Kampf um Kreditkunden treibt immer absurdere Blüten
Mit Negativzinsen auf Spareinlagen wird kaum eine Bank neue Kunden gewinnen. Negativzinsen auf Kredite klingen in Bezug auf Marketingstrategien schon erfolgreicher. Der Kampf der großen Vergleichsportale Check24, Smava und Finanzcheck trat kurzzeitig in eine Phase ein, die nur noch Kopfschütteln hervorruft.
Minus 0,4 Prozent war vorgestern. Bald schon kamen minus 1,5 Prozent und dann minus 3 Prozent. Plötzlich flimmerten minus 5 Prozent für einen Kredit bei Check24 über den TV Bildschirm. Dann kamen die Hamburger: Was hatte Finanzcheck mit seiner -100 Prozent Zinsen Aktion im Sinn?
Minuszinsen bei Krediten schon seit Juli 2017
Bereits seit dem vergangenen Sommer bewerben Smava und Check24 Kleinkredite mit einer Summe von 1.000 bis 1.500 Euro und einer Laufzeit von 12 bis 36 Monaten mit negativen Zinsen. Zu Beginn waren es minus 0,4 Prozent, zwischenzeitlich buhlen sie mit minus fünf Prozent um neue Kundschaft.
Der Ansatz für den Kunden ist verlockend – 1.000 Euro leihen, 972,49 Euro zurückzahlen. Das ist der Deal, den Check24 zurzeit seinen Kunden anbietet, zumindest bis Mitte März 2018. Ob Smava nachzieht und noch einen Scheit aufs Feuer wirft, wagt man nicht zu beantworten.
Möglich sind diese Kreditangebote dadurch, dass die Vergleichsportale in Kooperation mit einer Bank einen gewissen Beitrag der Kreditrate des Kunden übernehmen. Es mögen nur wenige Euro je Kunde und Monat sein, doch das läppert sich.
In Wirklichkeit steckt also ein recht normal verzinster Kredit hinter den Lockangeboten. Doch die Kunden zahlen dank der Zuschüsse der Online-Marketer pro Monat eine vergünstigte Rate. Hier versteckt sich auch schon der tiefere Sinn der Aktion, denn aus reiner Nächstenliebe hat noch kein Unternehmen Geld an seine Kunden verschenkt.
Es handelt sich bei dem Angebot natürlich um Marketing-Aktion, mit den vermuteten Zielen, versteckt Kundendaten zu generieren und gleichzeitig die etablierten Bankhäuser sowie die Mittbewerber auf dem Online-Markt zu attackieren. Die Gelder für die Zuschüsse zu den Kreditraten stammen also mit hoher Wahrscheinlichkeit aus den Marketing-Budgets der Unternehmen.
Finanzcheck holte Ende Februar zum ganz großen Coup aus – 1.000 Euro für zwölf Monate leihen und nichts zurückzahlen. Keine Zinsen, keine Tilgung, nichts. Auch wenn das Angebot auf die ersten 100 Kunden beschränkt war, es löste an vielen Orten Verwirrung aus – nicht zuletzt bei den Mitarbeitern von Finanzcheck.
Was steckte dahinter?
Wer sich auf dem Finanzportal einloggte und Werbung für zins- und tilgungsfreie Kredite sah, war verleitet, den Kredit zu beantragen – „money for nothing“, wie es Dire Straits einst besangen.
Allerdings mussten die Antragsteller auch für diesen kostenfreien Kredit die üblichen Daten eingeben: Familienstand, Einkommen, die gesamten finanziellen Verhältnisse – alles. Eigentlich überflüssig für ein nicht rückzahlbares Darlehen, mag der Kunde denken.
Aber bekanntermaßen gibt es selten etwas für nichts. Mit der Hoffnung auf ein geschenktes Darlehen und der Angabe aller persönlichen Daten hat der Antragsteller alles geliefert, was das Portal Finanzcheck benötigt, um ihm künftig maßgeschneiderte Kredite, allerdings dann verzinst, anzubieten. Einhundert mal 1.000 macht 100.000 Euro – manche Marketingmaßnahme mag teurer und weniger erfolgversprechend sein.
Was verleitete Finanzcheck.de zu der Idee?
Moritz Thiele, CEO von Finanzcheck.de, kritisierte schon länger den Preiskampf unter den Vergleichsportalen und hielt sich bis dahin zurück. Kreditangebote mit negativen Zinsen seien auf Dauer für ein Unternehmen nicht nachhaltig.
Unter den betriebswirtschaftlichen Aspekten einer Bank macht die Aussage durchaus Sinn. Mit der Aktion wollte er laut Aussage gegenüber dem Handelsblatt auf die Absurdität der negativen Kreditzinsen als Marketinginstrument aufmerksam machen und provozieren (1).
Allerdings hatte die Maßnahme manchen Haken. So erschien am Ende der Antragsstrecke nicht „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen“, sondern die Rate für das Darlehen und die Rückzahlungsmodalitäten. Die Telefonhotline schien durch mangelnde Information überfordert, die Pressesprecherin von Finanzcheck.de hatte wohl einen ihrer arbeitsreicheren Tage zu verzeichnen. Sie teilte mit, dass die Gewinner, also die ersten 100 Antragsteller, per E-Mail benachrichtigt würden.
Am Abend des 27.2.2018, dem Tag der minus 100 Prozent Zinsen Aktion bei Finanzcheck.de kehrte nicht nur wieder Ruhe ein. Das Portal hatte auch seine Startseite aktualisiert: Null Prozent effektiver Jahreszins für 1.000 Euro Darlehenssumme bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.
Zumindest hebt sich Moritz Thiele im Kampf um die Kunden dahingehend von seinen Mitbewerbern ab, dass er keine negativen Zinsen mehr aufruft. Gleichzeitig scheint er aber einzusehen, dass er sich auch anpassen musste.
Angebote über Minuszinskredite in der Kritik
Das Kreditgeschäft als solches fußt auf dem banalen Prinzip, günstiges Geld einzunehmen und teurer zu verleihen. Daher gibt es einen Unterschied zwischen Spar- und Kreditzinsen. Das ist nicht nur legitim, sondern auch die Existenzgrundlage aller Banken und Sparkassen. Ein negativer Kreditzins führt daher unweigerlich ins Leere.
„Entsprechende Kredite sind in der Regel nur für eine Kundenschicht abschließbar, die eigentlich keinen Kredit benötigt“, erklärt Daniel Franke, Betreiber des Fachportals Kreditvergleich.net. Voraussetzungen für einen Minuszins-Kredit sind eine sehr gute Bonität und eine maximal weiße SCHUFA-Weste. „Darüber hinaus ist der Rahmen mit 1.000 Euro eher eng gesetzt. Die durchschnittliche Kredithöhe bei Rahmenkrediten liegt bei ca. 10.000 Euro“, so Daniel Franke weiter. „Die Kreditzinsen für die übrige Klientel liegen zwischen ca. 1,95 und 6,99 % – das ist die Realität.“
Quellen und weiterführende Links
(1) Handelsblatt – Wie ich 1000 Euro zu minus 100 Prozent Zinsen bekam