Das außergerichtliche Schlichtungsverfahren
Es ist keine Seltenheit, dass Meinungsverschiedenheiten zwischen zwei Parteien in einem Zivilprozess enden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Nachbarschaftsstreit, Meinungsverschiedenheiten zwischen Auftraggeber und Handwerker oder Bankkunde und Kreditinstitut handelt. Wie sich Verbraucher bei Streitigkeiten mit dem Finanzsektor verhalten sollten und was sie bei außergerichtlichen Schlichtungsverfahren beachten müssen, lesen Sie hier.
- Je nach Hintergrund kann der Schlichterspruch juristisch bindend sein.
- Schlichtungsverfahren bieten Verbrauchern die Option, ohne Kosten ihr Recht einzufordern.
- Rechtliche Grundlage stellt das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz dar.
- Bei Schlichtung und Mediation handelt es sich um grundlegend verschiedene Vorgehensweisen.
Streit vor Gericht
Im Jahr 2016 wurden in Deutschland laut Statistischem Bundesamt
- 461 Nachbarschaftsstreitigkeiten
- 835 Verkehrsdelikte
- 484 Mietwohnungssachverhalte
- 462 Kaufsachen
- 724 andere Sachen
allein nur bei den Amtsgerichten eingereicht. Unter „andere“ Sachen fallen beispielsweise Streitigkeiten zwischen Kreditinstituten und Verbrauchern.
Prozesse kosten Geld. Prozesskosten, Anwaltskosten, eventuell Gutachter – es stellt sich die Frage, ob das tatsächlich nötig ist. Das deutsche Recht bietet auch die Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung. Was aber ist ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren, wie unterscheidet es sich von einer Mediation und welche Aufgaben hat ein Ombudsmann?
So funktioniert das außergerichtliche Schlichtungsverfahren
Schlichtungsverfahren sind in erster Linie im Zusammenhang mit Tarifabschlüssen bekannt. Ein Schlichtungsverfahren kommt dann zum Tragen, wenn sich zwei Parteien zu einem Sachverhalt einigen müssen. Aufgabe des Schlichters ist es, eine Lösung zu finden, die beiden Parteien gerecht wird. Gemäß Betriebsverfassungsgesetz müssen die Parteien den Schlichterspruch annehmen, laut Tarifrecht hingegen nicht. Die Vorgaben des Schlichters sind allerdings auch nach Krankenversicherungsrecht gemäß Paragraf 89 Sozialgesetzbuch V (SGB V) bindend.
Eine gewisse Popularität erlangten die außergerichtlichen Schlichtungsstellen im Zusammenhang mit Bausparverträgen. Die Bausparkassen versuchten, Kunden mit hochverzinsten Altverträgen zur Kündigung zu motivieren, teilweise lösten die Institute die Verträge einseitig von sich aus auf. Viele Bausparer nutzten in diesem Zusammenhang die Schlichtungsstellen, auch als „Ombudsmann“ bekannt.
Die Vorteile des Schlichtungsverfahrens
Die Vorteile des Schlichtungsverfahrens liegen auf der Hand:
- Es fallen keinerlei Kosten an.
- Solange das Verfahren anhängig ist, greifen keine Verjährungsfristen.
- Der Kunde muss keinen Rechtsanwalt beauftragen.
Die Voraussetzungen zur außergerichtlichen Schlichtung
Ein Schlichtungsverfahren kann aber nicht willkürlich eingereicht werden. Es müssen gewisse Vorgaben eingehalten werden:
- Bei dem Antragsteller (Verbraucher) handelt es sich um eine natürliche Person.
- Der Schlichtungsgegenstand hat nichts mit der Erwerbstätigkeit des Antragstellers zu tun.
- Es muss bereits einen Einigungsversucht mit dem Unternehmen gegeben haben.
Ist der Streit bereits bei einem Gericht anhängig oder lag einer anderen Schlichtungsstelle vor, ist ein erneuter Schlichtungsversuch nicht möglich. Dies gilt auch, wenn die Schlichtung voraussetzt, dass es zu diesem Sachverhalt eines noch nicht vorliegenden höchstrichterlichen Urteils bedarf.
Im Jahr 2017 wurden beim Versicherungsombudsman 14.910 zulässige Beschwerden gegen Versicherungsgesellschaften gezählt. Die Zahl der gesamten Beschwerdeeingänge ist demnach noch höher.
Das gleiche gilt für den Bankensektor. Bei den Ombudsmännern der privaten Banken belief sich die Zahl allerdings „nur“ auf 4.163 zulässige Anträge.
Die Spitze bei den Banken im Jahr 2014 basierte auf der gerichtlichen Entscheidung, dass Kreditbearbeitungsgebühren rechtswidrig seien und Verbraucher diese im Jahr 2014 entsprechend auch rückwirkend zurückforderten.
Sowohl der Versicherungsombudsmann als auch der Bankenombudsmann können im Rahmen einer Schlichtung die betroffenen Unternehmen bis zu einem Streitwert von 10.000 Euro zur Schadenskompensation verpflichten.
Das Bundesamt für Justiz hat eine Liste hinterlegt, welche alle Ombudsmänner und Schlichtungsstellen aufführt, deren Tätigkeit Paragraf 33 Absatz 1 des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) entspricht. Diese Liste umfasst alle Wirtschaftsbereiche, nicht nur den Finanzsektor.
Die Mediation – der Unterschied zum Schlichtungsverfahren
Der Schlichter bewertet die ihm vorliegenden Sachverhalte und erstellt anschließend einen Lösungsvorschlag. Im Rahmen einer Mediation versucht der Mediator, die Beteiligten dazu zu bringen, selbst einen Lösungsvorschlag zu erarbeiten. Er ist also nur eine begleitende Partei.
Rechtsschutzversicherungen haben erkannt, dass eine Mediation deutlich kostengünstiger ausfällt als ein Prozess. Vor diesem Hintergrund entfällt bei einer Mediation die sonst übliche Selbstbeteiligung an den Kosten. Scheitert der Mediationsversuch, übernimmt die Rechtsschutzversicherung die dann folgenden Verhandlungskosten.
Wo finde ich den Kontakt zum Schlichter oder Ombudsmann?
Sie haben Streit mit Ihrer Bank und erfüllen die Voraussetzungen für ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren oder die Schlichtung durch einen Ombudsmann? Wer für Sie zuständig ist sowie die Kontaktdaten zur schlichtenden Stelle erfahren Sie beispielsweise über das Impressum auf der Website Ihrer Bank. Kreditinstitute sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Kunden darüber zu informieren.
Oder schauen Sie sich auf unseren Anbieterseiten um – auch hier finden Sie Angaben zu den jeweiligen Schlichtungsstellen.
Quellen und weiterführende Links
- Statistisches Bundesamt – Statistisches Jahrbuch 2018
- Sozialgesetzbuch (SGB V) Fünftes Buch Gesetzliche Krankenversicherung – § 89 SGB V Schiedsamt
- Versicherungsombudsmann – Jahresbericht 2017
- Bankenombudsmann – Statistischer Jahresrückblick 2017
- Bundesamt für Justiz – Liste der Verbraucherschlichtungsstellen in Deutschland
- Gesetz über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen (Verbraucherstreitbeilegungsgesetz – VSBG) – § 33 Liste der Verbraucherschlichtungsstellen sowie Zugang zur Liste der Europäischen Kommission und zur Europäischen Plattform zur Online-Streitbeilegung