BGH stützt Unternehmer in Sachen Kreditgebühren
Urteile des BGH – Az. XI ZR 562 und XI ZR 233/16
Erfreulich aus Unternehmersicht war die Entscheidung des BGH zum Thema Bearbeitungsgebühren bei Krediten für Unternehmen (1). Analog zur Entscheidung im Mai 2014 erklärte der BGH am 4. Juli 2017, dass die Entgelte, die Banken und Sparkassen erhoben hatten, zu Unrecht verlangt wurden.
Bei Krediten an Unternehmen handelt es sich in aller Regel um höhere Beträge, als im Geschäft mit Privatkunden der Fall ist. Dasselbe trifft auch für die Gebührenhöhe zu. Während sich für Privatleute noch mit recht überschaubaren Gebührenstrukturen befassen müssen, sind das im Kreditgeschäft mit Unternehmen gut und gerne mehrere tausend Euro je Kreditvertrag.
Der erste der beiden Fälle startete mit dem Aktenzeichen 3 O 354/14 am Landgericht Hannover. Der klagende Geschäftsmann verlangte von seiner Bank Gebühren in Höhe von 30.000 Euro zurück. Das Landgericht gab dem Kläger Recht, die Bank sollte die zu Unrecht erhaltenen Gebühren nebst Verzugszinsen bezahlen (2).
Heute sind Bearbeitungsgebühren für Unternehmenskredite Geschichte. Gleichzeitig sind die Zinsen auf einem historisch niedrigen Niveau. Ein Vergleich der aktuellen lohnt sich lohnt sich dennoch, zum Beispiel mit unserer Rechnermaske:
Kredit für Selbstständige und Firmen
Die nicht korrekte Sichtweise der Banken
In der Rechtsprechung ist es im Allgemeinen so, dass Endverbraucher wesentlich mehr Schutz durch das Gesetz genießen, als es bei Geschäftsleuten der Fall ist. Grund dafür ist das mitunter deutlich ungleich ausfallende Machtverhältnis zwischen den beteiligten Parteien.
Privatpersonen sind monetär schwächer als ein Unternehmen und es fehlt ihnen oft auch am nötigen Know-how. Während der Unternehmer Fachleute für diverse Disziplinen beschäftigt, ist der Endverbraucher grundsätzlich nur auf sich gestellt.
Die Kreditinstitute erklärten vor dem BGH, dass es sich bei den angegriffenen Kreditverträgen um Geschäfte zwischen Geschäftsleuten handelt. Hier gelten keine besonderen Schutzvorschriften, weswegen die Gebührenstrukturen nicht zu beanstanden seien.
Darüber hinaus machten die Kreditgeber Gewohnheiten und Gebräuche im Bankgeschäft mit Unternehmern geltend. Sie stützen sich dabei auf § 310 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (3).
Für den Fall, dass diese Argumente nicht bestehen könnten, forderten die Geldgeber den BGH dazu auf, die Forderungen als verjährt zu betrachten.
Der BGH urteilt im Sinne der bisherigen Rechtsprechung
Im ersten Schritt ist es wichtig sich über die Natur dieser Gebühren Gedanken zu machen. In den Augen des BGH stellen sie Preisnebenabreden dar, die einer externen Inhaltskontrolle unterliegen und bezieht sich dabei auf § 307 des BGB (4).
„Grundsätzlich sind Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine echte Leistung bzw. Gegenleistung regeln, der Inhaltskontrolle durch das AGB-Recht entzogen, da diese „echten Preisabreden“ von den Vertragsparteien im Rahmen der Vertragsfreiheit frei bestimmt werden können (§ 307 Abs. 3 Satz 2 BGB). Dies ist nicht der Fall bei Preisnebenabreden, die eine (wenn auch nur mittelbare) Auswirkung auf Leistung und Gegenleistung haben“
Rechtsanwalt Dr. Marc Diekmann, LL.M.(5)
Die Richter in Karlsruhe sahen in den Gebühren einen Widerspruch zu wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelungen. Auch in der Situation zwischen zwei Geschäftsleuten könne es zu unangemessenen Benachteiligungen kommen. Daher unterliegen diese Gebühren nicht der Vertragsfreiheit und können richterlich verboten werden.
Den Argumenten der Kreditgeber, die sich auf Handelsbräuche und Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs stützten, konnte der BGH nicht folgen.
Eine geringere Schutzbedürftigkeit der Vertragspartner konnte der BGH ebenfalls nicht erkennen. Der Paragraf 307 des BGB klammere auch informierte und erfahrene Unternehmer nicht aus.
Gleichzeitig liege das Hauptaugenmerk der Schutzvorschrift auf einem Ausgleich zwischen den Vertragspartnern. Es könne nicht sein, das eine Partei durch eine einseitige Gestaltungsmacht der Vertragsklauseln sich einen Vorteil verschaffe
Schließlich erteilten die Karlsruher Gesetzeshüter auch der Verjährung eine Teil-Abfuhr. Gleichzeitig schoben sie aber auch der Idee einen Riegel vor, sämtliche alten Kreditverträge seien nun angreifbar.
Sie legten fest, dass die Gleiche Regelung für Unternehmerkreditverträge gelte wie für Verbraucherkredite. Dazu gab es im Oktober 2014 ein entsprechendes Urteil (6). Demnach gilt eine dreijährige Verjährungsfrist, die am 1. Januar nach dem Jahr des Vertragsabschlusses zu laufen beginnt.
Was bedeutet das jetzt für Unternehmer?
Gebühren aus Kreditverträgen, die ein Unternehmer nicht vor dem 1.1.2014 unterzeichnet hat, kann er mit Hinweis auf das aktuelle BGH Urteil zurückfordern.
„Ihr Anspruch auf Erstattung der Bearbeitungsgebühr ist allerdings verjährt, wenn sie die Gebühr 2013 oder früher an die Bank bezahlt haben und die Verjährung zwischenzeitlich nicht gehemmt wurde“, erklärt Dr. Thomas Meschede, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht der mzs Rechtsanwälte in Düsseldorf (7).
Anbetracht der Gebührenhöhe die zumindest durch den ersten Fall bekannt wurde, dürft diese Entscheidung den Bankern in Deutschland einiges an Kopfzerbrechen bereiten. Wie hoch die Rückforderungen gesamtwirtschaftlich ausfallen könnten, ist zurzeit nicht abzuschätzen.
Wie beurteilt die Kreditwirtschaft die Lage?
Wir sprachen mit dem Verband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), der zurzeit den Vorsitz der Deutschen Kreditwirtschaft inne hat. Dort liegt eine abschließende Bewertung des BGH Urteils noch nicht vor, da die Juristen noch auf die schriftliche Urteilsbegründung aus Karlsruhe warten müssen. Diese wird etwa Ende August 2017 erwartet.
Grundsätzlich befürchtet der Verband der Volks- und Raiffeisenbanken für seine Mitglieder allerdings keine erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen. Bereits 2012 habe man im Hinblick auf die sich damals schon abzeichnende Rechtsprechung des BGH empfohlen, auf Bearbeitungsgebühren zu verzichten, sagte Steffen Steudel BVR.
Der Verband der Sparkassen (DSGV) fuhr in der Vergangenheit eine ganz ähnliche Schiene. Auch hier wurden die angeschlossenen Institute bereits 2014 dahingehend informiert, dass von Bearbeitungsgebühren für Kreditverträge besser Abstand genommen werden sollte. „Gleichzeitig wurde bereits der entsprechende Passus in den Formularverträgen, die wir zentral zur Verfügung stellen, entfernt“, sagte uns Alexander von Schmettow vom DSGV.
Beide Verbände geben allerdings bei der Einschätzung für die deutsche Kreditwirtschaft zu bedenken, dass sie lediglich Empfehlungen aussprechen. Ob die Kreditinstitute letztendlich auf die Bearbeitungsgebühren verzichtet haben, sei nicht bekannt.
Autor: Marc Opitz
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Bundesgerichtshof – Bundesgerichtshof entscheidet über Zulässigkeit von Bearbeitungsgebühren bei Unternehmerkrediten
(2) Hink & Fischer – Kreditsachverständige – GbR – Landgericht Hannover Urteil vom 04.06.2015, Az: 3 O 354/14
(3) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 310 Anwendungsbereich
(4) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 307 Inhaltskontrolle
(5) MEK Rechtsanwaltsgesellschaft mbH – Preisnebenabreden unterliegen der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle
(6) Bundesgerichtshof – Bundesgerichtshof entscheidet über den Verjährungsbeginn für Rückforderungsansprüche von Kreditnehmern
(7) mzs Rechtsanwälte GbR – Profil von Dr. Thomas Meschede