteuer ist die Berechnungsgrundlage (1). Während die einen lediglich die Größe der zu besteuernden Liegenschaften berücksichtigen wollen, suchen andere nach einer Lösung, wie der Wert eines Hauses miteinfließen kann. Rein auf die Größe abgestellt, würde ein 1.000 qm großes Grundstück mit 150 qm Wohnfläche im Oderbruch höher besteuert, als ein 500 qm großes Grundstück mit 100 qm Wohnfläche in München.
Wer will was bei der Grundsteuer?
Die Grundsteuer, in der bisherigen Form vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig als nichtig erklärt, zählt zu den wichtigsten Einnahmen der Kommunen. Hinsichtlich der Neuordnung muss allerdings nicht nur parteiintern eine Linie gefunden werden, die Bundesländer haben ebenfalls eigene Vorstellungen. Dem Bodenwertmodell und dem Verkehrswertmodell stellte Scholz die Kaltmiete, bei selbst genutzten Immobilien die theoretisch zu erzielende Kaltmiete als Berechnungsgrundlage gegenüber. Bei der Findung eines Konsens läuft Berlin langsam aber sicher die Zeit davon. Wird bis zum 31.12.2019 kein neues Gesetz verabschiedet, gibt es keine Grundsteuer mehr in Deutschland – für die Kommunen ein nicht zu stopfendes Loch in der Haushaltskasse.
AfD will Grundsteuer abschaffen
Seitens der AfD kam die Forderung, die Grundsteuer vollständig abzuschaffen. Eine Kompensation der Einnahmeverluste für die Gemeinden solle über ein Hebesatzrecht bei der Einkommensteuer erfolgen. Die Union sieht dies jedoch als einen Angriff auf die kommunale Eigenständigkeit. Außerdem würde der Wegfall der Grundsteuer den Bund mit rund 14 Milliarden Euro belasten.
FDP für rein flächenbasiertes Modell
Die Freien Demokraten konterkarieren das Scholzsche Modell vollumfänglich. Sie plädieren für eine rein flächenbasierte Berechnungsgrundlage, die sowohl die Grund- als auch die Nutzfläche des Grundstücks berücksichtigt.
Grüne mit Kompromissvorschlag
Die grüne Finanzministerin von Schleswig-Holstein, Monika Heinold, favorisiert ein Immobilienwertmodell, welches aber auch die pauschalen Mieten und die Bodenrichtwerttabellen berücksichtigen soll.
Linke will Grundsteuer „C“
Losgelöst von der Debatte, welche Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer herangezogen werden soll, plädiert die Linke für die Einführung einer Grundsteuer „C“. Diese soll auf Bauland erhoben werden, welches aus Spekulationsgründen nicht genutzt wird. Die Partei verspricht sich von dieser „Strafsteuer“, dass der Wohnungsbau angekurbelt würde.
CDU / CSU suchen Sonderweg
Die Union favorisiert eine flächenabhängige Berechnung, damit Wohnen nicht noch teurer wird. Die CSU wünscht im kommenden Gesetz eine Öffnungsklausel, um sich losgelöst vom Bundesrecht einen bayerischen Umsetzungsweg zu ebnen – Freistaat eben.
Die verwaltungstechnische Problematik
Die wertabhängige Ermittlung der Grundsteuer wäre für zahlreiche Finanzbeamte die Lebensaufgabe schlecht hin. Mieten und Kaufpreise sind Veränderungen unterworfen, die aktuell nur nach oben abzielen. Um die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Gleichbehandlung bei der Grundsteuer sicherzustellen, müssten alle Immobilien und Grundstücke im regelmäßigen Turnus neu bewertet werden. Schon heute stellt sich die Frage, wie die Finanzbehörden es bewerkstelligen sollen, das Scholzsche Modell umzusetzen. Für die Neubewertung bedürfte es tausender zusätzlicher Finanzbeamter, die laut eigener Aussage des Bundesfinanzministeriums in den kommenden Jahren Personalkosten von rund 538 Millionen Euro verursachen würden.
Die Idee von Olaf Scholz, die Grundsteuer am Wert der Immobilie festzumachen, ist für einen Sozialdemokraten absolut legitim. Die Grundsteuer von der Miete abhängig zu machen, dürfte jedoch nicht nur weite Teile der sozialdemokratischen Klientel verschrecken. Bei einer rein wertabhängigen Besteuerung wären die Mieter in den Ballungszentren die Abgestraften, da die Grundsteuer zu den Mietnebenkosten zählt.
Quellen und weiterführende Links
(1) Handelsblatt – Union lehnt Grundsteuer-Kompromiss von Scholz ab