Bund prüft erneut Deckel für Provisionen
Restschuldversicherungen (RSV) bei Krediten sind für die Banken fast noch lohnender als der Kredit selbst. Während bei einem Darlehen noch ein Kreditausfallrisiko besteht, bedeutet eine Restschuldversicherung nur Geld, keine Arbeit und kein Risiko. Für den Kreditnehmer bedeutet eine Restschuldversicherung einen Mehraufwand für sein Darlehen zwischen zehn und 20 Prozent. Wir erläutern das Konstrukt mit all seinen Fallstricken in unserem gesonderten Beitrag „Restschuldversicherung“.
Das Wichtigste in Kürze:
- Politik prüft erneut einen Provisionsdeckel für Restschuldversicherungen.
- Prämien für RSV sind häufig deutlich überteuert, Provisionen überschreiten teilweise die 60-Prozent-Marke.
- Kredite verteuern sich unnötig, da die Einmalprämie mitfinanziert wird.
- Nicht immer wird im Kreditgespräch deutlich, dass eine RSV nicht zwingend notwendig für die Kreditvergabe ist.
Was verdient eine Bank an der Restschuldversicherung?
Restschuldversicherungen bedeuten für die Bank eine doppelte Einnahmequelle. Der Beitrag für die Police wird als Einmalbeitrag auf die Kreditsumme aufgeschlagen und mitfinanziert. Das bringt zumindest noch ein wenig mehr Zinsertrag in die Bücher. Damit erhöht sich der langfristige ratierliche Ertrag. Zum anderen bringt eine Restschuldversicherung aber auch einen kurzfristigen Einmalertrag in Form von einer Provision. Und diese Provision macht die RSV so interessant.
Abhängig von der Rhetorik des Bankmitarbeiters geht mancher Kreditnehmer davon aus, dass das Darlehen ohne entsprechende Absicherung gar nicht gewährt würde. Die Süddeutsche Zeitung hat in ihrer Ausgabe vom 10. Februar 2021 einmal Zahlen genannt (1). Teilweise honorieren die Versicherer die Vermittlung der Police mit bis zu 50 Prozent des Beitrages. Das heißt, bei einer Prämie von 2.000 Euro entfallen 1.000 Euro auf die Provision für die Bank. Und – der Kredit erhöht sich um die 2.000 Euro für den Beitrag. Bei einer Deckelung der Provision auf 2,5 Prozent der Versicherungssumme würde sich der Vertrag um rund 800 Euro auf 1.200 Euro verbilligen, eine stolze Summe.
Der Beitrag für die RSV orientiert sich
- An der Höhe des Kredites
- Am Alter der zu versichernden Person
- An der Darlehenslaufzeit
- An den abgesicherten Risiken (Tod, Krankheit, Arbeitslosigkeit)
Bund prüft Provisionsdeckel
Einmal mehr hat die Praxis der Restschuldversicherung ihren Weg in den Bundestag gefunden. Schon öfter wurde versucht, dem Provisionswucher nicht nur bei diesem Produkt entgegenzuwirken. Bislang scheiterte ein Provisionsdeckel für Lebens- und Rentenversicherungen jeder Art an der Union. Bereits im Jahr 2019 lag der Vorschlag des Bundesfinanzministeriums für einen Provisionsdeckel vor (2). Im neuesten Anlauf stehen nur die Courtagen für die Restschuldversicherung auf dem Prüfstand.
Mit der Einführung des Produktinformationsblattes wurde den Versicherungsnehmern erstmals vor Augen gehalten, zumindest ungefähr, wie viel ihrer Beiträge für die Provisionszahlung verwendet werden. Die Rede ist von einer Abschlussprovision zwischen 2,5 Prozent und vier Prozent auf das gesamte Beitragsvolumen und einer laufenden „Beitragsbestandsprovision“ in Höhe von zwei Prozent auf den gezahlten Beitrag. Allerdings entfällt bei einer RSV die Beitragsbestandsprovision. Nur um die Zahlen zu verdeutlichen, ein kleines Rechenbeispiel:
Ein Versicherungsnehmer schließt mit 30 Jahren eine Rentenversicherung mit einem monatlichen Beitrag in Höhe von 200 Euro auf das Rentenbeginnalter mit 65 Jahren ab. Die Beitragssumme beläuft sich auf 200 * 12 * 35 = 84.000 Euro. Bei einer Abschlussprovision von vier Prozent erhält der Vermittler 3.360 Euro. Auf 2.400 Euro im Jahr gibt es noch einmal 35 Jahre lang zwei Prozent, 1.680 Euro, in der Summe fließen 5.040 Euro als Provision an den Vermittler, aber das nur am Rande, auch Versicherungsvertreter müssen leben.
Eine Rentenversicherung ist das eine, eine Restschuldversicherung mit einer schier unendlichen Anzahl an Klauseln, wann keine Leistung erbracht wird, das andere. In Großbritannien gerieten Restschuldversicherungen ebenfalls in das Kreuzfeuer der Justiz. Laut Süddeutscher Zeitung mussten die beteiligten Unternehmen aus der Finanzbranche bislang 38,3 Milliarden Pfund an vereinnahmten Prämien an die Versicherungsnehmer zurückzahlen. Ein Ende der Zahlungen ist noch nicht abzusehen.
In England wurde die Praxis eingeführt, dass die Restschuldversicherung erst eine Woche nach Abschluss des Kreditvertrages abgeschlossen werden kann. Hierzulande werden die Kreditnehmer eine Woche nach Vertragsabschluss auf ihr Widerrufsrecht hingewiesen. Allerdings haben die Schreiben eher den Charakter der Werbung in eigener Sache für die Bank, der Widerrufshinweis geht schon etwas unter.
Prämie fließt nicht in den Effektivzins mit ein
Bislang müssen die Banken die Prämie für die Restschuldversicherung auch nicht im Rahmen des effektiven Jahreszinses ausweisen. Dieser würde bei einigen Instituten regelrecht „durch die Decke gehen“ und die 20-Prozent-Marke durchbrechen. Grund ist, es handelt sich um zwei unterschiedliche Verträge und die RSV hat nicht zwingend etwas mit dem Kredit zu tun. Es wäre auch ein Gedanke, diese Rechtslage zu überdenken, da niemand eine Restschuldversicherung ohne Darlehen abschließt, auch wenn er es könnte.
Weiterführende Informationen
- Das verdienen Banken an Restschuldversicherungen – Süddeutsche Zeitung, 10.2.2021
- Bundesfinanzministerium wollte Provisionsdeckel schon 2019 – n-tv, 2.9.2020