Chef der lettischen Zentralbank wegen Korruptionsverdachts festgenommen
Aufgrund des dringenden Korruptionsverdachts wurde Ilmārs Rimšēvičs, Lettlands Zentralbankchef, festgenommen. Seit 2001 leitet er die Zentralbank und gehört seit 2014 dem EZB-Rat an.
Die Regierung befürchtet, dass Rimšēvičs dennoch sein Amt fortführen will und verlangt seinen Rücktritt. Was bedeutet das für die EZB?
Rücktrittsforderungen gegen Rimšēvičs
Am Wochenende wurde der Chef von Lettlands Zentralbank, Ilmārs Rimšēvičs, von einer lettischen Anti-Korruptionsbehörde vorübergehend festgenommen, nachdem am Freitag sein Büro sowie seine Wohnung durchsucht wurden. Der genaue Grund wurde noch nicht bekannt gegeben, allerdings soll es sich laut dem staatlichen Fernsehen um einen dringenden Korruptionsverdacht handeln. Das Büro für Korruptionsverhütung und -bekämpfung (KNAB) will im Laufe des Tages Einzelheiten auf einer Pressekonferenz bekannt geben.
Lettlands Ministerpräsident Māris Kučinskis befürwortet die Arbeit des KNAB und erklärte: „Im Moment haben weder ich noch andere Amtspersonen irgendeinen Grund, in die Arbeit von KNAB einzugreifen. Die Behörde arbeitet professionell und genau. Die Regierung vertraut voll und ganz der Behörde und ist bereit, jede erforderliche Unterstützung zur Verfügung zu stellen.“ Es gebe „keine Anzeichen für eine Gefahr für das lettische Finanzsystem“.
Auf Grund der hohen Stellung Rimšēvičs` und der ernsten Vorwürfe gegen ihn wird jetzt sein Rücktritt gefordert. Die lettische Finanzministerin Dana Reizniece-Ozola forderte ihn zumindest auf, sein Amt während der Untersuchungen stillzulegen. Hingegen verlangten beispielsweise Kučinskis, der Wirtschaftminister Arvils Ašeradens sowie die Parlamentspräsidentin Ināra Mūrniece seinen Rücktritt. Die Europäische Zentralbank lehnte bisher alle Aufforderungen zu einer Stellungnahme ab.
Doch so einfach kann man den Zentralbankchef nicht von seinem Posten vertreiben. Der lettischen Rechtsprechung nach muss ein Rücktritt entweder selbst erklärt werden oder ein Gericht stellt rechtskräftig schwere Verfehlungen fest, wodurch eine vorzeitige Abberufung des Amtes eingeleitet werden kann.
Trotz allem bestünde kein Grund zur Unruhe. „Es gibt keinen Hinweis darauf, dass dadurch das Finanzsystem Lettlands gefährdet werden könnte.“, so Māris Kučinskis gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntag. Die Zentralbank arbeite wie gewohnt weiter. Dennoch bedeutet der Vorfall einen beträchtlichen Imageschaden für die Zentralbank sowie das lettische Bankensystem. Die FinCEN, eine für die Ermittlung von Finanzkriminalität zuständige Abteilung des US-Finanzministeriums, wirft einer großen lettischen Bank sogar systematische Geldwäsche vor, was diese Bank (ABLV) von sich wies.
Auswirkungen auf die EZB?
Auch für die EZB besteht kein dringender Grund zur Sorge. Zum einen stellt sich die Frage, welche direkten Auswirkungen der Vorfall auf die Geldpolitik der EZB haben solle. Zum anderen ist die lettische Zentralbank eine verhältnismäßig kleine Zentralbank unter der EZB. Ihr eingezahltes Kapital bei der Europäischen Zentralbank macht mit 30,54 Millionen Euro nur einen Bruchteil gegenüber der eingezahlten Gesamtsumme aller Zentralbanken in Höhe von 7,62 Milliarden Euro aus.
Die Stastik zeigt die Höhe des von Lettland eingezahlten Kapitals bei der EZB im Vergleich zu seinen Nachbarstaaten Estland und Litauen sowie zu Deutschland, was von allen Ländern des Euroraums das meiste Kapital bei der EZB hält.
Korruptionsvorwürfe nur Schwindel?
[Update vom 21.02.2018] Etwas später am Tag sieht die Lage in Lettland wieder ganz anders aus. Der Beschuldigte selbst wehrt sich vehement gegen die Vorwürfe: „Ich habe beschlossen, dass ich nicht zurücktrete, weil ich unschuldig bin.“ Wird er in der FAZ zitiert (2). Auch der Ministerpräsident Māris Kučinskis nahm seine vorangegangenen Äußerungen zurück und räumte die Möglichkeit einer Verleumdung ein.
Dem Notenbanker wird zur Last gelegt eine lettische Bank erpresst zu haben. Angeblich wollte er 100.000 Euro von dem Geldhaus – pro Monat. Alternativ drohte der Beschuldigte damit, die Bank heftigen Geldwäsche-Untersuchungen zu unterziehen und damit das Bestehen des Instituts zu gefährden.
Diese Beschuldigung wird nicht ganz einfach aus der Welt zu schaffen sein. Immerhin ging sie vom eigner der Bank bei der Schlichtungsstelle der Weltbank ein. Die Konsequenz dieser Beschwerde waren die Durchsuchungen und die Verhaftung des lettischen Zentralbankchefs Rimšēvičs.
Nichts desto trotz muss der Beschuldigte sein Amt zwangsweise vorerst ruhen lassen, wie die Südwest Presse schreibt (3). Er dürfe auch das Land nicht verlassen. Gleichzeitig dürfe er sich aber in den Räumen der Zentralbank aufhalten und dort kleinere Aufgaben wahrnehmen.
Mittlerweile sind Morddrohungen gegen den Banker eingegangen, die er den lettischen Behörden vorgelegt habe.
Quellen und weiterführende Links
(1) finanztreff.de – Korruptionsverdacht: Lettlands Zentralbankchef festgenommen
(2) Frankfurter Allgemeine – Der mysteriöse Krimi um den Notenbankchef
(3) Südwest Presse – Lettlands Zentralbankchef mit Amtsausübungsverbot belegt