Wohnungsmangel in Deutschland erfordert mehr Baumaßnahmen
Die jüngste Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln belegt, dass aktuelle Baumaßnahmen für neuen Wohnraum nicht dem Bedarf an Wohnungen hinterherkommen (1). Allerdings sind dabei mitunter starke regionale Unterschiede zu beachten, welche geradezu kontraproduktiv ausfallen. Wie hoch die finanziellen Unterschiede sein können, haben wir für Sie aufgedeckt.
- Bis 2020 müssten pro Jahr 341.700 neue Wohnungen in Deutschland gebaut werden, um den allgemeinen Wohnungsbedarf zu decken.
- Fertigstellungsquoten der Großstädte liegen weit hinter dem Bedarf.
- Verdichtung der Großstädte gilt nur bedingt als Lösung.
- In ländlichen Regionen herrscht hingegen teilweise ein Überangebot und somit Leerstand.
- Banken unterstützen mit günstigen Baufinanzierungen den Wohnungskauf .
Fertigstellung von Wohnungen weit hinter Bedarf
Schaut man sich die Fertigstellungsquoten von 2016 bis 2018 der größten deutschen Städte an, ist es nicht verwunderlich, dass der Wohnraummangel die Mieten mancherorts unbezahlbar macht:
- Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt: 78 Prozent
- München: 67 Prozent
- Stuttgart: 56 Prozent
Das IW führte aus, dass bis zum Jahr 2020 rund 341.000 neue Wohnung pro Jahr erstellt werden müssten, um den Bedarf zu decken. Den 21.000 neuen Wohneinheiten, die in Berlin jährlich bis 2030 gebaut werden sollten, standen im Jahr 2019 weniger als 17.000 Wohnungen gegenüber.
Wohn-Leerstände auf dem Land
Grund und Boden ist in den Großstädten und Ballungszentren inzwischen unbezahlbar geworden. Vor diesem Hintergrund zieht es viele Bauträger und Bauherren auf das Land. Während sich Familien dort ein Zuhause suchen und der Wohnraum somit auch belegt ist, sieht es beim Bau von Mehrfamilienhäusern schon etwas anders aus.
In insgesamt 69 der 401 kreisfreien Städte und Landkreise wurden in der Zeit zwischen 2016 und 2018 über 50 Prozent mehr Wohnungen fertiggestellt, als benötigt wurden. Der bayerische Landkreis Rhön-Grabfeld brachte es zu einem traurigen Rekord. Die Zahl der Wohnungen betrug das Vierfache des Bedarfs, Leerstände von Wohnungen sind die Folge.
Bauen als bestes Mittel gegen steigende Mieten
Dass Immobilienerwerb die beste Lösung gegen steigend Mieten darstellt, haben seit 2010 zahlreiche Mieter erkannt und sich den Wunsch von der eigenen Immobilie erfüllt. Betrug das Volumen der ausgereichten Baukredite im Januar 2003 noch 15,5 Milliarden Euro, stieg es im Juli 2015 in der Spitze auf über 25 Milliarden Euro, bevor es auf 20,164 Milliarden Euro im Juni 2019 sank.
Die Vergabe von Baugeld an private Haushalte hat sich seit einigen Jahren auf Größenordnungen um 20 Milliarden Euro eingependelt. Einer der Gründe dürfte sicherlich das Zinsniveau sein. Im Juni 2019 lag der durchschnittliche Zins noch bei 1,57 Prozent, einem historischen Tiefststand. Im Jahr 2004 lag der effektive Zinssatz hingegen noch bei durchschnittlich fünf Prozent.
Allerdings darf man auf der anderen Seite nicht vergessen, dass im Durchschnitt durch die steigenden Immobilienpreise die Eigenkapitalquote sinkt. Dies führt wiederum zu einem individuell höheren Zinssatz für den einzelnen Darlehensnehmer aufgrund des sinkenden Beleihungsauslaufs und zu einer höheren monatlichen Belastung durch den erhöhten Fremdmittelanteil. Nur weil die Bauzinsen derzeit so niedrig sind, heißt das nicht gleichzeitig, dass Immobilien allerorts einfach zu finanzieren sind.
Stadt oder Land – wo lohnt sich der Erwerb mehr?
Vergleicht man einmal Frankfurt am Main mit dem Hintertaunus, einer Hochburg derer, die sich Frankfurt und Vordertaunus nicht mehr leisten können oder wollen, werden klare Unterschiede ersichtlich. Die Entfernung aus dem Hintertaunus beträgt ca 45 Kilometer, Bahnanschluss für Pendler ist vorhanden. Bei den Kaltmieten liegt der Quadratmeterpreis im Usinger Land bei ca. sieben Euro. In Frankfurt sind es 15 Euro und mehr für eine identische Wohnung. Wie sieht es beim Immobilienerwerb aus?
Ein Reihenendhaus in nördlicher Stadtrandlage in Frankfurt am Main mit 150 qm Wohnfläche und 346 qm Grundstück stand Anfang August für 659.000 Euro zum Verkauf (ImmobilienScout24). Bei zehn Prozent Erwerbsnebenkosten und Eigenkapital in Höhe von 100.000 Euro ergibt sich ein Finanzierungsbedarf von 624.900 Euro. Bei 1,57 Prozent Effektivzins p.a., einer anfänglichen Tilgung von zwei Prozent und einer Zinsbindung von 15 Jahren bedeutet dies einen monatlichen Aufwand von 1.859,08 Euro. Nach der Zinsbindung sind dann immer noch 413.670,04 Euro zu zahlen.
In Usingen steht Anfang August 2019 ebenfalls ein Reihenendhaus zum Verkauf (ImmobilienScout24). Für 140 qm Wohnfläche und 450 Quadratmeter Grund beträgt der Kaufpreis 439.000 Euro – also 220.000 Euro weniger. Bei gleichen Rahmenbedigungen liegt die monatliche Belastung, bedingt durch den deutlich niedrigeren Verkaufspreis, bei „nur“ 1.139,13 Euro. Entsprechend sind nach Ende der Zinsbindung auch nur noch 253.471,15 Euro zurückzuzahlen.
Frankfurt am Main | Usingen | |
---|---|---|
Wohnfläche | 150 qm | 140 qm |
Grundstücksfläche | 346 qm | 450 qm |
Angebot | 659.000 € | 439.000 € |
Erwerbsnebenkosten | 10 % | |
Eigenkapital | 100.000 € | |
Finanzierungsbedarf | 624.900 € | 382.900 € |
Effektivzins p.a. | 1,57 % | |
Anfängliche Tilgung | 2,00 % | |
Zinsbindung | 15 Jahre | |
Monatliche Darlehensrate | 1.859,08 € | 1.139,13 € |
Restschuld nach Zinsbindung | 413.670,04 € | 253.471,15 € |
Für die Differenz bei der monatlichen Darlehensrate von mehr als 700 Euro ließe sich zum Beispiel noch ein zweites Auto finanzieren, um die Mobilität sicherzustellen.
Eine Darlehensrate von etwas mehr als 1.000 Euro im Monat lässt sich für eine Familie leichter realisieren als ein Betrag von fast 1.900 Euro. Ergänzend sei gesagt, dass das Objekt in Frankfurt noch eines der günstigsten war. In Regionen wie Dornbusch oder Eckenheim mit einer Querbeetbevölkerung sind siebenstellige Kaufpreise an der Tagesordnung.
Bauen als einzige Antwort auf Mietsteigerungen in den Großstädten
Das IW kommt zu dem Schluss, dass Bauen die einzige Lösung sei, um dem Bedarf an Wohnraum in den Großstädten entgegen zu kommen. Frankfurts Oberbürgermeister Feldmann (SPD) spricht daher aufgrund fehlender Grundstücke nur zu gerne von „Verdichtung“. Es stellt sich allerdings die Frage, ob Verdichtung neben neuem Wohnraum auch Lebensqualität schafft. Noch mehr Straßenschluchten würden dann das Innenstadtbild prägen.
Quellen und weiterführende Links
(1) Bundesanzeiger Verlag – Deutschland muss mehr bauen (Von: Institut der deutschen Wirtschaft Köln)