Zinsgeschäft der Banken viel solider, als behauptet wird
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Banker ob der aktuellen Zinsentwicklung den sprichwörtlichen Teufel an die Wand malen, die Branche am Abgrund sehen und den Sparern einen Strafzins für Spareinlagen und höhere Gebührenstrukturen voraussagen.
Wir sind hellhörig geworden und wollten wissen, ob es den Banken mit den aktuellen Rahmenbedingungen im Zinsgeschäft wirklich so schlecht geht, wie von vielen Stimmen proklamiert wird. Dazu sind wir direkt an die Quelle gegangen und haben uns die relevanten Zahlen von der Deutschen Bundesbank besorgt.
Folgende Aussagen stehen im Raum, die überprüft werden wollen
- Die Null-Zins-Politik der EZB ist schuld an immer kleineren Zinsmargen für die deutschen Banken
- Die Null-Zins-Politik der EZB ist für den Kreditmarkt in Deutschland nicht von Vorteil, da schlicht die Nachfrage nach Krediten fehlt
- Banken müssen die schlechte Zinsertragslage über höhere Gebühren und gegebenenfalls auch über Strafzinsen auffangen
- Banken stehen ökonomisch zwar noch gut da, sehen aber düstere Zeiten auf sich zukommen
Faktensuche im Einlagengeschäft und im Kreditbereich
Vor einer Antwort auf die Hypothesen muss eine Analyse des Marktes stehen. Dazu haben wir über 2.800 Einzeldaten ausgewertet, die Beachtung finden müssen, um das Zinsgeschäft beurteilen zu können. Als Quelle diente dazu die Deutsche Bundesbank als verlässliche Autorität in Sachen Daten und Statistiken.
Betrachtet wurde sowohl im Kredit- als auch im Einlagengeschäft nur das Neugeschäft. Hintergrund für diese Herangehensweise ist die Aussage eines Sprechers des Bankenverbandes, der erklärte, dass die alten Verträge die Geschäftsergebnisse noch erheblich beeinflussen würden. Für eine Beurteilung der kommenden wirtschaftlichen Situation der Banken sei aber die Entwicklung des Neugeschäftes ausschlaggebend.
Die Erhebungen der Deutschen Bundesbank umfassen mehrere Spar- und Kreditprodukte, die sich in ihrer prinzipiellen Ausgestaltung unterscheiden. Wir haben uns auf das Geschäft mit Verbrauchern konzentriert und die Datenreihen in unsere Analyse aufgenommen, die für den Endverbraucher am relevantesten sind.
Die analysierten Daten umfassen im Einlagen- und im Kreditbereich den durchschnittlichen effektiven Jahreszins sowie die Volumina des Neugeschäfts in Euro im Zeitraum Januar 2003 bis Januar 2016. Die Werte des letzten Monats wurden von der Bundesbank als „vorläufig“ angegeben.
Um der Weltwirtschaftskrise und den Entwicklungen seither Rechnung zu tragen, wurde ein zeitlicher Fokus für die Auswertung der Daten auf Oktober 2008 bis Oktober 2015 gesetzt.
Folgende Datenreihen haben wir analysiert:
Das Einlagegeschäft der Banken
- Täglich fällige Einlagen (Girokonten und Tagesgelder)
- Einlagen mit einer Kündigungsfrist bis zu 3 Monaten (z.B. klassische Sparbücher)
- Einlagen mit einer Laufzeit bis zu 1 Jahr (z.B. Festgelder)
- Einlagen mit einer Laufzeit über 2 Jahren (z.B. Festgelder)
Das Kreditgeschäft in Deutschland
- Die Kreditvergabe insgesamt
- Zinsbindung bis zu 1 Jahr
- Zinsbindung zwischen 1 bis 5 Jahre
- Zinsbindung über 5 Jahre
Der Deutsche liebt sein Sparschwein nach wie vor
Wie entwickelten sich die Guthabenzinsen?
Es scheint eine kleine Ewigkeit her, als man für täglich fälliges Geld tatsächlich noch Zinsen bekam. Und tatsächlich ist es auch schon eine Weile her. Den Höhepunkt sahen wir noch im Oktober 2008, als es im Durchschnitt noch unfassbare 2,08 Prozent Guthabenzins gab.
Sieben Jahre später, im Oktober 2015, betrug der durchschnittliche Guthabenzins nur noch 0,15 Prozent. Der vorläufige Wert für Januar beträgt laut der Deutschen Bundesbank 0,12 Prozent.
Auch die Sparbücher erlebten ihren höchsten Guthabenzins im Oktober 2008 als den Sparern 2,64 Prozent gutgeschrieben wurden. Wieder sieben Jahre später sind es noch 0,41 Prozent. Tendenz fallend, für den Januar 2016 sagt die Bundesbank einen Wert von 0,37 Prozent voraus.
Bei den Einlagen mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr zeichnet sich ein ganz ähnliches Bild ab. Im Oktober 2008 waren im Schnitt 4,49 Prozent zu bekommen. Sieben Jahre später erhielten die Sparer noch 0,34 Prozent und damit sogar weniger als bei den Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten.
Einlagen mit einer Laufzeit von bis zu zwei Jahren machten eine weniger extreme Entwicklung durch. Der durchschnittliche Zins fiel von 3,66 Prozent auf 0,9 Prozent. Es ist durchaus bemerkenswert, dass Ende 2008 für kürzer angelegtes Geld mehr Zinsen zu bekommen waren und es heute genau umgekehrt ist.
Was bedeutet der Guthabenzins für die Neuabschlüsse?
Trotz dieser Entwicklung trug der Deutsche sein Geld verstärkt zur Bank. Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten sahen ein leichtes Tal im November 2008. Das Neugeschäft betrug 418,6 Mrd. Euro. Sieben Jahre später hatten Deutsche Sparer 530,0 Mrd. Euro den Banken und Sparkassen überantwortet.
Wesentlich extremer ist die Veränderung bei den täglich fälligen Einlagen. Das Neugeschäft explodierte geradezu. Im November 2008 nahmen die Kreditinstitute 491,9 Mrd. Euro entgegen, im selben Monat des Jahres 2015 waren es 1.090,0 Mrd. Euro. Mehr als doppelt so viel.
Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu einem Jahr folgten der Zinsentwicklung hinsichtlich des Volumens der Neuabschlüsse. Diese Anlageform verzeichnete im November 2008 noch 74,9 Mrd. Euro, sieben Jahre später waren es 5,8 Mrd. Euro.
Das Neugeschäftsvolumen der Spareinlagen mit einer Laufzeit von über zwei Jahren nahm ebenfalls ab und verringerte sich im betrachteten Zeitraum von 1,8 Mrd. Euro auf 1,1 Mrd. Euro.
Zusammenfassung der Veränderung der Guthabenzinsen
Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt einen Zinsverfall von Oktober 2008 bis Oktober 2015:
- Täglich fällige Einlagen: – 97,79 Prozent.
- Sparbücher: – 84,47 Prozent.
- Laufzeit bis 1 Jahr: – 92,43 Prozent.
- Laufzeit über 2 Jahre: – 75,41 Prozent.
Zusammenfassung der Veränderung des Volumens im Einlagen-Neugeschäft
- Täglich fällige Einlagen: +121,59 Prozent.
- Sparbücher: +26,61 Prozent.
- Laufzeit bis 1 Jahr: – 92,26 Prozent.
- Laufzeit über 2 Jahre: – 38,89 Prozent.
Mysterium der schleppenden Kreditnachfrage in Deutschland
Das Hauptargument der Banken und Sparkassen in der aktuellen Situation und gegen den Kurs der EZB lautet: Niedrigere Kreditzinsen bringen der Wirtschaft nichts, wenn es keine Nachfrage nach Krediten gibt.
Das Konzept ist schlüssig. Warum ein Gut stark verbilligen, wenn es nicht nachgefragt wird? Das Argument hat allerdings eine enorme Schwachstelle, wie nachfolgende Analyse beweist.
Ein anderer Punkt wird vom Bankenverband erklärt:
„Mit zunehmender Dauer der Niedrigzinsphase müssen höher verzinste Kredite durch Kredite mit geringerer Verzinsung ersetzt werden. Dies setzt den Zinsüberschuss unter Druck. Erschwerend kommt hinzu, dass bei vielen Instituten die Einlagenzinsen ohnehin bereits bei nahe 0 % liegen.“ (Thomas Schlüter, Sprecher des Bankenverbandes)
Die EZB passte den Leitzins aufgrund der Weltwirtschaftskrise an und schraubte ihn nach einer ersten Schock-Starre ab Oktober 2008 kräftig nach unten. Zwei leichte Erhöhungen im Jahr 2011 wurden schnell korrigiert. Heute liegt der Leitzins bei 0,0 Prozent.
Zur besseren Vergleichbarkeit zwischen Einlagen- und Kreditgeschäft betrachten wir im Folgenden wieder den Zeitraum zwischen Oktober 2008 und Oktober 2015.
Die beachtenswerte Zinsentwicklung der Kredite
Das Kreditniveau über alle drei betrachteten Produkttypen hinweg veränderte sich innerhalb der sieben Jahre von 6,88 Prozent auf 6,20 Prozent. Das entspricht eher einer Seitwärtsbewegung als einem wirklichen Verbilligen von Geld.
Die Finanzierungen mit einer sehr kurzen Zinsfestschreibung von unter einem Jahr notierten im November 2008 bei 5,86 Prozent und bewegten sich innerhalb von sieben Jahren leicht abwärts auf 5,17 Prozent.
Interessant ist bei dieser Entwicklung aber weniger der Start- und Endwert, als vielmehr die Tatsache, dass diese Kredite bis Juni 2010 tatsächlich erheblich günstiger wurden und damals für 3,41 Prozent zu bekommen waren.
Dann blieb das Zinsniveau für 1 ¾ Jahre stabil, bis es im März 2012 wieder zu steigen begann. Im Januar 2016 wird das Niveau aller Voraussicht nach bei 6,36 Prozent liegen und damit auf fast doppelt so hohem Niveau.
Die Kredite mit Zinsbindungen von 1 bis 5 Jahren notierten im Oktober 2008 bei 5,76 Prozent. Sie fielen dann leicht auf ein Niveau von 4,83 Prozent, das sie im Dezember 2009 erreichten. Dann verteuerte sich das Geld wieder. Es kletterte über die folgenden knapp zwei Jahren auf 6,38 Prozent (Okt. 2011) bevor es sich wieder verbilligte und am Ende des Betrachtungszeitraumes ein Niveau von 4,88 Prozent erreichte.
Ganz ähnlich verlief auch die Zinsentwicklung der Finanzierungen mit einer Zinsbindung von über fünf Jahren. Im Ergebnis starteten diese Kredite im November 2008 bei einem durchschnittlichen Zinssatz von 8,70 Prozent und notierten sieben Jahre später bei 7,36 Prozent.
Welche Folgen hatte die Kreditzinsentwicklung auf das Neugeschäft?
Wir sehen in der Betrachtung des Kreditmarktes seit Anfang 2008 eine recht stabile Seitwärtsbewegung mit starken Schwankungen nach oben und unten, die saisonal bedingt sein dürften. Beispielsweise ist der Dezember regelmäßig der schwächste Monat im Kreditgeschäft.
Die Betrachtung aller drei Finanzierungsformen zeigt, dass im November 2008 Kredite mit einem Volumen von 6,1 Mrd. Euro an die privaten Haushalte ausgegeben wurden. Am Ende des Betrachtungszeitraumes waren es 7,2 Mrd. Euro.
Auffallend ist die Entwicklung der Finanzierungen mit kurzer Zinsbindung. Das Volumen sank von 1,2 Mrd. Euro auf 0,3 Mrd. Euro. Besonders hervorgehoben werden muss an dieser Stelle, dass das Neugeschäft erst kräftig Fahrt aufnahm und sich bis zum März 2010 auf 2,7 Mrd. Euro hochschrauben konnte. Diesem Steilflug folgte ein noch steilerer Absturz, der in eine negative Seitwärtsbewegung mündete.
Kredite, deren Zinssatz zwischen einem und fünf Jahren festgeschrieben ist, konnten sich im Ganzen von 2,7 Mrd. Euro auf 3,1 Mrd. Euro verbessern.
Analog dazu war die Entwicklung bei den längerfristigen Konsumentenkrediten. Das Volumen des Neugeschäfts konnte von 2,3 Mrd. Euro auf 3,8 Mrd. Euro gesteigert werden.
Zusammenfassung der Kreditzinsentwicklung
- Kredite insgesamt: – 9,88 Prozent
- Zinsbindung unter einem Jahr: -11,77 Prozent
- Zinsbindung zwischen einem 1 und 5 Jahren: -15,28 Prozent
- Zinsbindung über 5 Jahre: – 15,40 Prozent
Zusammenfassung des Kredit-Neugeschäfts
- Kredite insgesamt: +18,03 Prozent
- Zinsbindung unter einem Jahr: -75,00 Prozent
- Zinsbindung zwischen einem 1 und 5 Jahren: +14,81 Prozent
- Zinsbindung über 5 Jahre: +65,21 Prozent
Zusammenhang zwischen Kreditzinshöhe und Neugeschäft
Betrachten wir die Zinsentwicklung der Finanzierungen mit Zinsfestschreibungen zwischen einem und fünf Jahre, sowie die Kredite mit einer Zinsbindung von über fünf Jahren, so können wir feststellen, dass das Volumen etwa analog zum Rückgang des Zinsniveaus anstieg.
Das erscheint logisch. Wird ein Gut billiger, wird es stärker nachgefragt. Denn der Preis bestimmt die Nachfrage. Wir kommen auf diesen Aspekt später noch einmal zurück.
Bei den kurzfristig gebundenen Krediten verhält es sich ebenso. Der steil fallende Kreditzins zwischen 2008 und Anfang 2010 resultierte in einem fast 2,5fachen Anstieg des Neugeschäfts. Kurz darauf brach das Neugeschäft aber ein und markierte Mitte 2010 einen neuen Tiefstand. Schuld daran war sicherlich nicht das Zinsniveau, da dies unverändert günstig war.
Eine mögliche Erklärung könnte in der sogenannten Zinshürde gefunden werden. Sie beschreibt den Willen der Kreditinstitute Kredite auszureichen. Da eine Bank nicht gezwungen werden kann, Kredite auszureichen, kann auch ein solventer Antragsteller mit solider Finanzierungsabsicht aus wirtschafts-strategischen Gründen abgelehnt werden. Das bleibt an dieser Stelle aber Spekulation.
Korrelation zwischen Kreditzinsen und Einlagezinsen: Die Zinsmarge
Im Grunde ist das Bankgeschäft kaum anders als das Geschäft eines Einzelhändlers. Der Händler kauft waren günstig ein und verkauft sie mit einem Aufschlag. Bei Banken ist das ebenso, nur dass deren Ware Geld als solches ist.
Sie besorgen es sich günstig, zum Beispiel von der EZB. Allen voran aber besorgen sie das Geld von ihren Kunden, indem sie ihnen Zinsen anbieten, wenn sie ihr Geld der Bank anvertrauen (Einlagengeschäft). Dieses Geld reichen sie an andere Kunden weiter und verlangen ihrerseits einen Kreditzins (Kreditgeschäft).
Die Differenz nennt sich Zinsmarge und bildet das Hauptgeschäft eines Kreditinstituts.
Banken dürfen aus Sicherheitsgründen aber nicht jede Kreditform mit einer beliebigen Sparform gegenfinanzieren. Die jeweilige Laufzeit ist eines der wesentlichen Kriterien in diesem Bereich.
Wir betrachten daher im Folgenden die Spar- und Kreditformen, die sich hinsichtlich der Laufzeit ähneln. Die vorhandenen Daten schlagen daher folgende Paarungen vor:
Kredite mit Zinsbindung bis 1 Jahr vs. Einlagen mit Laufzeit bis 1 Jahr
Kredite mit Zinsbindung 1 bis 5 Jahre vs. Einlagen mit Laufzeit über 2 Jahre
Die erste Paarung brachte den Kreditinstituten im November 2008 eine Zinsmarge von 1,37 Prozent ein. Sieben Jahre später waren es 4,83 Prozent. Das entspricht einer Steigerung von 352 Prozent.
Bei der zweiten Paarung sahen wir im November 2008 eine Zinsmarge von 2,10 Prozent. Am Ende des Betrachtungszeitraums stehen 3,98 Prozent. Es handelt sich also fast um eine Verdopplung.
Stellen wir die Margen der besseren Übersicht direkt in einem Diagramm dar, wird deutlich, dass es den Banken spätestens seit Januar 2009 gelungen ist, die Zinsmargen in beiden Bereichen kontinuierlich zu ihren Gunsten zu verbessern.
Anders formuliert: Die Schere zwischen dem, was Kreditnehmer zu zahlen haben und dem, was Sparer bekommen, wurde in den letzten Jahren immer größer.
Wie haltbar sind die Thesen, die eingangs erwähnt wurden?
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Die Null-Zins-Politik der EZB ist schuld an immer kleineren Zinsmargen für die deutschen Banken
Die Aussage kann hinsichtlich der Branchenentwicklung nicht gestützt werden. Sie mag dennoch zutreffen, meint dann aber die Performance eines einzelnen Hauses oder einer Gruppe. Sollten sich hier kleiner werdende Zinsmargen wiederfinden, wäre das zwar erstaunlich, ist aber nicht ausgeschlossen.
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Die Null-Zins-Politik der EZB ist für den Kreditmarkt in Deutschland nicht von Vorteil, da schlicht die Nachfrage nach Krediten fehlt
Die Fakten belegen, dass eine moderate Absenkung des Kreditzinses zu einem moderaten Anstieg der Kreditvergabe führte. Diese Vergabe hätte ohne Nachfrage nicht stattgefunden. Ergo: Die Nachfrage stieg um mindestens den Wert, den die Kreditvergabe widerspiegelt.
Zusätzlich ist eine Korrelation hinsichtlich steigender Kreditzinsen und sinkender Kreditnachfrage im Bereich der kurzlaufenden Kredite belegbar, was die Abhängigkeit von Angebot und Nachfrage weiter untermauert.
Die Aussage des Bankenverbandes und anderer führender deutschen Banker, es mangle an einer Kreditnachfrage, kann daher nicht nachvollzogen werden. Vergünstigt sich das Angebot (niedrigere Kreditzinsen), wird auch die Nachfrage anziehen. Anstehende Investitionen werden umgesetzt und zukünftige Finanzierungen werden dank des guten Angebots vorgezogen.
Vielmehr mangelt es an der Bereitschaft der Geldinstitute, den Kreditzins weiter und stärker abzusenken, wie es von der EZB gewollt ist.
Es muss festgestellt werden, dass die EZB Politik der sinkenden Zinsen von den Banken und Sparkassen nur halbherzig umgesetzt wird:
Die Zinsen sinken im Sparbereich drastisch. Das ist ein Effekt, den die EZB bewusst in Kauf nimmt. Die Zinsen sinken aber lange nicht mit derselben Heftigkeit im Finanzierungsbereich, was konterkariert zur EZB Politik steht. Genau dieses Phänomen der sich zu langsam verbilligenden Kredite ist ursächlich für Mario Draghis Kurs und den historischen Strafzins für Banken auf Einlagen bei der EZB.
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Banken müssen die schlechte Zinsertragslage über höhere Gebühren und gegebenenfalls auch über Strafzinsen auffangen
Wir konnten anhand der Zinsmargen belegen, dass nicht das Zinsniveau oder die Politik der EZB ursächlich für eine suboptimale Gesamtperformance eines oder mehrerer Geldinstitute sind. Zusätzliches Datenmaterial unterstützt diese Feststellung:
Die Deutsche Bundesbank registriert die Zinsüberschüsse der Kreditinstitute und unterteilt dabei sogar nach Art der Bank.
Über alle Kreditinstitute hinweg sieht man einen Einbruch der Zinsüberschüsse für das Jahr 2013. Dieser Rückgang wird im Allgemeinen mit einer Unsicherheit am Markt begründet. Von diesem Tief hat sich die Branche 2014 sehr gut erholt. Gleichzeitig standen die Kreditinstitute auch vor 2013 – trotz und während der Weltwirtschaftskrise – besser da, als es vor dem Finanz-Beben in den Jahren ab 2008 der Fall war.
Es sind vor allem die kleineren Banken, die Sparkassen und die Genossenschaften, die gut abschneiden und seit 2008 immer größere Zinsüberschüsse einfahren konnten. Die privaten Großbanken schneiden hier weniger gut ab.
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Banken stehen ökonomisch zwar noch gut da, sehen aber düstere Zeiten auf sich zukommen
Am 31.03.2016 war Dr. Michael Kemmer vom Bankenverband zu Gast im ARD Morgenmagazin und verglich den Bankensektor mit einem Tanker. Wenn man den Schub wegnehmen würde, führe dieser schon noch eine schöne Weile ungebremst weiter. Man dürfe daraus aber nicht ableiten, dass der Tanker keinen Schub bräuchte.
Das Bild hat Charme und Witz, gleichzeitig zeigt die Datenerhebung aber, dass es den Banken mitnichten an Schubkraft fehlt. Die Zinsmargen steigen, die Zinsüberschüsse steigen… eigentlich ist alles gut.
Geht es den Banken denn überhaupt schlecht?
Das Wehklagen der Kreditinstitute, speziell in Deutschland, ist nicht zu überhören. Die EZB sei schuld an der Misere und die Null-Zins-Politik sei die Wurzel dieses Übels.
Wir konnten anhand der Daten der Deutschen Bundesbank belegen, dass es nicht das Zinsgeschäft ist, das den Banken schmerzt. Doch irgendwo scheint der Schuh zu drücken. Oder ist die Ertragslage gar recht gut und man möchte sie lediglich verbessern?
Folgende Tabelle zeigt die Brachen-Ergebnisse aus den gesammelten Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) über die letzten Jahre hinweg. Der Einbruch von 2008 und 2009 erklärt sich von selbst mit der Weltwirtschaftskrise.
Der Einbruch im Jahr 2013 wird, wie oben erwähnt, mit einer allgemeinen Marktunsicherheit erklärt. Im Grunde bedeutet dies, dass der eigentliche Grund für das Verhalten der Verbraucher verborgen ist und nur das Ergebnis zur Kenntnis genommen wurde.
2005 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Zinsüberschuss | 88.211 | 89.124 | 91.577 | 90.636 | 91.472 | 92.136 | 91.342 | 92.252 | 86.341 | 90.361 |
Provisionsüberschuss | 27.797 | 29.852 | 31.681 | 29.718 | 27.402 | 28.639 | 28.778 | 28.024 | 28.668 | 29.844 |
Saldo der sonst. betrieblichen Erträge und Aufwendungen |
1.861 | 7.292 | 3.506 | 5.555 | 518 | -559 | 595 | 1.570 | -846 | -2.417 |
Verwaltungsaufwendungen | 78.806 | 81.474 | 81.561 | 78.731 | 82.207 | 80.229 | 80.086 | 82.822 | 82.931 | 83.863 |
Jahresüberschuss nach Steuern | 23.498 | 22.176 | 14.578 | -26.341 | -7.402 | 12.593 | 23.657 | 21.569 | 14.331 | 16.896 |
Quelle: Deutsche Bundesbank; Alle Angaben in Mio. Euro
Die Daten belegen unzweifelhaft, dass
- es den Banken im Ergebnis nach Steuern schon besser ging
- die Zinsüberschüsse 2014 höher ausfielen als kurz vor der Finanzkrise
- die Provisionsüberschüsse 2014 höher ausfielen als vor der Finanzkrise
- die Verwaltungskosten seit 2011 anstiegen
- das negative Ergebnis der sog. sonstigen Erträge und Aufwendungen von 2013 auf 2014 sich beinahe verdreifachte
Verbrennt unser Geld vor unseren Augen?
Das Medien-Echo hinsichtlich der Zinspolitik der EZB hört sich in allen Kanälen gleich an. Die Null-Zins-Politik führt zu extrem niedrigen Sparzinsen. Und es kommt noch schlimmer: Wenn die Inflationsrate höher ist als der Sparzins, verliert das Ersparte de facto an Kaufkraft und damit an Wert.
Im März 2016 betrug die Inflationsrate 0,30 Prozent. Täglich fällige Einlagen brachten im Januar einen durchschnittlichen Zins von 0,12 Prozent. Hier wird möglicherweise Geld verbrannt. Und zwar immer mehr, wie unsere Daten belegen. Kein anderes Sparsegment wächst so stark wie dieses.
Differenzieren müsste man hier natürlich nach Geldern auf dem Girokonto und auf dem Tagesgeldkonto. Die vorliegenden Daten sind allerdings nicht granular genug.
Bereits bei Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten liegt der Zins aktuell mit 0,37 Prozent noch etwas über der Inflationsrate. Es liegt also an den Sparern selbst, das Geld so zu schichten, dass sie wenigstens den Status Quo erhalten.
Sind negative Sparzinsen im Privatkundengeschäft vorstellbar?
Diesem Schreckgespenst lässt sich sehr leicht der Schrecken nehmen: Würde eine Bank ihre Kunden mit einem negativen Zins dazu auffordern, für das angelegte Geld quasi eine Parkgebühr zu bezahlen, würden die Kunden ihr Geld sehr schnell zu einer anderen Bank überweisen.
Ziehen alle oder zumindest ausreichend viele Kunden ihr Geld aus der Bank ab, steht die ohne liquide Mittel da und muss im Resultat die Türen schließen. Dieses Phänomen käme einem fokussierten Banken-Run gleich. Keine Bank geht dieses Risiko ein.
Was wäre, wenn alle deutschen Banken gleichzeitig einen negativen Sparzins einführen?
Abgesehen davon, dass das wohl der spektakulärste Fall aller Zeiten für das Kartellamt wäre, gäbe es auch hier zwei Alternativen: Die Kunden könnten das Geld ins europäische Ausland überweisen, was dank EU und SEPA kein Problem darstellt. Wahlweise könnten sie ihr Geld abheben und zuhause bunkern. So oder so: Das System stünde vor einem Kollaps und die negativen Sparzinsen wären schneller wieder vom Tisch als man schauen könnte.
Interessant ist in diesem Zusammenhang das Weiterspinnen der Idee: Was wäre, wenn alle Banken einen negativen Sparzins einführen würden und es kein Bargeld mehr gäbe? Wir sollten mit der Idee einer Abschaffung des Bargeldes besser sehr vorsichtig sein.
Fazit zur Zinsentwicklung in Deutschland
Es ging den Banken schon deutlich besser, so viel steht fest. Gleichzeitig ist es aber auch wahr, dass nicht die EZB, oder genauer deren Zinspolitik, schuld an der Ertragslage unserer Kreditinstitute ist. Es ist schlicht unwahr, dass die Zinsmarge für die Banken kleiner wird. Einen Kostendruck aus dieser Richtung gibt es nicht, der an Kunden weitergegeben werden müsste.
Die Entwicklung im Hauptgeschäft der Banken (Zinsen und Provisionen) sieht sehr gut aus. Andere Bereiche des Bankengeschäfts müssen verbessert werden. Gleichzeitig sitzt der Ergebnisdruck im Nacken der Entscheider. Es ist sicherlich einfacher, höhere Gebühren einzuführen als das Unternehmen umzuorganisieren.
Beruhigend waren zumindest Herrn Kemmers Worte im Morgenmagazin, dass auch er keine negativen Zinsen für deutsche Sparer kommen sieht.
Warum feuern die Banker und Bankenvertreter so stark gegen die EZB Politik, wieso wird dem Volk eingebläut, dass die Niedrigzinsen schlecht für uns sind?
Es ist einfach einfach. Wir Deutschen sind ein Volk von Sparfüchsen. Das waren wir schon immer. Und es stimmt, dass wir früher mehr aufs Ersparte bekommen haben. Es ist daher medienwirksam und populär in genau diese Kerbe zu hauen.
Gleichzeitig verschweigen die Geldinstitute und vor allem deren Sprecher im Rampenlicht, dass es sich in der aktuellen Situation durchaus profitieren lässt. An sich ist Profit nicht verwerflich, ganz im Gegenteil. Jedes Unternehmen versucht den Preis zu erzielen, den es am Markt durchsetzen kann. Das dürfen auch Banken.
Schwierig wird es allerdings, wenn Institutionen wie Banken und Sparkassen in der Öffentlichkeit Dinge wie Gebührenerhöhungen oder Strafzinsen auf Spareinlagen in Aussicht stellen und sich gleichzeitig als Opfer der EZB Politik darstellen, denen keine Wahl bleibt.
Das funktioniert so nicht. Banken sollen und dürfen wirtschaftlich arbeiten, keine Frage. Profitmaximierung mittels Vortäuschen falscher Tatsachen ist allerdings kein lauteres Mittel. Gerade einer Bank, die ein Vertrauensinstitut ist und auch sein muss, stehen solche Strategien nicht sehr gut zu Gesicht.