Wohngeldreform bringt Entlastung nicht nur für Mieter
Die Wohngeldreform 2016 bringt in den meisten Fällen eine signifikante finanzielle Entlastung für Mieter und Eigentümer. Was viele Immobilienbesitzer von selbst genutztem Wohneigentum nicht wissen: Ihnen steht ebenfalls Wohngeld als Unterstützung bei der Finanzierung zu, allerdings unter dem Begriff „Lastenzuschuss“.
Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat die Auswirkungen der Wohngeldreform, aber auch die Entwicklung bei Beziehern, analysiert. Die Frage ist, wer profitiert am meisten?
Zweistelliges Plus bei Beziehern
Im Bundesmittel führte die Reform zu einem durchschnittlichen Anstieg der Wohngeldbezüge um 37 Prozent. Ende des Jahres 2015 lag der Mittelwert bei 115 Euro, Im Dezember 2016 bei 157 Euro. Dabei gab es keine regionale Einschränkung, der Anstieg erstreckt sich über die ganze Republik. Das BBSR nannte dafür drei Beispiele:
- Offenbach am Main: Anstieg von durchschnittlich 151 Euro auf 229 Euro pro Haushalt
- Rhein-Pfalz-Kreis: Anstieg von durchschnittlich 153 Euro auf 236 Euro
- Landkreis Teltow-Fläming (Brandenburg): Anstieg von durchschnittlich 90 Euro auf 129 Euro.
Auch wenn nur 1,5 Prozent aller privaten deutschen Haushalte Wohngeld beziehen, war der Anstieg von 2015 auf 2016 geradezu dramatisch. Die Zahl der Berechtigten stieg um rund 171.000 auf 631.000 Haushalte, ein Plus von 37 Prozent.
Die folgende Grafik illustriert, wie sich der Anstieg im Durchschnitt in Deutschland entwickelte:
Situation bei Rentnerhaushalten zeigt keine Entspannung
Rund jeder zwanzigste aller Rentnerhaushalte in Deutschland benötigt staatliche Hilfe. 823.000 Rentner, fünf Prozent aller über 65Jährigen, sind entweder auf Grundsicherung oder Wohngeld angewiesen, so das BBSR.
304.000 Rentnerhaushalte benötigten Wohngeld, um ihre Miete bezahlen zu können, 519.000 erhielten im Rahmen der Grundsicherung Mietzuschüsse. Es muss allerdings berücksichtigt werden, dass dieser Personenkreis nicht ausschließlich in Privathaushalten lebt. Rund 13 Prozent der Bezieher von Grundsicherung und 26 Prozent der Rentner mit Wohngeldbezug lebten in stationären Einrichtungen wie Alten- oder Pflegeheimen.
Rentner profitierten mit am stärksten von der Wohngeldreform. Die Zahl der anspruchsberechtigten Personen in Privathaushalten stieg von 2015 auf 2016 um 47 Prozent (153.000 auf 225.000). Die Zahl derer, die in Heimen lebt, wurde mehr als verdoppelt. Sie stieg von 37.000 auf 79.000.
Im Umkehrschluss nahm jedoch die Zahl derjenigen in Einrichtungen mit Anspruch auf Grundsicherung leicht ab. Ähnlich wie nach der Wohngeldreform 2009 wechselten auch diesmal viele Empfänger von Grundsicherung zum Empfang von Wohngeld, da hier ein höherer Anspruch besteht.
Interessant ist die deutliche regionale Verteilung bei Wohngeld und Grundsicherung. Während im Westen Deutschlands die Grundsicherung von den Berechtigten favorisiert wird, überwiegt im Osten eindeutig das Wohngeld:
Was genau ist Wohngeld?
Bei Wohngeld handelt es sich um eine Leistung der öffentlichen Hand, die seit über 50 Jahren auf Antrag an Personen geleistet wird, deren Haushaltseinkommen nicht ausreichend ist, um die Miete für eine angemessene Wohnung zu bezahlen. Folgende Kriterien sind für die Bewilligung ausschlaggebend:
- Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitgliede
- Höhe des Gesamteinkommens
- Höhe der zuschussfähigen Miete bzw. Belastung
Immobilienbesitzer, die ihr Zuhause finanzieren, haben ebenfalls Anspruch auf staatliche Unterstützung für die Zahlung der Darlehensrate. Die Kriterien sind identisch zu denen des Wohngeldes, allerdings lautet die Bezeichnung dafür „Lastenzuschuss“.
Die Höhe des Wohngeldes richtet sich gemäß Tabelle nach der Anzahl der Familienmitglieder und der Mietpreisstufe.
Höchstbeträge für Miete und Belastung gemäß § 12 Abs. 1 Wohngeldgesetz ( WoGG)
Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder | in Gemeinden mit Mieten der Stufe | Höchstbetrag ab 01.01.2016 |
---|---|---|
1 | I II III IV V VI |
312,00 Euro 351,00 Euro 390,00 Euro 434,00 Euro 482,00 Euro 522,00 Euro |
2 | I II III IV V VI |
378,00 Euro 425,00 Euro 473,00 Euro 526,00 Euro 584,00 Euro 633,00 Euro |
3 | I II III IV V VI |
450,00 Euro 506,00 Euro 563,00 Euro 626,00 Euro 695,00 Euro 753,00 Euro |
4 | I II III IV V VI |
525,00 Euro 591,00 Euro 656,00 Euro 730,00 Euro 811,00 Euro 879,00 Euro |
5 | I II III IV V VI |
600,00 Euro 675,00 Euro 750,00 Euro 834,00 Euro 927,00 Euro 1004,00 Euro |
Mehrbetrag für jedes weitere zu berücksichtigende Haushaltsmitglied | I II III IV V VI |
71,00 Euro 81,00 Euro 91,00 Euro 101,00 Euro 111,00 Euro 126,00 Euro |
Die Antragstellung für Wohngeld und Lastenzuschuss erfolgt bei der Wohngeldstelle der jeweiligen Gemeinde. Der Bewilligungszeitraum beträgt in der Regel ein Jahr. Danach muss der Bezieher das Wohngeld erneut beantragen.
Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt
Die deutsche Bevölkerung überaltert. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass ein größerer Bedarf an seniorengerechten Wohnungen besteht. Die steigende Zahl der Wohngeldbezieher zeigt jedoch, dass es für diesen Personenkreis immer schwieriger wird, bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Finanzschwache Haushalte sind darauf angewiesen, dass der Wohnungsmarkt folglich um seniorengerechten Wohnraum „ergänzt“ wird, der durch die öffentliche Hand mit getragen wird.
Kritisch wird es auch für diejenigen, die eine entschuldete eigene Wohnung als eine Form der Altersvorsorge sahen. Schrumpfende Alterseinkünfte verhindern, dass dieser Immobilienbestand entsprechend renoviert oder saniert werden kann. Die Konsequenz ist ein sinkender Wert der Immobilie.
Wo liegt der Unterschiede zwischen Wohngeld und Grundsicherung?
Wenn Bürger die Wahl zwischen Wohngeld und Grundsicherung haben und sich für Wohngeld entscheiden, stellt sich die Frage, welche Unterschiede es gibt.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung entspricht dem Arbeitslosengeld II, bekannt als Hartz IV. Allerding sind die gesetzlichen Voraussetzungen andere. Die Voraussetzungen für Grundsicherung sind im XII. Sozialgesetzbuch (SGB XII) geregelt, Unterstützung für Arbeitssuchende im II. Sozialgesetzbuch (SGB II).
Von den Leistungen her sind beide Varianten identisch, lediglich die Eingangsvoraussetzungen unterscheiden sich.
Gemäß SGB XII leistet die öffentliche Hand im Rahmen der Sozialhilfe für
- Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung und
- Hilfe zum Lebensunterhalt
Das SGB II erbringt Leistungen an Arbeitssuchende in der Form von
- Arbeitslosengeld II und
- dazugehörend für Nichterwerbstätige (Kinder, Partner) das Sozialgeld
- Kindergrundsicherung
Wann besteht ein Anspruch?
Ein Anspruch besteht im Rentenalter, wenn die Rentenzahlung im Rahmen des Steuerfreibetrages liegt. Im Falle der Erwerbsminderung greift die Grundsicherung, wenn die betroffene Person auf Grund von Krankheit keine Möglichkeit mehr hat, in den Arbeitsprozess zurückzukehren und der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente ebenfalls unter der Grenze zur Besteuerung von Einkommen liegt. Kein Anspruch besteht, wenn das Einkommen der Kinder oder Eltern im Jahr 100.000 Euro übersteigt.
Anspruch auf Arbeitslosengeld II (ALG II) besteht nicht nur bei Arbeitslosigkeit, sondern auch, wenn das Einkommen aus einer Berufstätigkeit die Grenze von 1.200 Euro brutto im Monat nicht übersteigt. Diese Grenze kann nach oben verschoben werden, wenn unterhaltspflichtige Kinder im Haushalt leben.
Wie hoch sind die Leistungen aus der Grundsicherung?
Die Leistungen sind für ALG II und Grundsicherung bei Rente und Erwerbsminderung identisch. Die Höchstsätze betragen
- Regelbedarf Haushaltsvorstand: 409 €
- bei volljährigen Partnern jeweils: 368 €
- für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres: 237 €
- für Kinder ab 7 Jahren bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres: 291 €
- für Kinder ab 15 Jahren: 311 €
Grundsätzlich schließt der Bezug von Leistungen gemäß SGB II und SGB XII auch die Übernahme von Mietzahlungen und Heizkosten mit ein. Hier wird allerdings keine Pauschale, sondern der tatsächliche Kostensatz erstattet. Zu den genannten Leistungen bestehen allerdings auch noch Mehrbedarfe, die ebenfalls berücksichtigt werden:
- Schwangerschaft
- Alleinerziehende
- Bei Behinderung (17% des maßgeblichen Regelsatzes), wenn der Antragsteller gehbehindert ist und einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „G“ erhält.
- Bei kostenintensiver Ernährung (krankheitsbedingt)
- Bei dezentraler Warmwasserversorgung (wenn das Wasser beispielsweise stromintensiv über Durchlauferhitzer aufgewärmt wird.)
Wer zahlt die Grundsicherung?
Die einfache Antwort lautet: der Staat. Allerdings muss man zwischen den Leistungen aus SGB II und SGB XII unterscheiden. Für das Arbeitslosengeld II nach SGB II kommen die Agenturen für Arbeit auf. Diese Leistungen beinhalten auch Fördermaßnahmen zur Reintegration in den Beruf.
Die Grundsicherung nach SGB XII für Rentner und Personen mit Erwerbsminderung wird durch das Sozialamt erbracht.
Die Leistungen für die Grundsicherung werden jeweils für ein Jahr erbracht und müssen immer wieder neu beantragt werden.