Widerruf einer Baufinanzierung auch nach erfolgter Ablösung?
Das Thema „Widerruf einer Baufinanzierung“ schlägt seit einiger Zeit hohe Wellen. Mangelhafte oder gar fehlende Widerrufsbelehrungen führten dazu, dass Immobilienerwerber laufende Finanzierungen rückwirkend kündigten und auf diese Weise einen Weg fanden, in eine aktuell deutlich günstigere Finanzierung umzuschichten.
Was aber, wenn diese Neuordnung schon einige Jahre zurücklag? Konnte die frühere Finanzierung dann immer noch widerrufen werden, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen?
Das LG Frankfurt hat zu diesem Sachverhalt im Januar 2016 einen hochgradig interessanten Hinweis im Zusammenhang mit dem Paragraf 355 BGB gegeben. Dieser Paragraf regelt die Widerrufsfrist bei Verbraucherkreditverträgen.
Widerruf auch bei bereits erfolgter Ablösung des Darlehens zulässig
Ein Bankkunde hatte bereits vier Jahre zuvor seinen Kreditvertrag vorzeitig gekündigt, um sein Darlehen neu zuordnen. Dafür fiel branchenüblich eine Vorfälligkeitsentschädigung an.
Das OLG Frankfurt hatte in diesem Zusammenhang bereits ähnlich argumentiert (Az.: 17 U 202/14). In dem hier vorliegenden Fall vom Januar 2016 kamen die Richter zu dem Schluss, dass die bereits gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung in voller Höhe an den ehemaligen Kunden der Bank zurückzuzahlen ist. Die Frankfurter Richter gingen aber noch weiter.
Zinskompensation zulässig
Neben der vollständigen Rückführung der in den Augen der Kläger zu Unrecht einbehaltenen Vorfälligkeitsentschädigung steht auch eine Ausgleichszahlung der Zinsen zwischen den gezahlten und den marktüblichen Zinsen zur Diskussion.
Darüber hinaus steht im Vorfeld der Verhandlung auch die Frage, ob eine Entschädigungsleistung für die von der Bank genutzten Zins- und Tilgungszahlungen des Kunden erfolgen wird. Die Rede ist hier von fünf Prozent über dem jeweils gültigen Basiszinssatz auf die erfolgten Zahlungen.
Formale Fehler als Klagegrund
Der zu behandelnde Fall beschäftigt sich im Kern mit der visuellen Aufbereitung der Widerrufsbelehrung. Die Anwälte des Klägers bemängeln, dass die Widerrufsbelehrung nicht als solche erkenntlich war, da sie im Fließtext bearbeitet wurde und lediglich der Passus „Ende der Widerrufsbelehrung“ eingeschoben war.
Darüber hinaus stellen die Anwälte fest, dass die Rechtsfolgen des Widerrufs in dem Papier durch „optische Barrieren“ für einen Laien nur schwer erkenntlich waren. Hauptargument der klagenden Partei ist, dass die vorliegende Widerrufsbelehrung weder der vom Gesetzgeber angeregten Mustervereinbarung entspricht, noch einer gleichwertigen Widerrufsbelehrung.
Die Anwälte stellen weiter fest, dass der Passus „Ende der Widerrufsbelehrung“ zu einem inhaltlichen Fehler führte, da dieser Passus in der Mustervorlage nicht enthalten ist. Die Rechtsvertreter gehen davon aus, dass die Klage Erfolg haben wird, da die formale Aufbereitung der vorliegenden Widerrufsbelehrung in allen Bereichen von der Mustervorlage abweicht.
Die Kläger vertreten die Hoffnung, dass dieser Fall, wie andere bereits auch schon, abschließend vor dem OLG Frankfurt verhandelt wird, um Verbrauchern weitere Rechtssicherheit zu geben. Wie das OLG Frankfurt bereits an anderer Stelle ausführte, sei es seitens der Banken ein Irrtum, sich auf Vertrauensschutz zu berufen, wenn die Widerrufsbelehrung sich nicht an dem allgemeingültigen Muster orientiert.
Die erfreulichen Konsequenzen für die Kreditnehmer
Das Urteil wird mit Spannung erwartet. Bei einem positiven Ausgang bedeutet dies für Verbraucher, dass sie auch noch Schadensersatzansprüche geltend machen können, wenn das Darlehen bereits getilgt ist oder durch eine Anschlussfinanzierung abgelöst wurde.