Kreditgeschäft in Europa zieht an
Sind das wirklich gute Neuigkeiten? Bedeutet das nicht, dass sich die Privatleute und Unternehmen verschulden und dass das ja eigentlich keine so gute Sache ist?
Die Antwort ist: „Stimmt schon, aber…“ Ja, die Kreditnehmer laden Schulden auf sich. Gleichzeitig verwenden sie das Geld aber. Ob sie damit nun Investieren, Konsumgüter kaufen, Dienstleistungen in Anspruch nehmen oder es in Immobilien stecken – es kurbelt die Wirtschaft an.
Die Zahlen sehen gut aus und stützen die aktuelle Entwicklung
Die jährliche Steigerungsrate der Kreditvergabe an Haushalte verstärkte sich von 1,7 Prozent im Juni 2015 auf 1,9 Prozent im Juli 2015. Besonders erfreulich erscheint die Zahl der Kreditvergaben an sogenannte nicht-finanzielle Unternehmen. Gemeint sind Unternehmen, deren Kreditneugeschäft im Juni eine jährliche Steigerung von 0,2 Prozent aufwies. Im Juni waren es 0,9 Prozent.
Die Finanzkriese ist noch lange nicht überwunden, auch wenn wir hier in Deutschland kaum mehr etwas davon spüren. Am deutlichsten sind für uns die Signale unserer Banken: Günstige Kredite und so gut wie keine Sparzinsen. Das ist die allgemeine Marschrichtung. Also abgesehen vom mangelhaften Sparzins, passt es bei uns rein wirtschaftlich.
In anderen europäischen Ländern sieht die Lage jedoch ganz anders aus. Dort herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit und die Wirtschaft lahmt. ´Jeder erinnert sich noch an die Meldungen der extremen Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen in Spanien, die stellenweise über 50 Prozent lag.
Das ist heute leider nicht anders, auch wenn es nicht mehr bei uns in den Medien zu sehen oder zu lesen ist.
Investitionen gerade in schwachen Regionen wichtig
Gerade in den noch schwachen Regionen ist es sehr wichtig, dass die Investitionen laufen. So werden Arbeitsplätze gesichert und neue geschaffen. Mehr Menschen in Lohn und Brot, können auch mehr Geld ausgeben. Konsum verlangt Arbeitskraft und der Kreislauf bewegt sich in die gewünschte Richtung.
Gleichzeitig steigen die Staatseinnahmen durch diverse Steuerquellen und die Sozialleistungen des Staates können verringert werden.
So betrachtet: Ja, es ist eine durchaus positive Nachricht, die die EZB veröffentlicht.
Leider fehlen den Zahlen eine gewisse Tiefe und Feingranularität. Es wurden nur die Zahlen für den gesamten Wirtschaftsraum veröffentlicht. So lässt sich leider nicht sagen, ob und in wie weit die finanzpolitischen Instrumente der EZB Wirkung in den schwachen Regionen wie Italien, Spanien, Portugal und natürlich Griechenland zeigen.
Dennoch: Selbst wie die positiven Entwicklungen nicht im besonderen Maße in den schwächeren Wirtschaftsräumen stattfinden, so werden auch diese – vielleicht mit einer gewissen Verzögerung – von Mitzieheffekten profitieren.
Welche Rolle spielt die EZB?
Noch läuft das mächtige Programm zur Anreicherung des Marktes mit Kapital durch die EZB. Sie kauft seit dem 9. März 2015 Monat für Monat Wertpapiere von 17 europäischen Staaten im Gesamtwert von 60 Milliarden Euro. Das Geld wird etwa zu 45-50 Milliarden für Staatsanleihen und der Rest für sonstige Wertpapiere wie Pfandbriefe verwendet.
Für diese massive Finanzspritze stehen im ganzen 1.140 Milliarden Euro zur Verfügung und erlauben der EZB 19 Monate lang das Programm am Laufen zu halten. Das bedeutet, dass die Zinsen wohl noch bis September 2016 am Boden kleben werden.
Natürlich nur, wenn die EZB nicht auf die Idee kommt, das Programm vorzeitig zu beenden. Erholen sich die Märkte schneller als gedacht, könnte die EZB auch ihre Pläne modifizieren. Sie könnte den Ankauf auf wenige Märkte beschränken und oder auch weniger Geld pro Monat in die Hand nehmen.
In ihren Entscheidungen ist die EZB recht frei und muss das für die Erfüllung ihrer Aufgaben auch sein. Und so wird Herr Draghi, Chef der EZB, weiter alles daran setzen, die Finanzkriese und deren Auswirkungen in Europa möglichst schnell hinter uns zu bringen.