Kreditvergabe in der Eurozone steigt weiter an
Die neueste Umfrage der EZB unter den Banken in der Eurozone zeigt, dass das Kreditgeschäft in allen Bereichen, Unternehmenskredite, Konsumkredite und Baufinanzierungen anzieht. Die EZB befragt vier Mal im Jahr ausgewählte Banken in der Eurozone in einer Stichprobe nach der Entwicklung des Kreditgeschäftes.
Als Grund führen die Kreditinstitute unter anderem eine Lockerung der Kreditvergaberichtlinien und einen Anstieg bei der Kreditnachfrage an. Wie wirkt sich dabei der stark umstrittene negative Einlagezinssatz bei der Europäischen Zentralbank für Kreditinstitute aus?
Die Faktoren im einzelnen
Grundsätzlich, so die Institute, wirke sich der negative Zinssatz nachteilig auf die Margen aus. Im Umkehrschluss führt er aber zu einer positiven Entwicklung beim Kreditvolumen. Am Ende wird der Gewinn über das Umsatzvolumen generiert.
Sowohl die Lockerung der Kreditvergaberichtlinien (Richtlinien für die Kreditvergabe der Kreditinstitute) für Unternehmenskredite als auch für Baufinanzierungen zogen eine erhöhte Kreditvergabe nach sich. Die Lockerung der Richtlinien war bereits bei der vorangegangenen Umfrage erwartet worden.
Der Immobiliensektor profitiert nicht nur durch die niedrigen Zinsen, sondern auch durch die generell günstigen Aussichten am Immobilienmarkt.
In Bezug auf Kredite an Unternehmen erwarten die Banken jedoch für das zweite Quartal eine leichte Verschärfung der Kreditvergaberichtlinien. Die Entwicklung im ersten Quartal wurde durch niedrige Zinsen, Lagerhaltung und Investitionen in Betriebsmittel begünstigt.
Das Ankaufprogramm von Vermögenswerten (APP) und seine Auswirkungen auf den Markt
Der von der Europäischen Zentralbank massiv forcierte Ankauf von Vermögenswerten (Aufkauf von Anleihen) ging ebenfalls nicht spurlos am Markt vorbei. Auf der einen Seite beklagten die Banken einen Druck auf ihre Margen, wie auch in Bezug auf den negativen Einlagezins.
Auf der anderen Seite räumten die befragten Kreditinstitute aber ein, dass sie in den vergangenen sechs Monaten von der Liquidität profitierten und diese auch überwiegend in die Kreditvergabe investierten.
Die gestiegene Liquidität hatte größere Auswirkungen auf die Kreditbedingungen, also auf die endgültigen Vertragsbedingungen zwischen Kunde und Bank, als auf die Kreditvergaberichtlinien.
Eine steigende Kreditvergabe bedeutet in der Regel steigende Konsum- und Investitionsausgaben. Dies führt wiederum zu der von Mario Draghi anvisierten Steigerung der Inflationsrate auf rund zwei Prozent.
Eine steigende Inflation wiederum hat ein Anziehen der Zinsen und der Preise zur Folge. Verbraucher, die eine Finanzierung planen, gleich ob Immobilie oder Konsum, sollten diese daher nicht allzu sehr auf die lange Bank schieben.
Die langfristige Betrachtung
Verglichen mit dem Jahr 2003 sehen die befragten Banken immer noch eine strengere Grundlage bei den Kreditvergaberichtlinien für Wohnungsbau- und Unternehmenskredite. In Bezug auf Unternehmenskredite sehen die Banken jedoch seit dem letzten Quartal 2010 keine Veränderung.
Informationen zur Erhebung
Die Europäische Zentralbank führt am Ende eines Quartals unter 140 ausgewählten Banken diese Umfrage durch. Grundlage ist jeweils das zurückliegende Quartal. Die EZB erhofft sich durch diese Umfrage detailliertere Kenntnisse über das Kreditvergabeverhalten der Institute.
Neben der Analyse des zurückliegenden Quartals werden auch die Erwartungen für das kommende Vierteljahr abgefragt. Bei der Erhebung in der zweiten Monatshälfte vom März 2017 wurden 140 Institute angeschrieben, 139 Banken nahmen Teil. Der Rücklauf lag bei 99 Prozent.