Wie stehen wir Deutschen zum Thema Finanzen?
Wie jedes Jahr zum Weltspartag veröffentlichte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband jüngst die Studie „Vermögensbarometer“. Im Frühjahr 2016 wurden über 1.800 Personen in Deutschland zu deren Meinungen und Erfahrungen in bestimmten Finanzthemen befragt.
Dazu zählen unter anderem das Konsumverhalten, die Altersvorsorge oder das Sicherheitsbedürfnis bei Investitionen. Immobilien sind gefragter denn je, Lebensversicherungen sind deutlich abgeschlagen. Im Folgenden finden sich eine Aufarbeitung der Ergebnisse.
Das aktuelle Kreditverhalten der Deutschen
So günstig wie das Geld dieser Tage ist, war es noch nie. Egal ob Hausbau, Auto, Urlaub oder Hochzeit – heutzutage finanziert sich alles wesentlich günstiger, als je zuvor. Was bedeutet das für unser Kreditverhalten oder für unser Verhältnis zu geborgtem Geld ganz allgemein?
Billiges Geld = Leichtsinnige Kreditaufnahme?
Die Studie des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes fand in seiner Umfrage heraus, dass es in Deutschland nicht zu einer riskanten oder leichtsinnigen Kreditnachfrage gekommen ist. Obwohl das Geld so günstig zu borgen ist, bleiben die Deutschen besonnen und überlegen sich genau, ob sie in eine Kreditverpflichtung einsteigen wollen. 54 Prozent der Deutschen lehnen Kredite nach wie vor kategorisch ab.
Die übrigen 46 Prozent der Befragten sind Krediten gegenüber nicht abgeneigt. Die Hälfte gibt an, dass die niedrigen Zinsen eine Kreditentscheidung positiv beeinflussen. Die andere Hälfte verhält sich hälftig bei dieser Frage neutral oder gibt an, dass das Zinsniveau nicht relevant sei.
Besonders interessiert am niedrigen Zins für Kredite sind die 40 bis 59 Jährigen und Personen, deren Haushaltseinkommen über 2.000 Euro liegt. Interessanterweise spielt das Zinsniveau für 45 Prozent derer, die ein Haushaltseinkommen von unter 2.000 Euro zur Verfügung haben, keine Rolle.
Sicherheit, Flexibilität und Verfügbarkeit
Beim Thema Altersvorsorge fallen einem spontan die alten Klassiker ein: Lebensversicherungen, die eigenen vier Wände, Sparbücher oder-pläne. Aktien, Fonds und andere Wertpapiere wollen nicht so recht für eine langfristige Planung in Frage kommen, möchte man meinen.
Daher befragten die Meinungsforscher die Menschen auch nach den wichtigsten Kriterien hinsichtlich der finanziellen Planung fürs Alter. So sehen und sahen es die Deutschen 2016 bzw. 2015:
Sicherheit
- 2016: 57 Prozent
- 2015: 50 Prozent
Flexibilität
- 2016: 40 Prozent
- 2015: 38 Prozent
Verfügbarkeit:
- 2016: 36 Prozent
- 2015: 31 Prozent
Aspekte wie eine hohe Rendite und die Vererbbarkeit (je 22 Prozent) und steuerliche Aspekte (21 Prozent) nehmen einen weit weniger hohen Stellenwert ein.
Nach wie vor sind wir Deutschen sehr sicherheitsbewusst, speziell wenn es um langfristige Planung geht. So sehen wir auf den ersten drei Plätzen der beliebtesten Möglichkeiten für den gezielten Vermögensaufbau Finanzprodukte, die Immobilien fokussieren.
Flexibilität und Verfügbarkeit sind Aspekte, mit denen Immobilien nicht oder nur beschränkt dienen können. Diese Diskrepanz zwischen Anforderungen an die Altersvorsorgestrategie und den schließlich bevorzugten Produkten, lässt möglicherweise auf ein Beratungsdefizit schließen.
Abgeschlagen und drastisch abgestraft wurde die Lebensversicherung. Einst ein steuerlich begünstigtes Produkt mit einer vernünftigen Verzinsung, maximaler Sicherheit und zusätzlichem Schutz für die Angehörigen, ist heute kaum mehr ein Blumentopf mit ihr zu gewinnen.
Das wird auf absehbare Zeit wohl auch so bleiben. Große Versicherer haben bereits Produkte mir Garantiezins komplett abgeschafft. Ab 2017 wird dieser staatlich definierte Garantiezins weiter sinken und von aktuell 1,25 Prozent auf 0,9 Prozent fallen.
Immobilien als Mittel der Wahl im Niedrigzinsumfeld
Grund und Boden sowie die eigenen vier Wände stehen für Sicherheit und Wertbeständigkeit. Wer eine Wohnung oder sogar ein Haus sein eigen nennen kann, muss mit der vermutlich nicht sehr üppigen Rente im Alter schon mal keine Miete mehr bezahlen.
Gleichzeitig kommen aber gerade dann, wenn die Baukreditzinsen sehr günstig sind, viele auf die Idee in Immobilien zu investieren. Die stark vergrößerte Nachfrage führt natürlich auch zu einem Anstieg der Preise, sowohl auf dem Käufer- als auch auf dem Mietermarkt. Die sogenannte Mietpreisbremse ist ein Resultat eben dieser Entwicklung.
Wer daher für sein Alter mittels einer Immobilie vorsorgen möchte, sollte genau unterscheiden zwischen dem inneren Wert und dem Marktpreis einer Immobilie. Die günstigen Finanzierungsmöglichkeiten machen einen gewissen preislichen Aufschlag sicherlich wett, aber auch hier gibt es Grenzen der Vernunft.
Innerer Wert vs. Marktpreis
Ist die preisliche Vorstellung des Verkäufers zu hoch und damit zu weit entfernt vom inneren Wert des Objekts, hilft auch die günstigste Baufinanzierung nicht weiter. Der Käufer bezahlt schlicht und ergreifen zu viel.
Ist aber ein Objekt gefunden, dass sich preislich im Rahmen bewegt, dann steht der Aufnahme eines Immobilienkredits nicht mehr viel im Wege.
Online-Vergleiche bieten einen umfangreichen Überblick über das aktuelle Zinsniveau und entsprechende Tools generieren schon im Vorfeld eine sehr gute Idee vom Ablauf einer Finanzierung. Sind alle Rahmenbedingungen akzeptabel, sollten unverbindliche Angebote eingefordert und verglichen werden. Dann kann das Abenteuer „Eigene vier Wände“ theoretisch schon losgehen.
Unsinnige Hürden auf dem Weg zur Immobilie
Wäre da nicht die Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Die aktuelle Interpretation dieser EU-Verordnung durch die deutsche Bundesregierung hat zu massiven Einbrüchen bei der Vergabe von Baufinanzierungen geführt.
Hintergrund ist die teilweise sehr große Unsicherheit seitens der Banken und Sparkassen, an welche Kunden sie noch Kredite vergeben dürfen, ohne dass ihnen die Verträge irgendwann in der Zukunft um die sprichwörtlichen Ohren fliegen.
Laut der aktuellen Gesetzeslage darf nach dieser Verordnung die Immobilie bzw. deren Gegenwert nicht als Sicherheit für den Kredit betrachtet werden. Lediglich die aktuelle und wahrscheinliche zukünftige Einkommenslage ist entscheidend.
Das bedeutet für ältere Menschen, die in nicht allzu ferner Zukunft in Rente gehen, dass die Finanzierung eines Umbaus nicht mehr infrage kommt. Ebenso junge Familien, bei denen noch Kinderwunsch besteht. Hier fällt ein Einkommen weg, was die Kreditsicherheit gefährdet.
Noch sind die meisten zufrieden
Grundsätzlich erfreulich ist, dass die Bundesbürger mit ihrer finanziellen Situation recht zufrieden sind. 52 Prozent gaben bei der Umfrage an, gut bis sehr gut zurechtzukommen. Letztes Jahr lag dieser Wert allerdings noch um 4 Prozent höher. 2014 waren es sogar knapp 60 Prozent.
Die aktuelle Tendenz ist also abnehmend. Parallel dazu steigt die Zahl derer, die hinsichtlich ihrer finanziellen Situation mit „es geht“ antworteten, stark an und liegt aktuell bei etwa 40 Prozent. Die Zahl derer, die eher schlecht oder schlecht zurechtkommen, nimmt seit 2013 weiter ab.
Es findet offensichtlich eine Verschiebung zur Mitte hin statt. Die Anteile der Menschen, die sehr gut oder sehr schlecht zurechtkommen nehmen ab, die Zahl der Personen, bei denen „es geht“, nimmt zu.
Billiges Geld schraubt Konsum nicht an
Obwohl die Zinsen auf einem historisch niedrigen Niveau liegen, schiebt diese Marktlage die Konsumlaune der Deutschen nicht nachhaltig an. Weit über 70 Prozent gaben an, ihr Konsumverhalten innerhalb der letzten 12 Monate nicht verändert zu haben.
Gleichzeitig stellt die Studie fest, dass die Deutschen ihr Sparverhalten an die aktuelle Zinssituation angepasst haben. 40 Prozent ändern ihr verhalten:
- 22 Prozent wollen weniger sparen
- 3 Prozent wollen mehr sparen
- 15 Prozent wollen in andere Anlageformen wechseln