Steigende oder fallende Immobilienpreise – was bringt 2019?
Kaum ein anderes Finanzthema wurde in den letzten Jahren so heiß diskutiert wie die Entwicklung des Immobilienmarkts in Europa und somit auch in Deutschland. Preissteigerungen von über fünf Prozent pro Jahr, ein Kaufpreis, welcher der 30fachen Jahresmiete entspricht – diese Entwicklung war für viele Menschen bitter.
- EZB und „Rat der Immobilienweisen“ erwarten rückläufige Immobilienpreise
- Ein Zinsanstieg bei Baufinanzierungen wird für 2019 nicht ausgeschlossen
- Die Kaufpreisentwicklung fällt nach wie vor regional stark unterschiedlich aus
- Postbank Wohnatlas 2018 geht bis 2030 von weiterhin steigenden Preisen in den Ballungszentren aus
Die Ausgangslage auf dem Immobilienmarkt
Die EZB hatte als Folge der Finanzkrise die Zinsen auf null und darunter gesenkt. Investoren zogen sich aus festverzinslichen Anlagen zurück und suchten Alternativen. Der Immobilienmarkt bot sie, die Nachfrage stieg jedoch schneller, als das Angebot mithalten konnte. Finanzierungskonditionen wie aus dem Märchenbuch gaben dem Boom die finale Unterstützung. Schon seit 2016 warnte die Bundesbank vor einer Überhitzung des Marktes. Die Immobilienverbände hielten dagegen, dass die Preissteigerungen völlig marktkonform seien. Anfang November 2018 traten die Immobilienexperten der EZB auf den Plan. Die Preisentwicklung der letzten Jahre war weltweit bemerkenswert:
Das Gremium legte in seiner Analyse dar, weshalb sich der Aufwärtstrend der Immobilienpreise abschwächen wird (1). Hauptursache sei eine leichte Abkühlung des Wirtschaftswachstums in der EU und ein vermutlicher Zinsanstieg im Jahr 2019 (2).
Deutliche regionale Unterschiede bei Immobilienpreisen
Eine Abschwächung des Preisanstiegs bedeutet aber nicht zwangsläufig bundesweit einen Rückgang der Preise. Dort, wo der Kaufpreis für Immobilien bisher überproportional in die Höhe geschossen ist, werden die Preise vermutlich langsamer anziehen. Nur in den Regionen, die bislang auch schon nicht so von der Preisexplosion betroffen waren, kommt es zu sinkenden Erwerbskosten. Dies wird vor allem in Ostdeutschland der Fall sein, Ausnahmen stellen Leipzig, Dresden und Berlin dar. Allerdings sieht der Rat der Immobilienweisen auch Preisrückgänge in den Metropolen, sogar in München. Wie sich der Markt in Frankfurt entwickelt, hängt letztendlich auch davon ab, ob und wie der Brexit umgesetzt wird.
Der Rückgang der Preisentwicklung hat in den Ballungszentren laut dem Rat der Immobilienweisen zwei Gründe:
- Der Zuzug in die Metropolen verlangsamt sich.
- In den vergangenen Jahren wurden deutlich mehr Baugenehmigungen erteilt, eine stark wachsende Anzahl an Fertigstellungen ist die Folge. Während in Berlin im Jahr 2014 nur 8.700 Wohneinheiten fertiggestellt wurden, waren es im Jahr 2018 schon rund 18.700 (3).
Wer die Neubausituation in Berlin kennt, weiß, dass das Gros der Wohnungssuchenden kaum beispielsweise 683.700 Euro für 108 Quadratmeter Neubauwohnung in Berlin-Friedrichshain aufbringen kann. Gerade in Berlin geht das Angebot deutlich an der Nachfrage vorbei.
Als weiterer Grund für ein Nachgeben der Preise stehen erwartete Zinssteigerungen im Baufinanzierungssektor im Raum.
Stagnierende Preise – auf hohem Niveau
Angenommen, es kommt zu einem Preisrückgang. Dann wird dieser nicht zur Folge haben, dass der Wert eines Objekts, der im Jahr 2018 noch 500.000 Euro beträgt, im Jahr 2020 auf 250.000 Euro fallen wird. Das folgende Beispiel soll jedoch die aktuelle Absurdität am Immobilienmarkt verdeutlichen:
In der Hochtaunusgemeinde Friedrichsdorf, keine 20 Kilometer von Frankfurt am Main entfernt, entsteht seit 2015 eine Wohnanlage. Diese setzt sich aus Stadtvillen, Doppelhäusern, Reihenhäusern, Eigentumswohnungen und einem Seniorenzentrum zusammen. Die Objekte entsprechen allesamt dem KfW-Energieeffizienzstandard 55. Zielgruppe für ein Doppelhaus mit 160 Quadratmeter Wohnfläche und einem Grundstück mit 193 Quadratmetern sind junge Familien. Der Kaufpreis beträgt 690.000 Euro zuzüglich Grunderwerbsteuer von 41.400 Euro und ca 10.000 Euro für Notar und Gericht. Die Hälfte der Objekte ist reserviert, das teuerste Haus schlägt mit 830.000 Euro zu Buche.
Bezahlbarer Wohnraum wird das Thema bleiben
Es nützt also wenig, wenn sich der „Rat der Immobilienweisen“ über die Zahl der Fertigstellungen freut, es müssen auch für die breite Masse bezahlbare Einheiten darunter sein. Ein Durchschnittsverdiener wird in der oben angeführten Wohnanlage in Friedrichsdorf selbst mit Baukindergeld nicht sehr weit kommen.
Der Wohnatlas 2018 der Postbank zeigt weniger rosige Trends auf als die der Immobilienweisen:
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Handlungsempfehlung: Kaufen oder lassen?
Immerhin reichen die Prognosen der Postbank bis zum Jahr 2030. Als Handlungsempfehlung wäre der Tipp „abwarten und Tee trinken“ nur die zweitbeste Lösung. Prognosen sind schön und gut, lassen aber auch Abweichungen zu. Sinken die Immobilienpreise so stark, dass sie einen möglichen Anstieg der Zinsen kompensieren? Oder steigen die Zinsen in einem Maße, dass Immobilienerwerb trotz stagnierender oder nachgebender Preise noch teurer wird?
Wer auf der sicheren Seite sein möchte, akzeptiert das aktuelle Preisniveau, realisiert sein Erwerbsvorhaben und sichert sich langfristig die (noch) historisch niedrigen Zinsen.
Quellen und weiterführende Links
(1) Business Insider – EZB-Experten erwarten Abschwächung des Immobilienbooms
(2) Anlegen in Immobilien – EZB erwartet Abschwächung des Immobilien-Booms
(3) Handelsblatt – Immobilienkäufer können mit sinkenden Preisen rechnen