Kappungsgrenze in Berlin vom BGH bestätigt
Der achte Senat des BGH hatte am 4. November 2015 über die Klage eines Berliner Vermieters zu entscheiden (BGH VIII ZR 217/14). Dieser hatte in einem laufenden Mietvertrag vom Mieter eine Mieterhöhung von 20 Prozent verlangt.
Da der Berliner Senat jedoch für die gesamte Stadt eine Gefährdung hinsichtlich des Wegfalls bezahlbaren Wohnraums befürchtete, wurde die Kappungsgrenze auf 15 Prozent für die Dauer von fünf Jahren gesenkt. Dagegen hatte der Vermieter geklagt).
Worüber hatte der BGH zu urteilen
Der Fokus des BGH lag auf zwei Punkten. Zum einen galt es zu beurteilen, inwieweit der Berliner Senat die richtigen Indikatoren für die Gefährdung eines überdurchschnittlichen Mietpreisanstiegs gewählt hatte, zum anderen galt es, den Schutz des Eigentums gemäß Grundgesetz zu prüfen.
Bezüglich des Schutzes des Eigentums verwiesen die Richter auf den Absatz 2 von Artikel 14 GG, der besagt, dass Eigentum auch verpflichtet. In diesem Fall diente die Verpflichtung dazu, die Kappungsgrenze für die Miete nicht durch einen vom Vermieter individuell unterzeichneten Vertrag zu umgehen. Artikel 14, 2 GG dient in diesem Fall als Leitplanke, innerhalb der sich ein Wohnungsinhaber bewegen muss.
Ist Berlin ein Sonderfall?
Hinsichtlich der Fläche des gefährdeten Bereichs gesteht der BGH dem Senat der Stadt Berlin zu, das gesamte Stadtgebiet als gefährdet einzustufen. Ebenso wenig monierten die Richter die ausgewählten Indikatoren. Der Kläger seinerseits hatte abweichendes Datenmaterial zur Begründung herangezogen, musste sich aber vorhalten lassen, dass dieses für eine völlig andere Erhebung genutzt wurde. Es ist auch nicht Sache des Gerichts, ein eigenes Bewertungsmuster zu erstellen. Aufgabe ist es ausschließlich, die empirische Vorgehensweise des Senats auf Sinnhaftigkeit zu überprüfen.
Die vom Kläger verlangte Einschränkung der Gebieter, für welche die Kappungsgrenzenverordnung gelten solle, können in einem Ballungsgebiet wie Berlin mit Industrie und Universitäten keine Lösung sein. Hier sei die Ausdehnung auf das gesamte Stadtgebiet völlig legitim, so die Richter. Eine Eingrenzung würde nicht zu einer Verlangsamung des Mietpreisanstiegs in den nicht als gefährdet ausgewiesenen Bezirken führen.
Darüber hinaus betonte der BGH, dass den Ländern durch den § 558 BGB ein demokratisch legitimiertes Mittel an die Hand gegeben wurde, um bezahlbaren Wohnraum für die breite Masse der Bevölkerung sicherzustellen. Die verfassungsmäßigen Rechte des Eigentümers würden damit in keiner Weise berührt.
Welche Wirkungen kann das Urteil haben?
Was bedeutet dieses Urteil für die Kommunen und die Mieter? Zunächst einmal wird beiden Seiten der Rücken gestärkt. Es obliegt den Kommunen, zu definieren, ob nur Teile einer Stadt oder die gesamte Stadt unter die Kappungsgrenzenverordnung fällt. Darüber hinaus wird das Allgemeinwohl, in diesem Fall bezahlbarer Wohnraum, über das Eigentum des Einzelnen gestellt. Dabei greift der § 558 BGB aber nicht in den grundgesetzlich verankerten Schutz des Eigentums ein, sondern nutzt lediglich die im Artikel 14 GG definierten Grenzen.
Mieter müssen sich nicht auf „Deals“ mit ihren Vermietern einlassen und im Rahmen der Kappungsgrenzenverordnung von der herrschenden Rechtslage in der Kommune abweichende Mieterhöhungen akzeptieren.
Vor dem Hintergrund der Mietpreisentwicklung in vielen Regionen Deutschlands kann man Vermieter nicht unbedingt als Verlierer bezeichnen, wenn nur eine Anpassung der Mieten von nur 15 statt 20 Prozent möglich ist.