Lange oder kurze Sollzinsbindung – was ist besser?
Die typische Antwort auf diese Frage lautet, je niedriger die Zinsen, um so länger sollte die Festschreibung sein. Damit umgeht der Immobilienerwerber das Risiko einer Zinserhöhung während der Laufzeit. Aber ist die langfristige Sollzinsbindung wirklich die ideale Entscheidung?
- Anstieg der Bauzinsen nicht auszuschließen.
- Kurze Zinsbindung bringt niedrigeren Zinssatz.
- Steigen die Zinsen nach Ablauf der Bindung nicht übermäßig, fällt kürzere Zinsbindung deutlich günstiger aus.
- Kosten für unterschiedliche Festschreibungen unbedingt durchrechnen.
Änderung der Geldpolitik bei den Notenbanken
Unstrittig ist, dass sich die Zinsen für Baugeld im Juli 2018 immer noch auf einem historischen Tiefstand bewegen. Es gilt aber auch als sicher, dass die Zinsen anziehen werden. Eine striktere Notenbankpolitik führt zu einem Anstieg der Zinsen für Anleihen und damit auch bei Pfandbriefen. Aus Pfandbriefen wiederum refinanzieren sich die Hypothekenbanken.
Die Europäische Zentralbank hat angekündigt, den Rückkauf von Anleihen zu stoppen, die US-Notenbank FED hat weitere Zinserhöhungen angekündigt. Es spricht also alles dafür, dass die Zinsen in absehbarer Zeit steigen werden. Nur kann niemand vorhersagen, wie hoch der Anstieg ausfällt. In der jüngeren Vergangenheit gab es immer wieder Auf- und Abbewegungen, die allerdings marginal ausfielen.
Trotz der angekündigten Maßnahmen der Notenbanken, Geld wieder zu verteuern, kann es durchaus sein, dass die Zinsen für Baufinanzierungen noch einige Jahre auf dem bisherigen Niveau verbleiben. Zumindest kann der Anstieg nur sehr leicht ausfallen. Mit anderen Worten, nichts Genaues weiß man nicht.
Schere klafft bei unterschiedlichen Zinsbindungen auseinander
Es gilt die Tatsache, dass der Zinssatz umso höher ausfällt, je länger der Käufer die Zinsbindung vereinbart. Es stellt sich die Frage, ob der Mehraufwand für eine lange Zinsfestschreibung lohnt, oder ob es günstiger ist, sich nur kürzer zu binden und darauf zu hoffen, dass der Zinsanstieg moderat ausfällt. Im Juli 2018 belief sich der Zinssatz für eine zehnjährige Zinsbindung bei der Interhyp auf 1,23 Prozent nominal, bei 20 Jahren musste der Erwerber mit 1,90 Prozent rechnen. Unterstellt man eine gleiche Monatsrate, konnte der Käufer also mit der kürzeren Zinsfestschreibung eine um 0,67 Prozentpunkte höhere Tilgung einbringen. Die nachfolgenden Screenshots zu unserem Baufinanzierungsvergleich zeigen die Unterschiede:
Interhyp: 10 Jahre, 150.000 Euro, 80 Prozent Beleihungsauslauf, 2 Prozent anfängliche Tilgung
Interhyp: 20 Jahre, 150.000 Euro, 80 Prozent Beleihungsauslauf, 2 Prozent anfängliche Tilgung
Die Zinsentwicklung der Interhyp Baufinanzierung bei zehn beziehungsweise 20 Jahren Sollzinsbindung verdeutlicht die Differenz während der letzten Monate:
Persönliche Liquidität berücksichtigen
Wer vor der Entscheidung steht, zu finanzieren, sollte einige Szenarien mit unserem Baufinanzierungsrechner durchspielen. Wichtig bei der Entscheidung sind allerdings die eigenen finanziellen Verhältnisse. Wie wirkt sich ein möglicher Zinsanstieg auf die monatliche Liquidität aus? Kann dieser bewältigt werden, oder wird die Finanzierung dann eng?
Wer beim Kauf schon ein enges finanzielles Fenster hat, sollte sich für eine langfristige Zinsbindung entscheiden, um somit das Risiko einer eventuell höheren Rate zu vermeiden. Auf der anderen Seite lädt die kürzere Zinsbindung zu einem höheren Tilgungsanteil ein, der wiederum die Restschuld schneller verringert (1).
Der Zinsvergleich: Lange gegen kurze Sollzinsbindung
Angenommen, der Erwerber A finanziert im Juli 2018 mit den oben genannten Daten eine Immobilie mit einer Zinsbindung von 20 Jahren. Nach 20 Jahren steht noch eine Restschuld von 77.077 Euro in den Büchern.
Erwerber B entscheidet sich für eine Zinsbindung von zehn Jahren, erhöht aber die Tilgungsleistung so, dass er auf die gleiche monatliche Rate wie A kommt. Nach zehn Jahren beträgt die Restschuld noch 107.544 Euro. Die anfängliche Tilgung beträgt 2,66 Prozent.
Die erneute Zinsbindung von zehn Jahren basiert nun auf einem Zinssatz von zwei Prozent. Der anfängliche Tilgungsanteil steigt auf 3,44 Prozent. Die Restschuld läuft nach weiteren zehn Jahren, im Jahr 2038, bei 66.632 Euro aus. Steigt der Zinssatz jedoch auf 2,5 Prozent pro Jahr, sinkt bei gleicher Rate die Tilgung auf 2,49 Prozent. Die Restschuld beträgt dann 71.670 Euro.
Bei dem Szenario der gleichbleibenden monatlichen Rate hat Erwerber B trotz gestiegener Zinsen den klaren Vorteil.
Darlehen über 150.000 Euro: Kurze und lange Sollzinsbindung im Vergleich | ||
---|---|---|
Sollzinsbindung | 10 Jahre | 20 Jahre |
Sollzins p.a. | 1,24% | 1,92% |
Rückzahlung | 2,66% anfängliche Tilgung – ergibt Monatsrate von 487,50 € | 2% anfängliche Tilgung – ergibt Monatsrate von 487,50 € |
Stand zum Ende der Zinsbindung von 10 Jahren | 107.544 € Restschuld, 16.044 € gezahlte Zinsen | |
Anschlussfinanzierung | 107.544 Euro, Sollzinsbindung 10 Jahre, Rate weiterhin 487,50 € | |
Sollzins p.a. | 2,00% | |
Stand zum Ende der Zinsbindung | 66.631 € Restschuld | |
17.588 € gezahlte Zinsen | ||
Ergebnis nach 20 Jahren | 66.631 € Restschuld | 77.077 € Restschuld |
33.632 € gezahlte Zinsen | 44.077 € gezahlte Zinsen |
Höherer Tilgungsanteil kompensiert späteren Zinsanstieg
Der günstigere Zinssatz während der ersten Zinsbindungsphase hat den Tilgungsanteil so überproportional steigen lassen, dass die Zinserhöhung während der zweiten Phase der Zinsfestschreibung ohne Weiteres kompensiert werden konnte. Erwerber A mag nach zehn Jahren immer noch ruhig geschlafen haben, weil er keine Anschlussfinanzierung benötigte, hat diesen Schlaf aber mit rund 11.000 Euro mehr Zinsen teuer bezahlt.
Die Entscheidung für eine kurze oder lange Zinsbindung darf also nicht nach der pauschalen Aussage, die wir eingangs zitierten, getroffen werden. Erwerber sollten die verschiedenen Szenarien mit einem Baufinanzierungsrechner kalkulieren.
Quellen und weiterführende Links
(1) Kreditvergleich.net – Zinsfestschreibung
(2) Kreditvergleich.net – Baufinanzierungsrechner