Frankreich hält erstmals wieder Obergrenze für Haushaltsdefizit ein
Das Jahr 2017 gibt Emmanuel Macron in seiner Politik recht. Erstmals seit 2007 blieb Frankreich unter der von der EU vorgesehenen Verschuldungsobergrenze von drei Prozent der Wirtschaftskraft. Mit einem Wert von 2,6 Prozent lag die zweitgrößte Wirtschaftsmacht nach Deutschland in der EU sogar noch 0,3 Prozent unter dem prognostizierten Wert.
Wie steht es aber in Bezug auf die Verschuldung im Detail um „la Grande Nation“?
Zunächst Rückenwind für die EU-Reform
Die solide Haushaltspolitik bestärkt Macron in seinem Bestreben nach einer Reform der Eurozone. „Seht her, so geht’s“ ist das Signal, mit dem er zum Beispiel einen europäischen Finanzminister einsetzen und eine gesamteuropäische Einlagensicherung einrichten möchte.
Während die Schuldenobergrenze sank, stieg im Gegenzug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,7 Prozent – so stark, wie seit sechs Jahren nicht mehr. Mehr Bruttoinlandsprodukt bedeutet auch mehr Steuern und damit mehr in der Staatskasse.
Die Steuerquote, eine andere interessante Kennziffer, stieg ebenfalls an. Sie gibt die Relation von BIP zu Steuereinnahmen an und betrug in 2017 stolze 45,4 Prozent. Das bedeutet ein Plus von 0,8 Prozent gegenüber 2016.
Bei soviel Jubel stellt sich jedoch die Frage nach der Entwicklung der Staatsverschuldung.
Staatsverschuldung in Frankreich auf dem Höchststand seit 2007
Macron hat Glück gehabt. Wäre die Wirtschaftskraft nicht gestiegen, hätte er mit seinen Zahlen keinen Staat machen können. Seit 2007 hat sich die Staatsverschuldung fast, aber noch nicht ganz, verdoppelt. Machte sie im Jahr 2007 noch 1.252 Mrd. Euro aus, stieg sie bis 2017 auf solide 2.210,87 Euro.
Es stellt sich natürlich die Frage, wie Frankreich innerhalb der Europäischen Union platziert ist. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein gutes Jahr noch keinen ökonomischen Wunderknaben. Deutschland belegt zumindest in Bezug auf die Relation zwischen BIP und Staatsverschuldung einen soliden Mittelplatz. Und Frankreich?
Noch hat Monsieur Le President einiges vor sich, betrachtet man das Ranking Frankreichs innerhalb der EU-Länder. Da liegt Frankreich nämlich auf Platz Sieben der meistverschuldeten EU-Länder, hinter Griechenland, Italien, Portugal, Zypern, Belgien und Spanien. (3)
Da Frankreichs Wirtschaft nicht von allein wächst, sondern der Staat als Investor fungiert, wird die Kreditaufnahme munter vorangetrieben werden. Schließlich soll die Wirtschaftskraft auch künftig Quoten wie für 2017 bescheren. Laut Handelsblatt sieht die französische Wirtschaftspolitik in den folgenden fünf Jahren Investitionen von 57 Mrd. Euro als begleitende Maßnahme zum Ankurbeln der Wirtschaft vor. (1)
Neben der Staatsverschuldung spielt ein anderer Schuldenstand eine wesentliche Rolle. Die Rede ist von der Verschuldung der privaten Haushalte. Hohe Schulden bei privaten Haushalten führen zu einem größeren Überschuldungsrisiko im privaten Sektor, führt zu faulen Krediten bei Banken, führt zu Abschreibungen bei den Banken, führt zu Verlusten bei den Banken, führt am Ende zu einem Verlust einer Bank. Aber dafür gibt es ja dann die europäische Einlagensicherung, folgt man Emmanuelle Macron.
Die Kreditvergabe an französische private Haushalte
Während die Staatsverschuldung in Frankreich kontinuierlich nach oben geht, zeigt die Verschuldung der privaten Haushalte eher eine wechselhafte Entwicklung.
Der Anteil der faulen Kredite in Frankreich bleibt aber dennoch stabil bis leicht sinkend. Die steigende Verschuldung auf dem privaten Sektor führt nicht dazu, dass parallel die Zahl der Kredite steigt, für die eine Wertberichtigung notwendig wird.
Generell lässt sich europaweit ein Rückgang der faulen Kredite beobachten, wie die folgende Tabelle veranschaulicht:
Faule Kredite in Milliarden Euro | |||||||
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AUT | GER | ESP | FRA | GRE | IRE | ITA | |
01.04.2017 | 23,64 | 59,27 | 136,41 | 144,71 | 112,29 | 36,03 | 241,80 |
01.01.2017 | 24,86 | 63,52 | 141,82 | 150,15 | 114,52 | 36,46 | 298,14 |
01.10.2016 | 26,96 | 64,33 | 138,68 | 150,84 | 115,83 | 38,98 | 295,63 |
01.07.2016 | 29,61 | 64,55 | 140,38 | 151,56 | 118,18 | 44,25 | 324,96 |
01.04.2016 | 31,15 | 67,24 | 145,61 | 151,64 | 119,22 | 45,77 | 326,36 |
01.01.2016 | 39,01 | 67,98 | 150,51 | 150,59 | 119,80 | 48,15 | 324,27 |
01.10.2015 | 40,62 | 67,41 | 155,50 | 148,91 | 119,25 | 52,03 | 330,71 |
01.07.2015 | 42,94 | 74,27 | 163,68 | 153,81 | 119,72 | 59,26 | 337,94 |
01.04.2015 | 44,80 | 77,89 | 170,17 | 153,86 | 118,09 | 64,79 | 334,99 |
01.01.2015 | 47,01 | 83,41 | 178,03 | 154,88 | 115,08 | 69,16 | 334,85 |
01.10.2014 | 46,14 | 87,60 | 182,12 | 149,12 | 110,95 | 76,47 | 321,99 |
Dennoch belegt Frankreich bei den Volumina der faulen Kredite den unrühmlichen zweiten Platz nach Italien und lässt sogar Griechenland hinter sich. Das hätte vermutlich kaum jemand vermutet. Dass Spanien auf Rang Drei liegt, ist wiederum nachvollziehbar. Die Immobilienblase hat dort zu Opfern geführt. Der Ruf aus Paris nach einer gesamteuropäischen Einlagensicherung wird immer verständlicher. Allerdings ist für den Rest Europas nicht nachvollziehbar, weshalb ein polnischer Steuerzahler das zu teure Auto eines Südfranzosen indirekt durch die Einlagensicherung retten soll, nur weil dieser sich finanziell übernommen hat?
Zunächst einmal hat die Regierung Macron ihr Versprechen, die europäischen Vorgaben in den Fokus ihrer Politik zu stellen, nicht nur eingelöst, sondern auch umgesetzt (2).
Quellen und weiterführende Links
(1) Handelsblatt – Milliarden-Investitionen sollen Reformpolitik unterstützen
(2) Frankfurter Allgemeine – Frankreich hält Obergrenze für Haushaltsdefizit ein
(3) HaushaltsSteuerung.de – Staatsverschuldung in der Europäischen Union (EU)