Mieterbund: Große Koalition arbeitet am Bedarf vorbei
Der Deutsche Mieterbund greift in den Wahlkampf ein. Mehr, und vor allem für Geringverdiener bezahlbarer Wohnraum, stehen auf der Agenda der Mietervertreter ganz oben.
Mit einem umfangreichen Forderungs- und Vorschlagskatalog ging der Mieterbund jetzt an die Öffentlichkeit. Wie lauten die Forderungen, mit denen die Interessensvertretung den Druck erhöht?
Steuererleichterungen als Dreh- und Angelpunkt für Investoren
Zahlreiche Lösungsansätze setzen Investitionen voraus. Um Investoren zu gewinnen, seien erhöhte Abschreibungsmöglichkeiten und steuerliche Erleichterungen notwendig. Denn insgesamt wäre die Erstellung von 140.000 Wohnungen jährlich, davon 80.000 Sozialwohnungen, notwendig, um zu einer Entspannung am Mietwohnungsmarkt zu kommen.
Der Bund hat zwar die Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau auf 1,5 Milliarden Euro erhöht. Dies sei aber nicht ausreichend. Benötigt würden mindestens drei Milliarden Euro. Zusätzlich fehle die Verpflichtung für die Bundesländer, die Bundesmittel zweckgebunden einzusetzen und eigene Förderprogramme aufzulegen.
Da das Bundesprogramm nur bis zum Jahr 2019 datiert, fehlt ab 2020 eine rechtliche Verpflichtung der Länder, den sozialen Wohnungsbau entsprechend zu fördern. Der Mieterbund verlangt eine weitere Kooperation zwischen Bund und Ländern, gegebenenfalls durch eine Grundgesetzänderung.
Neues gemeinnütziges Wohnungsmarktsegment gefordert
Für das Segment der gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaften, kommunale und kirchliche Wohnungsbaugesellschaften und Stiftungen sollen zusätzliche Steuervorteile, Gewinnmaximierungen und dauerhafte Mietpreisbegrenzungen eingeführt werden, um langfristig ein niedrigeres Mietniveau zu halten.
Der Bund ist ebenfalls gefordert, dafür zu sorgen, dass Bauland schneller bereitgestellt wird und Baugenehmigungen schneller erteilt werden. Öffentliche Grundstücke sollten nur noch an Kommunen verkauft werden, damit diese vorzugsweise auf Erbpachtbasis vorzugsweise städtischen Wohnungsbauunternehmen zur Verfügung stellen. Damit solle möglichen Bodenspekulationen stärker Einhalt geboten werden.
Darüber hinaus solle ein Instrument zur Kontrolle und Steuerung der Bodenpreisentwicklung geschaffen werden.
Starke Defizite beim altersgerechten Wohnen
Rund elf Millionen Seniorenhaushalte gibt es aktuell in Deutschland. Davon gelten jedoch nur 570.000 als barrierereduziert oder barrierefrei. Der Deutsche Mieterbund sieht hier ebenfalls massiven Handlungsbedarf, da er von einem Anstieg auf 29,8 Prozent der über 65Jährigen an der Bevölkerung bis zum Jahr 2030 ausgeht.
Die bisher zur Verfügung stehenden Fördermittel in Höhe von 75 Millionen Euro seien bei Weitem nicht ausreichend. Der Bedarf liege vielmehr bei rund 200 Millionen Euro jährlich, um einen kontinuierlichen Anstieg von ein bis zwei Prozent bei barrierefreiem Wohnraum pro Jahr zu erreichen.
Wohngeld unzureichend
Die bisherige, alle zwei Jahre stattfindende, Überprüfung des Wohngeldanspruchs müsse durch eine automatische Anpassung alle zwei Jahre ersetzt werden. Dabei sei eine Angleichung an die allgemeine Inflationsrate notwendig. Vor dem Hintergrund möglicher steigender Energiepreise müsse das Wohngeld außerdem um eine Klimakomponente erweitert werden.
Mietpreisbremse versagt auf ganzer Linie
Die bisherige Mietpreisbremse habe auf der ganzen Linie versagt, so der Deutsche Mieterbund. Ausnahmetatbestände müssten abgeschafft werden. Zudem müsse der Vermieter dazu verpflichtet werden, die Kalkulationsgrundlage für die Höhe der Miete offenzulegen, wenn diese die Obergrenze übersteigt.
Mieterhöhungen nach Modernisierung limitieren
Eine weitere Forderung des Mieterbundes zielt darauf ab, die zulässigen Mieterhöhungen nach einer Modernisierung massiv zu begrenzen. Grundlage sei eine Änderung des Paragrafen 559 BGB (1) unter folgenden Gesichtspunkten:
- Modernisierungskosten dürfen maximal mit sechs Prozent auf die Miete aufgeschlagen werden.
- Aufgrund einer Modernisierung darf die Miete innerhalb von acht Jahren um nicht mehr als 1,50 Euro pro Quadratmeter angepasst werden.
- Übersteigt die Miete ein Drittel des Haushaltsnettoeinkommens, liegt ein Härtegrund gemäß § 559 GBG vor.
- Öffentliche Fördermittel sind bei der Ermittlung der Renovierungskosten auch zu berücksichtigen, wenn sie bewilligt worden wären. Nicht nur, wenn sie beantragt wurden.
Neue Kappungsgrenzen
Der Mieterbund fordert darüber hinaus bundeseinheitliche bundesweite Kappungsgrenzen in Höhe von zehn Prozent. In Wohnlagen mit erhöhtem Wohnraumbedarf solle diese auf sechs Prozent limitiert werden.
Für die Ermittlung der Vergleichsmieten sollten mindestens die letzten zehn Jahre herangezogen werden. Auch solle eine bundesweit einheitliche Regelung durch flächendeckende Mietspiegel eingeführt werden.
Mieterrechte wieder stärker
Als letzten Punkt seines Forderungs- und Vorschlagskatalogs sieht der Deutsche Mieterbund die Notwendigkeit, die Mieterrechte wieder zu stärken. Durch zahlreiche Urteile, beispielsweise zum Thema Eigennutz, hätte hier eine Aushöhlung stattgefunden, die nachteilig für die Mieter ausfällt.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 559 Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen