Außenstände eintreiben
Was können Sie tun, wenn Ihr Kunde oder Vertragspartner nicht zahlt?
Wenn der Kunde oder Vertragspartner auch nach Ablauf der gesetzten Zahlungsfrist seine Rechnung nicht bezahlt, liegt es erst einmal an einem selbst, die Außenstände einzutreiben. Das Versenden von Zahlungserinnerungen und Mahnungen gehört dabei zu den ersten Schritten. Möglicherweise ist der Schuldner durchaus bereit, die Forderung zu begleichen, aber aktuell nicht in der Lage. Dann könnte eine gemeinsame Einigung die beste Lösung sein. Und wenn auch das nicht hilft, kann ein Mahnverfahren eingeleitet werden. Wie das abläuft und was es beim Eintreiben von Außenständen zu beachten gilt, erfahren Sie in diesem Ratgeber!
- Einfache Geldforderungen verjähren in der Regel nach drei Jahren.
- Um Ihr Geld einzutreiben, müssen Sie also in dieser Dreijahresfrist handeln. Damit die Verjährung aufgehalten wird, ist ein gerichtliches Mahnverfahren oder eine Klage nötig.
- Wenn die Klage oder das gerichtliche Mahnverfahren erfolgreich für Sie ausgeht, haben Sie einen vollstreckbaren Titel erwirkt.
- Dieser Titel ist zwingende Voraussetzung, um mittels einer Zwangsvollstreckung offene Forderungen eintreiben zu können.
Verzugsschaden geltend machen
Grundsätzlich können Sie als Gläubiger nach § 288 BGB Verzugsschaden geltend machen, sobald Ihr Schuldner in Verzug gerät.
Der gesetzlich festgelegte Verzugszins bei Verbrauchern liegt bei fünf Prozent über dem Basiszins, bei Unternehmern bei neun Prozent über dem Basiszins.
Aktuelle Basiszinssätze sind auf der Website der Deutschen Bundesbank einsehbar. Ein Link dazu finden Sie hier.
Einigung statt Zwangsvollstreckung
Bevor es zu einer Zwangsvollstreckung kommt, ist es in beidseitigem Interesse empfehlenswert, zunächst eine gütliche Einigung anzustreben. Gehen Sie auf Ihren Schuldner zu. Das kann viel Zeit, Geld und Nerven sparen! Wenn sich die Gegenseite grundsätzlich zahlungswillig zeigt, könnten Sie über eine Ratenzahlung nachdenken. Auch die Bestellung von Sicherheiten wäre eine Möglichkeit.
Gerichtliches Mahnverfahren
Wenn eine gütliche Einigung scheitert, ist einer der einfachsten Wege, um an sein Geld zu kommen, das gerichtliche Mahnverfahren. Der Vorteil hier liegt darin, dass es weitestgehend automatisiert abläuft und man dadurch Kosten eindämmen kann. Gleichzeitig ist es nicht so aufwendig wie eine Klage. Solange die Gegenseite der Forderung nicht widerspricht, kommt es zu keiner Gerichtsverhandlung. Den teuren Anwalt können Sie sich also mitunter sparen.
Welche Kosten entstehen durch das gerichtliche Mahnverfahren?
Die Mindestkosten liegen bei 32 Euro. Die genauen Beträge sind immer abhängig vom Streitwert. Als Antragsteller muss man für die Gerichtsgebühren und die Zustellkosten der Bescheide aufkommen. Mithilfe eines Kostenrechners kann man sich vorab darüber informieren, welche Auslagen auf einen zukommen.
Vorgehensweise
Der Weg von der Mahnung an den Schuldner bis hin zur Zwangsvollstreckung lässt sich in fünf Schritte untergliedern. Nach Ablauf der in der Mahnung gesetzten Zahlungsfrist kann ein Mahnbescheid beantragt werden, der durch das Gericht zugestellt wird. Zahlt der Schuldner währenddessen seine offenen Forderungen, hat sich das Mahnverfahren erledigt. Für den Fall, dass der Schuldner widerspricht, kann es zu einem Gerichtsprozess kommen. Zeigt der Schuldner keinerlei Reaktion, kann nun ein Vollstreckungsbescheid beantragt werden, der ohne Widerspruch des Schuldners rechtskräftig wird und Voraussetzung für eine Zwangsvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher ist.
Die folgende Infografik zeigt die möglichen Schritte zur Vorgehensweise beim Eintreiben von Außenständen auf.
1. Mahnung schreiben
Der erste Schritt ist es, den Schuldner mit einer schriftlichen Mahnung zur Begleichung von offenen Rechnungen aufzufordern.
- Im Mahnschreiben sollten die genaue Höhe der Zahlungsaufforderung und der Grund deutlich werden. Außerdem sind die Rechnungsnummer sowie das Rechnungsdatum zu nennen.
- Sie sollten eine Zahlungsfrist setzen. In der Regel sind das zwei Wochen.
- Geben Sie Ihre Bankverbindung an.
- Empfehlenswert ist aus Beweisgründen das Versenden der Mahnung mit Sendungsverfolgung.
2. Beantragung eines Mahnbescheids
Die Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens beginnt genau genommen erst dann, wenn die Zahlungsfrist der Mahnung abgelaufen ist.
Um das Verfahren einzuleiten, stellen Sie zunächst einen Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids. Den Vordruck finden Sie online, bei offiziellen Stellen und in größeren Schreibwarenläden.
Falls Sie den Mahnbescheid online beantragen möchten, können Sie dies über das Mahnportal der Bundesländer erledigen. Dort gibt es auch Anleitungen, die beim Ausfüllen helfen. Zu finden beispielsweise hier.
Bei Fragen sollten Sie sich an das für Sie zuständige Amtsgericht wenden.
Zuständig für Ihr Mahnverfahren ist das zentrale Mahngericht des Bundeslandes, in dem Sie gemeldet sind.
Bundesland | Zuständiges Amtsgericht |
---|---|
Baden-Württemberg | Amtsgericht Stuttgart – Mahnabteilung- 701154 Stuttgart |
Bayern | Amtsgericht Coburg – Mahngericht- Heiligkreuzstraße 22, 96441 Coburg |
Berlin und Brandenburg | Zentrales Mahngericht Berlin- Brandenburg beim Amtsgericht Wedding – Zentrales Mahngericht – 13343 Berlin |
Bremen | Amtsgericht Bremen – Mahnabteilung- 28184 Bremen |
Hamburg | Amtsgericht Hamburg-Altona – Gemeinsames Mahngericht der Länder Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern – 22747 Hamburg |
Hessen | Amtsgericht Hünfeld – Mahnabteilung – 36084 Hünfeld |
Mecklenburg-Vorpommern | Amtsgericht Hamburg-Altona – Gemeinsames Mahngericht der Länder Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern – 22747 Hamburg |
Niedersachsen | Amtsgericht Uelzen – Zentrales Mahngericht – Postfach 1363, 29503 Uelzen |
Nordrhein-Westfalen |
OLG Bezirk Hamm, Düsseldorf: Amtsgericht Hagen – Mahnabteilung – 58081 Hagen OLG Bezirk Köln: Amtsgericht Euskirchen – Mahnabteilung – 53878 Euskirchen |
Rheinland-Pfalz | Amtsgericht Mayen – Mahnabteilung- 56723 Mayen |
Saarland | Amtsgericht Mayen – Mahnabteilung- 56723 Mayen |
Sachsen | Amtsgericht Aschersleben – Dienstgebäude Staßfurt, Lehrter Straße 15, 39418 Staßfurt |
Sachsen-Anhalt | Amtsgericht Aschersleben – Dienstgebäude Staßfurt, Lehrter Straße 15, 39418 Staßfurt |
Schleswig-Holstein | Amtsgericht Schleswig – Mahnabteilung – Postfach 1170, 24821 Schleswig |
Thüringen | Amtsgericht Aschersleben – Dienstgebäude Staßfurt, Lehrter Straße 15, 39418 Staßfurt |
Quelle: https://www.mahngerichte.de/de/zustaendigkeiten.html |
3. Mahnbescheid zustellen
Infolge des Antrags stellt das zuständige Gericht Ihrem Schuldner einen Mahnbescheid per Post zu. Nun gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, wie das Verfahren weitergeht.
Möglichkeit 1: Der Schuldner zahlt -> Das Mahnverfahren ist an dieser Stelle erledigt.
Möglichkeit 2: Der Schuldner zahlt nicht oder nur einen Teil -> Sie können das Verfahren einstellen lassen oder einen Vollstreckungsbescheid beantragen.
Möglichkeit 3: Der Schuldner legt Widerspruch ein -> Wenn Sie ein streitiges Verfahren beantragt haben, kommt es zu einem Gerichtsverfahren. Die Alternative ist, dass – abgesehen davon, dass Sie die Kosten für das Mahnverfahren zu tragen haben – nichts passiert.
4. Vollstreckungsbescheid beantragen
Wenn Ihr Schuldner auf den Mahnbescheid nicht reagiert hat, sollten Sie nun einen Vollstreckungsbescheid beantragen.
Zeitlich müssen Sie beachten, dass ein Vollstreckungsbescheid
- Erst nach Ablauf der zweiwöchigen Widerspruchsfrist
- Bis sechs Monate nach Zustellung des Mahnbescheids
gestellt werden kann.
Den Vordruck für den Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids erhalten Sie automatisch vom Gericht mit der Zustellungsbestätigung des Mahnbescheids. Es ist auch zwingend erforderlich genau dieses Formular zu verwenden.
Bei der Zustellung haben Sie die Wahl, den Vollstreckungsbescheid selbst zuzustellen oder diese Aufgabe vom Gericht übernehmen zu lassen.
Ihr Schuldner hat nun erneut zwei Wochen Zeit, um Widerspruch einzulegen. Tut er dies, wird das streitige Verfahren in einem Gerichtsprozess fortgeführt.
5. Antrag auf Zwangsvollstreckung
Wenn Ihr Schuldner keinen Widerspruch gegen den Vollstreckungsbescheid einlegt, entfaltet der Vollstreckungsbescheid die Wirkung wie die eines Urteils in einem Klageverfahren. Sie haben nun einen Titel, mit dem Sie die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Gegenseite betreiben können.
Zu beachten ist noch, dass bei einem laufenden Insolvenzverfahren keine Zwangsvollstreckung durchgeführt werden kann. Bei einem Insolvenzverfahren werden alle Gläubiger anteilig nach Quote ausgezahlt, was meist im Vergleich zur ursprünglichen Forderung wenig ist.
Nach 30 Jahren verjähren titulierte Forderungen, wenn kein Verfahren zur Verbraucherinsolvenz und Restschuldbefreiung eingeleitet wird.
Ihr Anspruch auf Zwangsvollstreckung wird durch einen Gerichtsvollzieher durchgesetzt.
Maßnahmen der Zwangsvollstreckung
Es kann in das bewegliche und das unbewegliche Vermögen, aber auch in Geldforderungen vollstreckt werden.
Zwangsvollstreckungs-maßnamen | bewegliche Vermögen (Sachpfändung) | Forderungen gegenüber Dritten | Grundeigentum |
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Beispiele | Schmuck, Hausrat | Bank- und Sparguthaben, Arbeitseinkommen, Mieteinnahmen, sonstige Geldforderungen | Immobilien, Grundstücke, Ackerland |
Vorgehensweise | Direkte Beauftragung des Gerichtsvollziehers | Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beim zuständigen Amtsgericht | Antrag auf Zwangsversteigerung, Zwangsverwaltung oder Zwangshypothek beim zuständigen Amtsgericht |
Erfolgsaussichten einer Zwangsvollstreckung
Die Erfolgsaussichten einer Zwangsvollstreckung sind immer auch abhängig von der Rechtsform des Vertragspartners.
Rechtsform | Einzelunternehmer | Personengesellschaft (KG, OHG, GbR | Kapitalgesellschaft (AG, GmbH, UG, Ltd) |
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Haftung | Einzelunternehmer haften uneingeschränkt mit Geschäfts- und Privatvermögen. |
Bei der GbR und der OHG haften alle Gesellschafter gesamtschuldnerisch mit Geschäfts- und Privatvermögen. Bedeutet: Sie als Gläubiger können von jedem Gesellschafter die offene Forderung verlangen. Der Ausgleich erfolgt im Innenverhältnis zwischen den Gesellschaftern unter sich. Die Kommanditisten einer KG haften nur mit dem Gesellschaftsvermögen, die Komplementäre mit dem Geschäfts- und Privatvermögen. |
Kapitalgesellschaften haften nur mit ihrem Gesellschaftsvermögen, außer es liegt ein Fall der Insolvenzverschleppung vor. Für Schäden, die durch Insolvenzverschleppung entstehen, haften Geschäftsführer und Vorstände persönlich. Besondere Vorsicht ist hier bei der Ltd geboten: Sie ist zwar rechtlich mit einer GmbH vergleichbar, jedoch reicht hier als Startkapital bereits ein Euro bzw. ein britisches Pfund. Bei der GmbH wird dagegen stets ein Startkapital von 25.000 Euro verlangt. Daher gehen Zwangsvollstreckungen gegen eine Ltd häufig ins Leere. |
Autor: Juliane Lohfink
veröffentlich am 10.11.2020
Quellen und weiterführende Links
- Verbraucherzentrale – Gerichtliches Mahnverfahren einleiten: So kommen Sie an Ihr Geld!
- Zeitschrift Bankenfachklasse, Ausgabe 12/ 2019, Seite 10- 17, „Wie Gläubiger von Unternehmen Außenstände eintreiben können“, Autor: Carmen Mausbach