Was ist der effektive Jahreszins?
Um Kredite miteinander vergleichen zu können wurde der effektive Jahreszins zur Pflichtangabe gemacht. In ihm werden per Definition alle Kosten zusammengefasst, die den Kredit direkt betreffen. Sogenannte Kreditnebenkosten bleiben außen vor.
Der effektive Jahreszins ist eine Größe, die sich errechnet. Im Gegensatz zum Sollzins wird er nur indirekt von dem Kreditinstitut festgelegt.
Wie funktioniert der effektive Jahreszins?
Früher war es sehr kompliziert verschiedene Kreditangebote miteinander zu vergleichen. Unterschiedliche Gebührenstrukturen und Zinssätze machten es für den Endverbraucher unangemessen kompliziert, die Kreditkosten je Angebot zu errechnen und so den Markt vergleichen zu können.
Im ersten Schritt wurden diese Gebühren im effektiven Jahreszins mitberechnet. Somit konnten die Verbraucher schnell die Angebote verschiedener Banken und Sparkassen hinsichtlich der Kosten für den Kredit miteinander vergleichen.
Was sind Kreditzinsen?
Eine Bank verlangt eine Bezahlung für die Dienstleistung „Verleihen von Geld“. Analog dazu bietet sich der Vergleich zur Mietwagengesellschaft an. Die Mietgebühr entspricht dem Kreditzins, die Mietsache ist das Auto, bzw. die Geldsumme. Kreditzins ist ein anderes Wort für Sollzins.
Speziell seit dem Wegfall der Bearbeitungsgebühren für Kredite im Mai 2014 (1) ist die Differenz zwischen dem Sollzins und dem effektiven Jahreszins deutlich geringer geworden. Lagen früher mehrere Prozent zwischen den beiden Werten, sind die heutigen Differenzen nur noch marginal.
In unserem Vergleich der Privatkredite können Sie das direkt mit einem individuellen Beispiel nachvollziehen und ausprobieren:
Privatkredit
Wie wird der effektive Jahreszins berechnet?
Der effektive Jahreszins ist meistens etwas höher als der Sollzins. Früher war das der Fall, weil Bearbeitungsgebühren inkludiert waren. Da diese Gebühren nicht mehr erhoben werden dürfen, sollte der effektive Jahreszins nicht dem Sollzins entsprechen?
Nicht unbedingt, nein. Der dickste Brocken der diversen Gebühren ist 2014 weggefallen. Der Gesetzgeber erlaubt Kreditinstituten aber eine Reihe von Kreditnebenkosten auf die Kunden abzuwälzen (2). Unter diese sonstigen Kosten fallen:
- Kontoeröffnungs- und Kontoführungsgebühren
- Kosten für die Verwendung spezieller Zahlungsmittel
- Kosten für Zahlungsgeschäfte
- Kosten für Immobilienbewertungen
Selbst wenn keine dieser Gebühren anfallen und einberechnet werden, liegt bei den meisten Kreditangeboten der effektive Jahreszins minimal über dem Sollzins. Das resultiert aus einem Zinseszins-Effekt, der durch die wiederholten Berechnungen im Jahresverlauf entsteht.
Wer die komplexe Kreditberechnungsformel nachvollziehen möchte, finden den mathematischen Ausdruck sowie eine detaillierte Beschreibung zur Berechnung in den Anlagen der Preisangabenverordnung (3).
Nicht weniger wichtig und wesentlich näher am echten Leben, ist die Frage nach der Höhe des verfügbaren Einkommenteils, mit dem ein Kredit zurückbezahlt werden kann. Nutzen Sie dazu unseren Haushaltsrechner, der ihnen sofort sagt, was für die Kreditraten pro Monat zur Verfügung steht.
Wo findet sich der effektive Jahreszins?
Der Effektivzins ist aufgrund seiner Wichtigkeit eine der maßgeblichen Größen, die bei jedem Kreditangebot mitanzugeben sind. Er muss dabei hervorgehoben dargestellt werden und darf nicht mit dem Zusatz „ab“ verbunden werden.
Die genauen Details, wie ein Kreditangebot zu gestalten ist, regelt der §6a der Preisangabenverordnung (PAngV) (4).
Das gilt für alle Unternehmen, die sich in diesem Bereich bewegen. Dazu zählen allen voran die Banken und Sparkassen, aber auch die Kreditvermittler, die mit einer Fülle an Kreditinstituten zusammenarbeiten. Ebenfalls verpflichtet zur Angabe des effektiven Jahreszinses sind Peer-to-Peer Kreditplattformen, die beispielsweise Kredite von Privat an Privat ermöglichen.
Last but not least gehören natürlich auch Internetportale wie Kreditvergleich.net zu diesem Kreis, da sie die verschiedenen Kreditangebote vergleichen, bewerten und bewerben. Denn ob ein Unternehmen nun direkt oder indirekt am Kreditgeschäft teilnimmt, die Preisangabenverordnung ist zum Schutz des Verbrauchers für alle bindend.
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Kritik am Effektivzins
Obwohl der Effektivzins den Verbrauchern ein großes Stück an Markttransparenz gebracht hat, gibt es auch Kritik an dieser rechnerischen Größe. Das Hauptargument bemängelt, dass Kreditversicherungen nicht inkludiert werden, speziell dann, wenn sie für die Aufnahme des Kredites obligatorisch sind.
Dieser Kritikpunkt ist nicht substanzlos, vor allem weil der effektive Jahreszins alle Kosten zusammenfassen soll, die mit dem Darlehen in direkter Verbindung bestehen. Diese Voraussetzung ist bei einer Pflichtversicherung zweifellos erfüllt.
Das trifft auch dann zu wenn das Kreditangebot grundsätzlich ohne Versicherung zu haben ist und eine Versicherung erst ab einem gewissen Punkt (beispielsweise ab einer gewissen Bonitätsklasse, Credit-Scores, Einkommen oder Alter) verpflichtend wird.
Kritiker fordern unabhängig von der Begründung für die Pflicht zur Kreditversicherung sie in diesen Fällen in den Effektivzins mitaufzunehmen.
Ihnen hält die Bankenwirtschaft entgegen, dass die Versicherungen unterschiedlich ausgestaltet sind und es nicht um ein einheitliches Produkt handelt, das alle Kreditanbieter nutzen.
Unterschiedliche Versicherungsleistungen (Versicherungsfälle, Versicherungssumme, etc.) bedingen unterschiedliche Kostenstrukturen. Daher würde eine Inkludierung in den effektiven Jahreszins dem Verbraucher Transparenz hinsichtlich der Zusatzkosten für eine Kreditversicherung entziehen.
Was ist der Sollzins?
Mit dem Sollzins veröffentlicht ein Kreditgeber seinen Preis für das Ausleihen von Geldern. Die Höhe des Sollzinses wird der Kreditgeber nicht ins Blaue hinein bestimmen, sondern sich an diversen Rahmenumständen orientieren. Dazu zählen vor allem:
- Die Refinanzierungskosten (Basiszinssatz)
- Die Zinsniveaus des Wettbewerbs
- Das Kreditausfallrisiko
- Die Dauer der Geldleihe
- Die Höhe des Kreditbetrags
- Die angestrebte Gewinnmarge
All diese Überlegungen helfen dem Management der Bank oder Sparkasse bei der Festlegung des Sollzinses.
Der Sollzins ist die Berechnungsgrundlage für den effektiven Jahreszins. Fallen keine weiteren Gebühren an, definiert der Sollzins die Höhe der monatlichen Kreditraten in Abhängigkeit von der Höhe und der Laufzeit des Kredits.
In aller Regel wird der Sollzins bei einem normalen Privatkredit festgeschrieben und zwar für die gesamte Kreditlaufzeit. Man spricht daher auch vom gebundenen Sollzins.
Exkurs: variable Sollzinsen
Es besteht die Möglichkeit, dass das Kreditinstitut und Kunde einen variablen Zinssatz vereinbaren. Dieser wird dann in regelmäßigen Abständen entsprechend der Entwicklung eines Referenzwertes angepasst.
Gern wird hierzu der EURIBOR, der EONIA oder der Basiszinssatz der EZB genommen. Dem herangezogene Referenzwert wird ein feststehender Prozentwert hinzuaddiert. Der so errechnete Prozentsatz ist dann so lange gültig, bis es zu einem erneuten Abgleich kommt. Die zeitlichen Intervalle sind immer gleich und werden vorab festgelegt.
Unterzeichnet der Kunde einen Kreditvertrag mit variablem Zinssatz steht ihm ein grundsätzliches Kündigungsrecht mit einer Kündigungsfrist von nur drei Monaten zu (4).
Autor: Marc Opitz
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Bundesgerichtshof – Urteil des BGH zu den Bearbeitungsgebühren bei Verbraucherdarlehen
(2) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Preisangabenverordnung (PAngV), § 6 Verbraucherdarlehen
(3) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Preisangabenverordnung (PAngV), Anlage (zu § 6), Berechnung des effektiven Jahreszinses
(4) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Preisangabenverordnung (PAngV), § 6a Werbung für Verbraucherdarlehen
(5) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 489 Ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers