Protokollierungspflicht bei Baufinanzierung verschärft
Anbieter von Baufinanzierungen, gleich ob Bank, Versicherung, Bausparkasse oder Vermittler, müssen seit dem 21. März 2016 ein detailliertes Beratungsprotokoll führen. In 15 Punkte gegliedert, enthält es alle wichtigen Angaben zur Finanzierung und zur persönlichen Situation des Kreditnehmers enthält.
Denn trotz der immer wiederkehrenden Empfehlung, die niedrigen Zinsen für eine höhere Tilgungsleistung zu nutzen, greifen viele Erwerber immer noch auf eine anfängliche Tilgung von einem Prozent zurück.
Welche Informationen werden abgefragt?
Das neue und umfangreichere Beratungsprotokoll teilt sich sechs Hauptabschnitte auf. Es erfasst dabei nicht nur wichtige Informationen über den Kreditnehmer und dessen Situation, sondern es berät auch hinsichtlich möglicher Gefahren und klärt den Kunden pro-aktiv über mögliche Konsequenzen in der Zukunft auf.
- Die finanzielle Situation des Kunden
- Die persönliche Situation des Kunden
- Die Darlehenslaufzeit
- Der Zinssatz
- Der Kreditbedarf
- Die Risiken der Finanzierung
Wesentlicher Hintergrund dieser Protokollierungspflicht ist das Risiko einer Zinsänderung. Lagen die durchschnittlichen Zinsen im Jahr 1995 für eine zehnjährige Zinsfestschreibung noch bei 8,5 Prozent pro Jahr, sind die gleichen Darlehen heute für unter zwei Prozent erhältlich.
Es stellt sich die Frage, wie am Ende der Zinsfestschreibung mit dem Restdarlehen umgegangen werden soll. Folgende Grafik veranschaulicht das Problem:
Während der ersten 15 Jahre betrug die monatliche Belastung 713 Euro pro Monat. Nach der Zinsfestschreibung herrscht im Beispiel ein anderes Zinsniveau von 4,5 Prozent. Der Kunde muss sich nun überlegen, ob er bei gleicher Monatsrate eine wesentlich längere Laufzeit in Kauf nehmen will, oder ob er eine deutlich höhere monatliche Belastung verkraften kann, um wie geplant fertig zu werden.
Um diese Problematik so klein wie möglich zu halten, empfiehlt sich eine höhere Tilgungsrate. Sie hilft die Schuld abzubezahlen und das Ratenrisiko am Ende der Zinsbindung zu minimieren. Denn je kleiner die Restschuld ist, desto kleiner ist auch die zum neuen Zinssatz zu leistende Kreditrate.
Eine Anschlussfinanzierung wird im Ergebnis so gewählt werden, dass der Darlehensnehmer die Raten ohne verschärfte Schwierigkeiten stemmen kann.
Worst Case Szenario am Ende der Zinsbindung
Sollte sich der Markt aber in einer Hochzinsphase befinden, kann das zu einer derart langen Laufzeit des neuen Kredites führen, dass die monatliche Rate nur bei minimaler Tilgung geleistet werden kann. Im Ernstfall lehnen Kreditgeber solche Finanzierungen ab, wenn die Laufzeit zu weit in den Lebensabend des Kreditnehmers reicht.
In der Konsequenz droht dann die Abwicklung der eigenen vier Wände und man muss verkaufen bzw. vielleicht sogar versteigern.
Hohe Tilgung teilweise schon Pflicht
Dieses niedrige Zinsniveau bedeutet also ein gewisses Risiko für Erwerber. Steigen die Zinsen während der Festschreibungsdauer an, kann es passieren, dass die Anschlussfinanzierung trotz erfolgter Tilgung deutlich höher ausfällt, als die Anfangsfinanzierung. Im schlimmsten Fall kann der Kreditnehmer die neuen Raten nicht mehr leisten.
Das Beratungsprotokoll muss vor diesem Hintergrund über alle Möglichkeiten informieren, die dazu führen können, dass das Darlehen nicht mehr weiter bedient werden kann. Dazu zählen
- Verlust des Arbeitsplatzes
- Schwere Erkrankung
- Berufsunfähigkeit
- Tod des Hauptverdieners
- Überdurchschnittlicher Zinsanstieg bei der Anschlussfinanzierung
Die Banken sind gehalten, auf diese Optionen einzugehen und entsprechende versicherungstechnische Lösungen anzubieten. Bezüglich des möglichen Zinsanstieges muss auch ein solches Szenario durchgerechnet werden.
Wie ein solches Beratungsprotokoll aussehen kann, zeigt das Musterprotokoll der ING-DiBa.
Erhöhte Bonitätsanforderungen
Darüber hinaus müssen die Institute in Zukunft Antragsteller einer noch genaueren Bonitätsprüfung unterziehen. Deuten sich die geringsten Anzeichen an, dass der Kredit zu einem späteren Zeitpunkt ausfallgefährdet sein könnte, müssen sie von einer Darlehenszusage Abstand nehmen.
Trotz der historisch niedrigen Zinsen wird es für Darlehensnehmer daher schwieriger, Baugeld zu bekommen. Der rasante Anstieg der Immobilienpreise führt dazu, dass Banken den Kaufpreis häufig nicht mehr für realistisch halten, der Beleihungsrahmen also bei Weitem überstiegen würde.
In Berlin verteuerten sich Immobilien in den letzten 12 Monaten um 15,6 Prozent, in München „nur“ um 13,5 Prozent. Dass der Beleihungswert in gleichem Maße anstieg, bleibt zu bezweifeln. Vor diesem Hintergrund müssen Erwerber damit rechnen, dass die Eigenkapitalanforderungen erhöht werden.