Immobilienpreise steigen auf lange Sicht
Mario Drahgi strebt eine Inflationsrate von um die zwei Prozent an. Wäre der Immobilienmarkt das einzige Maß für die Kaufkraftentwicklung, würden ihm die Haare zu Berge stehen, zumindest in Deutschland.
Die Preissteigerungen beim Betongold sind geradezu unglaublich, wie die neueste Studie des GEWOS Institut für Raum-, Stadt- und Wohnforschung GmbH in einer Analyse der Jahre 2010 bis 2016 aufzeigt. Wie sieht die Entwicklung im Einzelnen aus?
In München nichts Neues
München weist zwar nicht die höchsten Teuerungsraten im Immobilienmarkt auf, aber nach wie vor die höchsten Preise. Wie GEWOS ermittelte, bedarf es heute 31 Jahresgehälter, um eine Immobilie zu finanzieren. Bundesweit stiegen die Immobilienpreise im Jahr 2016 im Durchschnitt um 8 Prozent.
Preisentwicklung für Eigentumswohnungen (Neubau/Erstverkauf) seit 2007 | |||
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Kaufpreis 2016 in Euro/m² | Veränderung 2007-2016 | Veränderung 2015-2016 | |
München | 7.200 | + 103 % | + 14 % |
Stuttgart | 5.500 | + 91 % | + 8 % |
Frankfurt/Main | 4.800 | + 66 % | + 9 % |
Berlin | 4.500 | + 91 % | + 5 % |
Hamburg | 4.400 | + 77 % | + 6 % |
Münster | 4.300 | + 98 % | + 12 % |
Düsseldorf | 4.300 | + 72 % | ± 0 % |
Köln | 4.100 | + 72 % | + 9 % |
Hannover | 4.100 | + 58 % | + 17 % |
Nürnberg | 4.000 | + 69 % | + 11 % |
Bremen | 3.900 | + 86 % | + 13 % |
Bonn | 3.600 | + 45 % | + 7 % |
Leipzig | 3.500 | + 58 % | + 10 % |
Dresden | 3.100 | + 48 % | + 4 % |
Essen | 3.000 | + 32 % | + 2 % |
Dortmund | 2.900 | + 43 % | – 2 % |
Bochum | 2.900 | + 40 % | + 5 % |
Wuppertal | 2.900 | + 44 % | + 4 % |
Duisburg | 2.900 | + 41 % | + 23 % |
Bielefeld | 2.700 | + 42 % | + 8 % |
Deutschland | + 74 % | + 8 % |
Quelle: Gutachterausschüsse für Grundstückswerte, GEWOS
Zum zweiten Mal nach 2015 (213,9 Mrd. Euro) wurde damit ein Umsatzvolumen von über 200 Milliarden Euro, genau 225,4 Milliarden Euro, erzielt. Der Geldumsatz im Immobiliensektor stieg um 5 Prozent. Neubaueigentumswohnungen verteuerten sich gegenüber dem Jahr 2007 um unglaubliche 74 Prozent.
Einer der Gründe für die massiven Preissteigerungen liegt zweifelsfrei im generellen Wachstum des Immobilienmarktes. Die Geldumsätze stiegen im Zeitraum zwischen 2010 und 2016 um 96 Prozent. Die Entwicklung der Kaufkraft ist weit davon entfernt, bei der Entwicklung der Immobilienpreise mitzuhalten.
Spitzenreiter in der Preisentwicklung ist nach wie vor Stuttgart. Trotz der hohen Umweltbelastung verzeichnet die Stadt nach wie vor Zuzüge und damit den Bedarf an Wohnraum.
Preisentwicklung bei Immobilien regional unterschiedlich
Die Tatsache, dass München Spitzenreiter bei Immobilienpreisen ist, bedeutet im Umkehrschluss natürlich auch, dass es Regionen mit günstigeren Angeboten gibt.
Quelle: obs/GEWOS GmbH
Der Preissteigerungsindex fällt in vielen Teilen Deutschlands fast schon moderat aus, noch sind die orange bis dunkelroten Flecken auf einige wenige, dafür prominente Regionen, konzentriert. Der GEWOS-KPI stellt Kaufpreis und frei verfügbares Haushaltseinkommen in Relation zueinander.
Als Gründe für die anhaltende Nachfrage sieht das Institut zum einen die sehr günstigen Rahmenbedingungen für die Finanzierung, aber auch den durch Zuwanderung stark gestiegenen Bedarf an Wohnraum. Dazu kommen noch eine stabile Binnenwirtschaft und ein gut aufgestellter Arbeitsmarkt. Arbeitsplatzstabilität ermuntert mehr Verbraucher, eine Finanzierung einzugehen.
Auf der Basis der bisherigen Entwicklung rechnet GEWOS damit, dass Ende des Jahres 2017 der Umsatz bei Immobilientransaktionen bei 238 Milliarden Euro auslaufen wird, gegenüber dem Vorjahr ein Plus von sechs Prozent.
Unterschiedliche Entwicklung bei Wohnungen und Einfamilienhäusern
Bei Eigentumswohnungen respektive Mehrfamilienhäusern und Ein- und Zweifamilienhäusern ist die Entwicklung allerdings gegenläufig. Am umsatzstärksten schneidet der Teilmarkt von Eigentumswohnungen ab. Das Umsatzvolumen dürfte Ende 2017 bei 66,5 Milliarden Euro liegen, ein Zuwachs von acht Prozent gegenüber 2016.
Anders sieht es dagegen bei Einfamilienhäusern aus. Im Rekordjahr 2015 lag die Zahl der verkauften Einheiten bei 247.000. Im Jahr 2016 verzeichnete dieser Teilmarkt einen Rückgang von 2.000 Einheiten, ein Minus von einem Prozent. Für das Jahr 2017 rechnet GEWOS mit einem weiteren Rückgang um vier Prozent. Die gestiegenen Preise sorgten in der Summe dafür, dass das Umsatzvolumen jedoch auf 58,3 Milliarden Euro ansteigt.
Der Hauspreisindex EPX
Während GEWOS für das Jahr 2017 noch mit Prognosen arbeitet, legt der „Europace Hauspreisindex (EPX)“ bereits die abgewickelten Geschäfte in Deutschland im laufenden Jahr zugrunde.
Dieser Index basiert auf den tatsächlich vermittelten Immobilienfinanzierungen über die Plattform Europace. Der Index selbst wurde im Jahr 2005 in Kooperation mit dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung begründet. Es erfolgt eine monatliche Aktualisierung der Daten.
In der Summe für neue Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser und dazu gehörenden Bestandsimmobilien sowie Eigentumswohnungen weist der Index auch für 2017, wie nicht anders zu erwarten, leicht steigende Zahlen auf. Auf das jeweilige Immobiliensegment heruntergebrochen, sind die Zahlen für Eigentumswohnungen jedoch leicht rückläufig.
Die Zahlen im Überblick:
Gesamtindex: leicht steigend
Monat | Indexwert | Veränderung zum Vormonat | Veränd. zum Vorjahresmonat |
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August 2017 | 140,22 | 0,16% | 5,69% |
Juli 2017 | 140,00 | 0,33% | 5,75% |
Juni 2017 | 139,53 | 1,04% | 6,50% |
Eigentumswohnungen: leicht sinkend
Monat | Indexwert | Veränderung zum Vormonat | Veränd. zum Vorjahresmonat |
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August 2017 | 142,61 | -0,31% | 5,98% |
Juli 2017 | 143,06 | -0,51% | 6,78% |
Juni 2017 | 143,80 | 1,75% | 8,65% |
Neue Ein- und Zweifamilienhäuser: unverändert
Monat | Indexwert | Veränderung zum Vormonat | Veränd. zum Vorjahresmonat |
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August 2017 | 150,99 | 0,01% | 6,75% |
Juli 2017 | 150,98 | 0,55% | 9,36% |
Juni 2017 | 150,15 | 0,71% | 11,44% |
Bestehende Ein- und Zweifamilienhäuser: steigend
Monat | Indexwert | Veränderung zum Vormonat | Veränd. zum Vorjahresmonat |
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August 2017 | 127,05 | 0,87% | 4,15% |
Juli 2017 | 125,95 | 1,04% | 0,66% |
Juni 2017 | 124,65 | 0,62% | -1,03% |
Quelle: Europace
Über den Jahreszeitraum gesehen, sind bis auf Bestandseinfamilien- und Zweifamilienhäuser im Monat Juni jedoch steigende Zahlen zu beobachten.
In der langfristigen Entwicklung seit 2009 hat nur ein Land eine stärkere Preisentwicklung bei Immobilien erfahren als Deutschland. In Schweden stiegen die Immobilienpreise um fast zwei Drittel, wie die folgende Grafik zeigt:
Quelle: Welt.de
Bei dem zitierten Hauspreisindex handelt es sich um einen Index der Wirtschaftszeitung „Economist“, der die Entwicklung der Immobilienpreise in 27 Ländern untersucht.
Geht man jedoch in das Jahr 1990 als Ausgangsjahr zurück, fallen die Preissteigerungen hierzulande geradezu moderat aus:
Quelle: Welt.de
Während sich die Preise in Schweden vervierfacht haben, beträgt der Anstieg in Deutschland gerade einmal 70 Prozent. Auf sehr lange Sicht ist also statistisch gesehen immer noch Luft nach oben. Das setzt allerdings voraus, dass sich die Preise für Immobilien nicht vollständig von den Steigerungen bei Mieten und Gehältern abkoppeln. Dies würde unweigerlich zu einer Blase am Markt führen, wenn gerade die Mietrenditen nicht mehr stimmig wären.