Höhere Kreditzinsen & strengere Kreditvergabe seit Coronakrise?
Dass bedingt durch die Coronakrise viele Verbraucher in Geldnot geraten, ist nicht neu. Wenn das Einkommen durch Kurzarbeit weniger geworden ist oder sogar ganz wegfällt, Mieten und Rechnungen aber weiterhin gezahlt werden müssen, sieht es eng aus. Die Banken sind daran interessiert, mit der Kreditvergabe zu unterstützen, wo sie können. Doch gleichzeitig sind sie verpflichtet, strenge Vorgaben bei der Kreditvergabe einzuhalten und Kredite nur dann zu vergeben, wenn eine Rückzahlung wahrscheinlich ist. Aus der Not heraus sehen sich einige Kreditinstitute daher gezwungen, Kreditzinsen zu erhöhen und Kreditanfragen noch strenger zu prüfen. Doch wie sieht es auf dem Markt allgemein aus? Antworten und Zahlen finden Sie hier!
- Da sich in der Coronakrise im Allgemeinen das Kreditausfallrisiko erhöht, verschärfen einige Kreditinstitute ihre Richtlinien für die Kreditvergabe. (2)
- Die Redaktion von Kreditvergleich.net konnte im eigenen Kreditvergleich lediglich einen durchschnittlichen Zinsanstieg von 4,23 Prozent beobachten. Dieser Preisunterschied macht sich im Portemonnaie nur geringfügig bemerkbar. Darüber hinaus stiegen die Zinsen für Privatkredite bereits seit 2019 und nicht sprungartig seit der Coronakrise. (1)
- Regionale Kreditangebote unterliegen höheren Preisanstiegen als überregionale Angebote. (2)
Strengere Kreditvergabe wegen Coronakrise
Mit der Coronakrise stieg grundsätzlich das Risiko, neue oder bestehende Kredite nicht mehr abbezahlen zu können. Wer weniger verdient oder seinen Job gar nicht mehr ausüben kann, hat es in der Regel auch schwer mit der Zahlung monatlicher Kreditraten. Ein Beispiel der Deutschen Bank soll dies unterstreichen. Allein hier wurden bislang 70.000 Stundungsanträge von Privatkunden der Deutschen Bank und der zugehörigen Postbank eingereicht, da Kreditraten im Zuge der Coronakrise nicht mehr gezahlt werden können. (3)
Während Banken schon in der Vergangenheit genau prüfen mussten, ob die Antragsteller eine ausreichende Kreditwürdigkeit mitbrachten, muss jetzt erst recht auf Details wie Einkommensverhältnisse, Schufa-Auskunft und offene Verbindlichkeiten geschaut werden.
Dass bei dieser Prüfung zwischen den Kunden Unterschiede gemacht werden, ist selbstverständlich. Während das Kreditgeschäft mit Gutverdienern in sicherer Beschäftigung ausgebaut werden kann, wird bei Kunden, die beispielsweise in unsicheren Branchen tätig sind, strenger verfahren.
Die Banken sitzen somit zwischen zwei Stühlen, denn selbstverständlich sind sie daran interessiert, das Kreditgeschäft voranzutreiben. Andernfalls würde ihnen schließlich eine wichtige Einnahmequelle wegbrechen. Eine Anpassung der Zinsen zum Ausgleich des Ausfallrisikos ist daher eine mögliche Lösung, zu der sich zahlreiche Banken derzeit gezwungen sehen. (2)
Kreditzinsen steigen seit März 2020
Kreditvergleich.net untersucht regelmäßig die Kreditzinsen auf dem Markt. Grundlage dafür bieten alle Anbieter, die sich im Vergleich befinden. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem sogenannten Zweidrittelzins. Das ist der Zins, den die kreditgebende Bank im sogenannten repräsentativen Beispiel führen muss. Zu finden sind die Angaben beispielsweise auf der Internetseite und überall da, wo die Bank mit ihrem Kreditangebot wirbt.
Der Zweidrittelzins gibt Auskunft darüber, welchen Kreditzins mindestens zwei Drittel aller Kreditnehmer für das dargestellte Angebot zahlen müssen. Somit ist der Zweidrittelzins viel aussagekräftiger als der Werbezins, also der kleinstmögliche Zins eines Kredits.
Wie unsere Datenreihe zeigt, ist der durchschnittliche gebundene Sollzins seit März 2020, dem Ausbruch der Coronakrise, gestiegen. Zwischen März und Juni betrug der Anstieg zeitweise 4,23 Prozent. Es muss allerdings auch berücksichtigt werden, dass die Kreditzinsen nicht sprunghaft seit der Coronakrise gestiegen sind, sondern vielmehr dem Wachstumstrend folgten, der sich bereits seit Herbst 2019 beobachten lässt.
Ein Anstieg von 4,23 Prozent innerhalb von drei Monaten mag im Diagramm dramatischer aussehen, als er ist. Bei kleinen Krediten mit kurzer Laufzeit zur Überbrückung eines finanziellen Engpasses fällt dieser Unterschied tatsächlich nicht sehr ins Gewicht. Dass sich der Zinsanstieg auch bei größeren und längerfristigen Krediten noch verschmerzen lässt, soll die folgende Gegenüberstellung zeigen.
März 2020 | Juni 2020 | |
---|---|---|
Durchschnittlicher effektiver Zweidrittelzins p.a. | 4,02 % | 4,19 % |
Kreditsumme | 15.000 € | |
Laufzeit | 60 Monate | |
Zinskosten | 1.551,54 € | 1.617,92 € |
Kostenunterschied | 66,38 € |
Sicherlich zahlt niemand gern mehr, als er müsste. Doch ein Unterschied der Zinskosten von 66,38 Euro auf die monatliche Rate über fünf Jahre verteilt runtergebrochen, dürfte sich kaum bemerkbar machen. Darüber hinaus ist seit Ende Juni bereits wieder ein Rückgang der Kreditzinsen zu verzeichnen gewesen.
Zinsanstieg vorrangig bei regionalen Kreditangeboten
Darüber hinaus ließen sich Preisanstiege vorrangig bei regionalen Angeboten beobachten. Überregionale Angebote, insbesondere auf Vergleichsportalen im Internet zu finden, unterliegen einem zu großen Wettbewerbsdruck und schwanken daher in der Regel nur zwischen engen Preisgrenzen.
Im Allgemeinen werden allerdings keine weiteren großartigen Zinsanstiege mehr erwartet. Beispielswiese die FMH-Finanzberatung schätzt, dass insbesondere aufgrund des starken Wettbewerbs im Kreditgeschäft keine größeren Preisanstiege mehr möglich seien. (2) Wie schon erwähnt, beobachtete Kreditvergleich.net sogar eine Zinssenkung Ende Juni.
Quellen und weiterführende Links
(1) Kreditvergleich.net – Zinsentwicklung bei Krediten
(2) Onetz – Höhere Zinsen für Ratenkredite – Regional große Unterschiede
(3) Schwarzwälder Bote – Deutsche Bank: Zehntausende bedienen ihre Kredite nicht