Die Kreditlandschaft im Juli 2019, ein Rückblick
Der Juli als zentraler Ferienmonat in Deutschland steht eigentlich auch in der Finanzbranche für ein Sommerloch. Für die Kreditwirtschaft traf dies offenkundig nicht zu. Einige Veränderungen haben die Kreditlandschaft im Monat Juli geprägt.
- EZB sieht keinen Handlungsspielraum bei der Zinspolitik bis mindestens Mitte 2020.
- Zinspolitik der EZB als treibender Faktor bei Mietsteigerungen.
- ING mit leichten Zinsanpassungen beim Autokredit und beim Wohnkredit.
- Kosten für Firmenkredite nach wie vor fallend.
EZB sieht keinen Handlungsspielraum bei Leitzins
Die jüngste Sitzung der EZB brachte definitiv ein Novum. War bislang in den offiziellen Statements immer nur vom aktuellen Niveau die Rede, hat sich dies im Juli das erste Mal geändert. Die Notenbanker sprachen von einer bis Mitte 2020 unveränderten Zinspolitik. Für Sparer bedeutet dies weiterhin ein Tal der Zinstränen, für Kreditnehmer keine Veränderung bei den historisch niedrigen Zinsen. Der Leitzins verbleibt bei null, die Kreditinstitute müssen für ihre Einlagen bei der Europäischen Zentralbank auch künftig mindestens 0,4 Prozent Strafzinsen an die EZB zahlen. Ein Ausschuss prüft aktuell, ob es Sinn macht, die Einlagenzinsen der Banken zu staffeln.
Von einer weiteren Zinssenkung hat die Notenbank zunächst abgesehen, will diese Option aber im September 2019 erneut prüfen.
EZB mit massivem Einfluss auf Immobilienmarkt und Mieten
Seit einiger Zeit kursiert in Deutschland wieder vermehrt der Begriff der Enteignung. Ziel der Diskussionen dazu sind die großen Wohnungsgesellschaften wie Deutsche Wohnen oder Vonovia. Diese tragen nach Ansicht der Begründer einer Initiative in Berlin die Hauptschuld an der Mietexplosion in Deutschland.
Zugegeben, wer nicht umziehen muss, sollte es auch nicht tun. Das Risiko, mit der künftigen Miete deutlich höher belastet zu werden, ist zu groß. Es bleibt die Frage, ob tatsächlich ausschließlich den Wohnungsgesellschaften der schwarze Peter zugeschoben werden kann. Ein anderer Blickwinkel auf den Mietmarkt ist auch interessant:
Sparer, die Menschen von nebenan, welche die Kursschwankungen an der Börse fürchten, zahlen inflationsbedingt durch die Niedrigzinspolitik der EZB bei risikoarmen Sparprodukten faktisch drauf. Die Erträge aus Tagesgeldern und Festgeldern liegen inflationsbereinigt eher unter null, als darüber. Es stellte sich für diesen Personenkreis also seit einigen Jahren die Frage, wie sie ihr Erspartes gewinnbringend anlegen können. Im konservativen Anlagesegment blieb nur noch eine Option, Wohneigentum zu erwerben und zu vermieten. Mieterträge tendieren über den Kapitalmarktzinsen, Baugeld ist so billig wie seit Jahrzehnten nicht mehr.
Gefördert wurde die Mietmisere also nicht nur durch die großen Unternehmen, sondern auch von privaten und institutionellen Anlegern bei ihrer Suche nach rentierlichen Geldanlagen. Dieser Aspekt gewinnt noch mehr an Bedeutung, wenn man sich vor Augen hält, dass Deutsche Wohnen und Co. lediglich elf Prozent des deutschen Mietwohnungsmarktes „kontrollieren“. (1)
ING bei Wohnkredit und Autokredit mit marginaler Zinserhöhung
Deutschlands größte Direktbank, die ING, hat sowohl bei den Wohnkrediten als auch bei den Autokrediten leicht an der Zinsschraube gedreht. Ab dem 1. Juli 2019 verteuerten sich diese beiden Produkte, wenn auch kaum wahrnehmbar. Bei Baufinanzierungen kam es dagegen zu einer leichten Zinssenkung.
Wohnkredit
Beim Wohnkredit unterscheidet die ING in Bezug auf die Zinsen nach Darlehenshöhe. Im Bereich von Kreditvolumina zwischen 5.000 Euro und 10.000 Euro stieg der Zinssatz um 20 Basispunkte auf nominal 3,15 Prozent p.a. und 3,19 Prozent effektiv im Jahr.
Für Darlehen in der Größenordnung zwischen 10.000 Euro und 35.000 Euro erhöhte die ING um 10 Basispunkte auf 3,05 Prozent nominal und 3,09 Prozent effektiv im Jahr.
Bei Wohnkrediten zwischen 35.000 Euro und 65.000 Euro verbleibt der Zinssatz bei 2,95 Prozent nominal und 2,99 Prozent effektiv.
Autokredit
Für ING Autokredite gilt ein einheitlicher, vom Volumen unabhängiger Zinssatz in Höhe von 2,95 Prozent nominal und 2,99 Prozent effektiv jährlich. Darlehen sind in der Größenordnung zwischen 5.000 Euro und 65.000 Euro möglich.
Baufinanzierung
Im Baufinanzierungssegment kam es bei der ING zu zwei Änderungen im Monat Juli. Zum einen lief am 12. Juli die Zinsaktion mit 0,1 Prozent Zinsrabatt beim Erwerb einer Bestandsimmobilie aus.
Zum anderen senkte das Institut für Zinsbindungen mit einer Dauer von 10 beziehungsweise 15 Jahren den Zinssatz um 0,1 Prozentpunkte.
Zinsentwicklung im Juli
Trotz Sommerloch ist es für den einen oder anderen Darlehensnehmer durchaus interessant zu sehen, wie sich die Kreditzinsen der Banken verändert haben.
Ratenkredite
Gegenüber dem Vormonat konnten keine Veränderungen im Ranking der Banken mit den besten effektiven Zweidrittelzinsen beobachtet werden. Vor dem Hintergrund ist die Rangliste mit der aus dem Monat Juni identisch.
Banken mit besten 2/3-Effektivzinsen aus unserem Vergleich | |
---|---|
Bank | 2/3-Effektivzins p.a. |
Dr. Klein | 2,18% |
Skatbank | 2,48% |
Santander | 2,69% |
Bank of Scotland | 2,75% |
TARGOBANK | 3,10% |
SWK Bank | 3,09% |
Privatkredit.de | 3,36% |
Deutsche Bank | 3,49% |
DKB | 3,49% |
Consorsbank | 3,58% |
Die folgende Statistik zeigt die durchschnittliche Zinsentwicklung aller Ratenkredite, die sich zum jeweiligen Zeitpunkt in unserem Vergleich befanden:
Autokredite
Durch die Zinsveränderung beim ING Autokredit hat sich das Bild bei den Autokrediten hingegen ein wenig verschoben.
Banken mit besten 2/3-Effektivzinsen aus unserem Vergleich | |
---|---|
Bank | 2/3-Effektivzins p.a. |
Skatbank | 2,48% |
SWK Bank | 2,69% |
Bank of Scotland | 2,69% |
DSL Bank | 2,85% |
TARGOBANK | 2,95% |
Carcredit | 2,99% |
ING | 2,99% |
Postbank | 3,49% |
Nachfolgend die durchschnittliche Entwicklung der Autokredit-Zinsen:
Baufinanzierungen
Nach wie vor ändern auch kleine Verschiebungen beim Baugeld nichts daran, dass Immobilienerwerb in Bezug auf die Zinsen günstig bleibt. Gegenüber Juni 2019 gab es allerdings die eine oder andere Veränderung bei den Zinsangeboten der Baufinanzierer. Für unsere Ranking wählten wir im Baufinanzierungsvergleich ein Darlehen mit einem Volumen von 200.000 Euro, einem Beleihungsauslauf von 80 Prozent, zehnjähriger Zinsfestschreibung und einem anfänglichen Tilgungssatz von zwei Prozent:
Banken mit besten 2/3-Effektivzinsen aus unserem Vergleich | |
---|---|
Bank | 2/3-Effektivzins p.a. |
Dr. Klein | 0,46% |
DTW | 0,55% |
creditweb | 0,56% |
comdirect | 0,57% |
BBBank | 0,79% |
Deutsche Bank | 0,89% |
ING | 0,92% |
Interhyp | 1,07% |
ACCEDO | 1,09% |
CE Baufinanz | 1,51% |
Hier die durchschnittliche Entwicklung der Baufinanzierungszinsen:
Firmenkredite
Der abschließende Blick zur Kreditlandschaft im Juli 2019 gilt den Unternehmenskrediten. Das Chart des Barkow Corporate Credit Index ist einmal mehr selbsterklärend. Nach wie vor bewegen sich auch die Kosten für Unternehmensfinanzierungen auf einem historisch niedrigen Niveau. Neuverschuldungen der Unternehmen belasten die Firmenkassen auch im Juli deutlich geringer als noch vor einem Jahr.
Quellen und weiterführende Links
- Barkow Consutling – Barkow Consulting Corporate Credit Index bei 1,16%
- Zeit Online – Auch Mario Draghi sorgt für steigende Mieten