Bauen mit Bauunternehmen – das sollten Sie wissen
Der Immobilienmarkt boomt in Deutschland. Dies gilt nicht nur für den Kauf und Verkauf von Bestandsimmobilien, sondern auch für Neubauten. Kein Wunder, trotz steigender Grundstücks- und Quadratmeterpreise fallen die Bauzinsen nach wie vor so niedrig aus, dass sich viele den Traum von den eigenen vier Wänden erlauben können.
Wer einen Neubau plant, hat dafür zwei Möglichkeiten:
- Er beauftragt einen Architekten mit der Planung und Durchführung des Bauvorhabens.
- Er wendet sich an einen Bauträger. Der Bauträger erstellt entweder als Generalunternehmer das individuell geplante Gebäude oder verkauft vom Reisbrett die geplanten Immobilien.
Es ist häufig der Fall, dass Bauträger das Grundstück erwerben, bebauen und das Objekt aber bereits vor Baubeginn verkauft haben. Für den Erwerber liegt der Vorteil darin, dass er noch ein gewisses Mitspracherecht hat.
Der Nachteil ist, dass die grobe Planung des Objektes hinsichtlich Größe und Stockwerke nicht mehr verändert werden kann. Was genau einen Bauträger ausmacht, erläutert das folgende Video:
Bauherren, die mit einem Bauträger arbeiten, sollten folgende Dinge berücksichtigen:
- Besuchen Sie Referenzobjekte, sprechen Sie mit deren Eigentümer über die Erfahrung mit dem Bauträger.
- Häufig ist es sinnvoller ein regionales Unternehmen einem überregionalen Anbieter vorzuziehen. Der ortsansässige Bauträger kann sich keine verbrannte Erde in seinem Umfeld leisten.
- Die Zahl der Firmenpleiten fällt im Baugewerbe höher aus als in anderen Branchen.
- Informieren Sie sich, wie Sie sich für diesen Fall schützen können und wie es im Fall einer Pleite weitergeht.
Die Auswahl des Bauträgers
Es finden sich zwar im Internet Verzeichnisse mit regionalen Bauträgern, diese geben aber keine Garantie darauf, dass es sich um absolut solvente Unternehmen handelt.
Wenn Sie durch ein Neubaugebiet in Ihrer Region gehen, sehen Sie zahlreiche Hinweise auf Bauträger oder einen Bauträger, welcher die gesamte Bebauung übernimmt. Lassen Sie sich von den infrage kommenden Unternehmen Adressen von Referenzobjekten nennen.
Sprechen Sie mit den Bewohnern über deren Erfahrungen mit dem Unternehmen. Über eine Wirtschaftsauskunftei können Sie sich weitere Informationen über die Unternehmen einholen, die für Sie in die engere Wahl kommen.
Sie werden niemanden finden, der von einem völlig reibungslosen Ablauf berichten wird. So etwas gibt es bei einem Neubau nicht. Es macht allerdings einen Unterschied, ob die Mängelliste bei Abnahme fünf DIN A 4 Seiten lang war, oder nur Marginalien im Nachgang korrigiert werden mussten.
Wasser im Keller hat eine andere Dimension als ein um zwei Wochen verspäteter Außenanstrich. Bei den zehn häufigsten Baumängeln handelt es sich um
- Risse im Putz und Mauerwerk
- Undichte Dampfsperre
- Undichter Keller
- Risse in Holz und Estrich
- Fehlerhafte Entwässerung in der Außenanlage
- Undichte Installation
- Fensterlaibung feucht
- Falsch angebrachte Einschubleiter
- Spitzboden nicht entlüftet
- Undichte Lüftungsanlagen
Haben Sie sich für einen Bauträger entschieden, gilt es, eine entsprechende Absicherung für sich selbst zu finden.
Der Bauträger konnte Ihnen sicher schon eine Orientierung hinsichtlich der Kosten geben. Hier finden Sie die passenden Angebote für Ihre Baufinanzierung in einem übersichtlichen Vergleich mit tagesaktuellen Konditionen der wichtigsten Baufinanzierer.
Die Absicherung bei der Kooperation mit einem Bauträger
Die folgende Übersicht der Stiftung Warentest zeigt, in welchen Regionen im Jahr 2005 das Risiko einer Bauträgerpleite besonders hoch war:
Der Vertrag als solches, auch mit einer Fertigstellungsgarantie und schlüsselfertiger Übergabe, ist schön und gut, bringt aber wenig, wenn das Unternehmen während der Bauzeit in die Insolvenz geht.
Ähnlich, wie eine Bank bei der Kreditvergabe grundsätzlich davon ausgeht, dass das Darlehen notleidend wird und sich entsprechend absichert, sollten Bauherren grundsätzlich unterstellen, dass der Bauträger insolvent wird.
Dies ist keine böse Unterstellung, es geht in der Regel schlicht um mehrere Hunderttausend Euro. Die Bank will ihr Geld, das Sie Ihnen geliehen hat, zurück – unabhängig davon, ob das Haus steht oder nicht.
Als Bauherr stehen Ihnen gegenüber dem Bauträger drei Absicherungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Zahlung nach Makler-Bauträger-Verordnung
Eine davon ist gesetzlich in der Makler-Bauträger-Verordnung (MaBV) festgeschrieben (1). Dabei handelt es sich um die Zahlung nach Baufortschritt, eine Modalität, auf die auch die Bank bei einem Neubau bestehen wird.
Der Bauträger erhält sein Geld in Tranchen. Diese sind gemäß Makler-Bauträger-Verordnung wie folgt gestückelt:
Baufortschritte | Anteil in % (gemäß MaBV) | ||
---|---|---|---|
1. | Baugrundstück nach Beginn der Erdarbeiten | 30 | der Gesamtsumme |
2. | Rohbaufertigstellung einschließlich Zimmererarbeiten | 40 | der Restsumme |
3. | Dachflächen, Dachrinnen | 8 | der Restsumme |
4. | Rohinstallation der Heizungsanlagen | 3 | der Restsumme |
5. | Rohinstallation der Sanitäranlagen | 3 | der Restsumme |
6. | Rohinstallation der Elektroanlagen | 3 | der Restsumme |
7. | Fenster mit Verglasung | 10 | der Restsumme |
8. | Innenputz ohne Beiputzarbeiten | 6 | der Restsumme |
9. | Estrich | 3 | der Restsumme |
10. | Fliesenarbeiten im Sanitärbereich | 4 | der Restsumme |
11. | nach Bezugsfertigkeit (innen komplett fertig) | 12 | der Restsumme |
12. | Fassadenarbeiten | 3 | der Restsumme |
13. | nach vollständiger Fertigstellung | 5 | der Restsumme |
Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, davon abweichende Tranchen zu vereinbaren.
Bankbürgschaft
Lassen Sie sich vom Bauträger eine Bankbürgschaft vorlegen. Geht das Unternehmen in die Insolvenz, steht die Bank für den entstandenen Schaden gerade. Wie gut es um die wirtschaftliche Situation des Bauträgers bestellt ist, erkennen Sie daran, ob seine Bank eine solche Bürgschaft übernimmt.
Baugarantieversicherung
Bei unseren westlichen und nordwestlichen Nachbarn, den Franzosen und den Holländern, sind solche Versicherungen weit verbreitet. In Deutschland fristen sie unverständlicherweise ein Nischendasein.
Die Prämie für diese Art Versicherung beträgt rund 1,5 Prozent des Bauvolumens und wird vom Bauunternehmer getragen. Weigert sich der Bauträger, eine solche Police abzuschließen, heißt es „Finger weg“ und neu suchen.
Die Baugarantie- oder auch Fertigstellungsversicherung funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie die Bankbürgschaft. Der Versicherer kommt für den durch die Insolvenz entstandenen Schaden auf.
Da wir gerade beim Thema Versicherung sind: Vergewissern Sie sich, dass der Bauträger über die notwendigen Versicherungen, Haftpflicht- und Bauleistungsversicherung verfügt. Die Fertigstellungsgarantie nutzt wenig, wenn so viel Material vom Bau gestohlen wird, dass die Neubeschaffung für das Unternehmen den Ruin bedeutet.
Was tun, wenn der Bauträger doch „Feuer unter dem Dach“ hat?
Die Insolvenz eines Bauträgers kommt nicht über Nacht. Als Bauherr sollten Sie in regelmäßigen Abständen auf der Baustelle vorbeischauen und sich ein Bild machen. Es gibt durchaus Indizien dafür, dass bei Ihrem Vertragspartner etwas „nicht im Lot“ ist:
- Häufig wechselnde oder fernbleibende Subunternehmer
- Verwaiste Baustelle
- Verzögerungen bei der Lieferung notwendigen Materials
- Verzögerung bei der Ausführung anstehender Arbeiten
Gespräch vor dem Insolvenzverfahren suchen
Stellen Sie solche Vorgänge fest, ist es an der Zeit, ein Gespräch mit dem Bauträger zu suchen. In diesem Fall lässt sich das Schlimmste durch eine Kündigung des Vertrages verhindern. Auf jeden Fall sollte das Gespräch im Beisein eines Fachanwaltes für Baurecht stattfinden. Die Vertragskündigung ist nicht mehr möglich, wenn der Insolvenzantrag bereits gestellt wurde.
Nicht nur der Bauunternehmer kann finanziellen Schiffbruch erleiden, auch der Privatmann ist davor nicht gefeit. In unserem Ratgeber „Ablauf einer Zwangsversteigerung“ erklären wir ganz genau, was passiert wenn es zum Äußersten kommen sollte (2).
Was passiert bei einem Insolvenzantrag?
Stellte der Bauträger Insolvenzantrag, kann der Bauherr nicht einfach die noch offenen Gewerke an einen anderen Unternehmer vergeben. Zunächst einmal kommt es zu einer massiven Verzögerung.
Diese bedeutet nicht nur, dass an die Bank nicht kalkulierte Bauzeitzinsen für die noch nicht ausgezahlten Darlehenstranchen gezahlt werden müssen. Die Folgen können weit gravierender sein und eine Räumung droht, wenn:
- Die bisherige Mietwohnung wurde zum geplanten Fertigstellungstermin des Eigenheims gekündigt. Es gibt bereits einen Nachmieter.
- Das bisherige selbst genutzte Eigenheim wurde bereits verkauft, der Übergabetermin steht fest.
Im ersten Fall kommt es zu Hotelkosten oder einer Zwischenlösung mit einer kurzfristig anzumietenden Wohnung. Im zweiten Fall wird entweder eine Konventionalstrafe fällig oder es kommt zu einer Rückabwicklung des Kaufvertrages zulasten des Verkäufers.
Die Entscheidung, ob überhaupt, und wenn ja, wie der Bau fortgeführt wird, liegt ausschließlich beim Insolvenzverwalter. Dieser kann einen anderen Unternehmer auswählen, welcher den Bau letztendlich fertigstellt. Er kann aber auch entscheiden, dass es Sache des Käufers ist, sich selbst um eine Fertigstellung, sprich Vergabe der noch ausstehenden Gewerke, zu kümmern.
Die Sache mit dem Grundbuch
Wer eine Immobilie von einem Bauträger kauft, wird nicht mit Abschluss des Kaufvertrages in das Grundbuch eingetragen. Das Objekt bleibt bis zur Übergabe und der Zahlung der letzten Rate im Eigentum des Bauträgers. Für den Erwerber besteht nur eine Auflassungsvormerkung. Was bedeutet dies im Insolvenzfall?
Kündigt der Käufer den Bauträgervertrag von sich aus einseitig, verliert er alle Ansprüche auf den bestehenden Rohbau UND die bereits geleisteten Zahlungen, da er noch nicht Eigentümer ist.
Ziehen Sie bei dem geringsten Verdacht auf eine sich abzeichnende Insolvenz des Bauträgers unverzüglich einen Fachanwalt zurate. Dies gilt auch, wenn Sie erstmalig davon Kenntnis erhalten, dass der Bauträger Insolvenz beantragt hat!
Im günstigsten Fall beauftragt der Insolvenzverwalter zeitnah ein anderes Unternehmen, um die Fertigstellung voranzutreiben. Im ungünstigsten Fall zieht sich die Entscheidung in die Länge und Sie müssen sich am Ende selbst um ein Nachfolgeunternehmen kümmern.
Das Haus ist fertig – und jetzt?
Ein Vertrag mit einem Bauträger sieht in der Regel die schlüsselfertige Übergabe der Immobilie vor. Bei aller Vorfreude auf den bestehenden Termin sollten Sie die Übergabe auf jeden Fall durch einen vereidigten Gutachter vornehmen lassen.
Ein Neubau ohne Mängel wäre ein Novum. Aber wie bereits eingangs erwähnt, können die Mängel schwerwiegender Natur oder eher leicht behebbar sein.
Die Bank zahlt, wie aus der Übersicht der MaBV hervorgeht, die letzte Rate des Kaufpreises erst nach vollständiger Fertigstellung. Ab diesem Zeitpunkt, der mängelfreien Übergabe, beginnt die Gewährleistungsdauer. Neben den offenkundigen Mängeln kommt es bei einem Neubau aber auch immer wieder zu versteckten Mängeln, welche erst nach einiger Zeit sichtbar werden.
In diesem Fall greift die Gewährleistungshaftung des Bauträgers. Der Mangel muss bei dem Bauträger schriftlich angezeigt werden. Sie sind gehalten, dem Bauträger eine Frist einzuräumen, den Mangel zu beheben.
Erklärt der Bauunternehmer ausdrücklich, dass es verantwortlich für den Mangel ist, der beanstandet wurde, beginnt die Verjährungsfrist von neuem zu laufen. Daher sollten Sie solche Aussagen unbedingt schriftlich fixieren, damit hinterher nicht Aussage gegen Aussage steht.
Reagiert der Bauträger nicht auf die Mängelrüge, haben Sie die Möglichkeit, den Mangel selbst zu beheben oder auf Kosten des Bauträgers beheben zu lassen. Es steht Ihnen das Recht zu, in diesem Fall vom Bauträger einen Vorschuss einzufordern. Grundsätzlich gilt aber auch in diesem Fall: Ohne anwaltliche Begleitung stehen die Chancen auf Erfolg deutlich schlechter.
Der Vertrag muss die Gewährleistungspflicht nach BGB beinhalten, diese beträgt fünf Jahre ab Bauabnahme (3). Eine Gewährleistungspflicht nach Vertragsordnung für Bauleistung (VOB/B) sieht nur Fristen von zwei beziehungsweise vier Jahren vor (4). Das Datum für den Ablauf der Gewährleistung sollte jeder Erwerber rot in seinem Kalender vermerken. Ist der Tag verstrichen, sind alle Ansprüche verjährt.
Autor: Uwe Rabolt
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Die Makler-Bauträger-Verordnung (MaBV) als PDF
(2) Kreditvergleich.net – Ratgeber zum Ablauf einer Zwangsversteigerung
(3) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – BGB, § 438 – Verjährung der Mängelansprüche
(4) dejure.org – Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil B – §13 Mängelansprüche