Wohnungsbau legt weiter zu – aber zu langsam
Die Spitzenverbände der Wohnungsbauwirtschaft schauen entspannt in das Jahr 2018. Die Zahlen des Vorjahres mit 300.000 fertiggestellten Wohneinheiten und eine prognostizierte Größe von 320.000 Euro für das junge Jahr sind eine solide Grundlage. Immerhin wäre diese Zahl eine Verdoppelung des fertiggestellten Wohnraums gegenüber dem Jahr 2010.
In betriebswirtschaftlichen Größen ausgedrückt, bedeutet die Prognose für 2018 ein Umsatzplus von vier Prozent gegenüber dem Jahr 2017 mit einem Gesamtvolumen von 117 Milliarden Euro für das gesamte Bauhauptgewerbe. Das Umsatzplus resultiert allerdings auch aus Preissteigerungen von rund 3,5 Prozent. So weit, so gut, aber wie sieht es mit dem tatsächlichen Bedarf in der Fläche aus?
Wohnungsnotstand wächst weiter
Tatsache ist, dass der Wohnungsnotstand in den Ballungsgebieten weiter steigt. Das Baugewerbe sieht einen Markt von 350.000 neuen Wohnungen im Jahr, die Experten des Münchner Ifo-Institutes gehen für das Jahr 2018 von einem tatsächlichen Bedarf von 400.000 Wohneinheiten aus. Während der Wohnungsbau leicht zulegt, stagniert der Bau von Einfamilienhäusern auf dem Niveau von 2017.
Welche Probleme im Kleinen auf die Kommunen zukommen, zeigt ein Beispiel aus der Stadt Friedrichsdorf im Taunus: Eine Sanierungsmaßnahme an Mietshäusern mit 80 Parteien führte dazu, dass die Mietverträge per 31.5.2018 gekündigt sind. 400 Menschen im unteren Lohnsegment (beziehungsweise ALG-II Bezieher) suchen jetzt neue Wohnungen, bislang auch trotz Unterstützung der Stadt ergebnislos. Die Lage spitzt sich zu, es gibt keine Wohnungen in Friedrichsdorf, so Bürgermeister Horst Burghardt (Grüne) gegenüber der Taunuszeitung (1).
Der Hauptgrund für den stagnierenden Einfamilienhausbau, trotz nach wie vor historisch niedriger Zinsen, liegt in den Preisen für Grund und Boden. Die Verknappung und die damit einhergehende Preissteigerung bei Bauland gerade in den Ballungsräumen machen den Grundstückserwerb für viele potenzielle Bauherren unmöglich. Hier sind laut Peter Hübner vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie die Kommunen gefordert, die Ausweisung von Bauland neu anzugehen und Bauland zu schaffen.
2015 / 2016 | 2016 / 2017 | |
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ETW Bestand | 6,03 % | 6,56 % |
ETW Neubau | 5,59 % | 5,96 % |
Eigenheime | 4,28 % | 5,44 % |
Reihenhäuser | 4,64 % | 5,96 % |
Baugrund EFH | 4,95 % | 6,11 % |
Quelle: Immobilienverband IVD
Der Mangel an Bauland sei auch ein Grund dafür, dass die Zahl der Baugenehmigungen zurückgeht. Hans-Hartwig Loewenstein vom Zentralverband des Deutschen Baugewerbes in Berlin führt aus, dass von Januar bis November 2017 laut Statistischem Bundesamt rund 7,3 Prozent weniger Baugenehmigungen erteilt wurden wie im Vorjahreszeitraum. Laut der Kreditanstalt für Wiederaufbau sei allerdings nicht der Mangel an Baugenehmigungen die Ursache, sondern der Produktionsstau aufgrund der hohen Nachfrage (2).
Ein weiterer Kostenfaktor sind die Energieeinsparvorgaben. Im Interview mit dem Onlineportal finanztreff.de sagte Hübner wörtlich: „Also wir dämmen uns ja heute fast zu Tode bei diesen Häusern.“ (3)
Die Bauwirtschaft, so Hübner, stößt aber inzwischen auch an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Auslastung sei durch die gute Konjunktur so hervorragend, dass Personal fehle, um weitere Bauvorhaben anzugehen. Immerhin stieg die Zahl der Beschäftigten im Jahr 2017 auf 820.000 Mitarbeiter.
Für die Bauwirtschaft herrschen weiter rosige Zeiten, für die Wohnungssuchenden wird es immer kritischer. Wohnen, zumindest in den Ballungsräumen, wird für immer mehr Bürger zum Luxusgut. Alternativ müssen sie Anfahrtszeiten von einer Stunde und mehr zum Arbeitsplatz in Kauf nehmen.
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Taunus Zeitung – Verzweifelte Suche nach einer neuen Bleibe
(2) Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW – Es werden genug Wohnungen genehmigt – sie müssen nur gebaut werden (PDF)
(3) Finanztreff.de – Wohnungsbau kommt nicht so schnell voran wie erhofft