Sanieren von bestehenden Gebäuden
Die Bundesrepublik hat ein ehrgeiziges Ziel: Bis zum Jahr 2050 sollen alle Gebäude in Deutschland klimaneutral sein. Die Klimaziele für 2020 werden klar verfehlt, das steht jetzt schon fest. Vor dem Hintergrund, dass 80 Prozent der Gebäude bereits stehen, kommt auf die deutschen Immobilienbesitzer Einiges zu.
Pro Jahr müssten zwei Prozent der Bestandsimmobilien saniert werden. Aktuell sind es jedoch weniger als ein Prozent. Auf Wohnimmobilien entfällt rund 20 Prozent des hiesigen Energieverbrauchs.
Die Motivation, eine energetische Sanierung durchzuführen, ist nicht bei allen Hausbesitzern gegeben. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wollte wissen, wie private Immobilieneigentümer zu diesem Thema stehen und gab eine Umfrage in Auftrag.
Wie realistisch ist es, dass die Bundesrepublik das Ziel erreicht und wie steht es mit der Sanierungsbereitschaft der Eigentümer?
Die Auswahl der Befragten
Die Auswahl der zu befragenden Immobilieneigentümer geschah auf umständlichem Weg. Zunächst einmal wurde per Wärmebildaufnahmen aus der Luft eine entsprechende Anzahl von Objekten ausgewählt, die gravierenden Sanierungsbedarf aufwiesen.
Über die Grundsteuerämter erhielten die Eigentümer einen Kurzfragebogen. Aus den Rückläufern wurden dann ausführliche Interviews mit 32 privaten Eigentümern und vier Unternehmen geführt.
Die Art dieser Befragung erhebt nicht den Anspruch repräsentative Ergebnisse zu liefern. Marktforscher sprechen von einem Focus-Group Design, das primär dazu dient, eine Idee bzw. eine Ahnung über gewisse Sachverhalte zu generieren. Focus-Groups sind häufig der erste Schritt vor tiefergehenden Analysen.
Die Gründe für eine Sanierung oder eben eine Nicht-Sanierung
Es lässt sich keine einheitliche Aussage aus den Interviews ableiten. Die Varianz der Aussagen war fast so vielfältig wie die Anzahl der Befragten.
Es zeigt sich, dass der finanzielle Faktor, Kreditaufnahme oder mangelnde eigene Mittel, überwiegt. Trotz subventionierter Darlehen und staatlicher Förderung scheuen viele Eigentümer den finanziellen Aufwand.
Als Gründe für eine aktuelle „Verweigerung“ einer Sanierung wurden genannt:
- Kein Bedarf / energetische Qualität OK (73%)
- Will keinen Kredit (53%)
- Nicht wirtschaftlich (45%)
- Nicht ökologisch sinnvoll
- Zu wenig eigene finanzielle Mittel
- Erträge sind mir zu unsicher / weit weg
- Zu viele Vorgaben / Auflagen (ENEV, …)
- Habe keine Zeit
- Bin dafür zu alt (komplizierte Baustelle, …)
- Bekomme den nötigen Kredit nicht
- Unsichere Lebenssituation
Um sich eine fundiertere Meinung über das Für und Wider von Sanierungsmaßnahmen bilden zu können, ist ein Blick auf die aktuellen Konditionen der Modernisierungskredite von Vorteil. Wir haben dazu einen Vergleich online gestellt:
Für Vermieter spielt darüber hinaus die Wirtschaftlichkeit einer Sanierung eine Rolle. Der finanzielle Aufwand könnte erst bei einem Verkauf realisiert werden. Aus Vermietersicht wäre eine Sanierung für den Eigentümer selbst nur ein Kostenfaktor gepaart mit einem guten Gewissen.
Die Entscheidung, eine Sanierung vorzunehmen oder nicht, resultiert aus vielfältigen Gründen:
- Nutzen / Kostenersparnis
- Erhalt / Steigerung Immobilienwert
- Zinsniveau
- Kosten-Nutzen-Verhältnis (Rendite)
- Belastung aus Kreditfinanzierung
- Amortisationszeit
- Attraktivität von Fördergeldern
Spitzenreiter bei der Begründung, ob eine Sanierung vorgenommen wird oder nicht, waren die absoluten Kosten der Maßnahme (84%), respektive die späteren Einsparungen (72%).
Das Kosten-Nutzen-Verhältnis und die Amortisierung spielten mit 62% und 49% eine nachgeordnete Rolle. Es kristallisierte sich jedoch heraus, dass Selbstnutzer einer Sanierung deutlich aufgeschlossener gegenüberstehen als Vermieter.
Der Grund dafür liegt auf der Hand. Eine neue Heizung in Kombination mit neuer Wärmedämmung und neuen Fenstern reduziert durch die Einsparung einen Teil der Finanzierungskosten. Nach Ablauf des Kredites ergibt sich eine echte Entlastung für das Haushaltsbudget.
Bei den Angaben, weshalb eine Sanierung angestrebt wird, ergeben sich auch klare „egoistische“ Ziele. Oft genannt wurden erhöhter Wohnkomfort und subjektiver Instandsetzungsbedarf. Nur manchmal verwiesen die Befragten auf ihre ökologische Überzeugung, Energiekosteneinsparung oder Vorschriften als Zwang zur Sanierung.
Hier ein Video, welches zeigt, weshalb eine Sanierung trotz aller Vorbehalte die sinnvollere Lösung darstellt:
Mögliches Informationsdefizit bei Eigentümern abbauen
Fakt ist, wenn die Zahl freiwilliger Sanierungen auf dem aktuellen jährlichen Stand bleibt, hat die künftige Bundesregierung nur zwei Optionen:
- Gesetzliche Verpflichtung aller Immobilienbesitzer zur Zwangssanierung oder
- Am 31.12.2050 einräumen, dass das Ziel verfehlt wurde.
Eine gesetzliche Verpflichtung hätte weitreichende Folgen. Handwerker könnten sich, je näher der Termin rückt, vor Auftragseingängen nicht mehr schützen, die Preise für Material und Löhne würden explodieren. Der eine oder andere Hauseigentümer würde dies wirtschaftlich nicht überleben.
Welche Schritte bleiben als Alternative? Zunächst einmal gilt es, mögliche Informationsdefizite zu erkennen und zu schließen. Dazu lohnt sich ein Blick auf die Seite des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). Hier finden sich die Klimaziele der Bundesrepublik im Vergleich zur EU (1).
Ebenfalls vom BMUB stammt im schönsten Politikerdeutsch der Fahrplan zur Umsetzung der Maßnahmen zum Erreichen der Klimaziele. Dabei geht es sowohl um die Sektorziele (Privathaushalte, Verkehr etc.), als auch um den Umbau der Volkswirtschaft (2). Dieser Beitrag hilft, das Verständnis für die Notwendigkeit energetischer Sanierungen zu stärken.
Konkrete Unterstützung privater Haushalte
Das wirtschaftliche Argument hat bei denjenigen, die eine Sanierung ihrer Immobilie ablehnen, den größten Stellenwert. Hier bietet die Bundesrepublik aber schon seit vielen Jahren durch die öffentlich-rechtliche Kreditanstalt für Wiederaufbau enorme Anreize.
Neben besonders zinsgünstigen Krediten stellt die Bank auch direkte Fördermittel, also nicht rückzahlbare Gelder, im Rahmen ihrer energetischen Programme bereit (3). Gefördert werden
- Alles rund um Heizung und warmes Wasser, z.B. neue Heizungen und Gewinnung regenerativer Energien
- Dämmmaßnahmen um den Energieverlust des Gebäudes zu senken
- Neue Türen und Fenster, ebenfalls um Heizungsverluste zu minimieren
Wer die Kosten für die Finanzierung einer Photovoltaikanlage scheut, kann inzwischen auf die Anmietung einer solchen Anlage zurückgreifen. Die Miete beinhaltet die Anlage selbst, die Versicherung für die Anlage und eine Vergütungsausfallversicherung. Diese greift, wenn durch einen Schaden nicht die gewohnte Menge an Stromüberhang in die öffentlichen Netze eingespeist werden kann.
Die Mietverträge laufen in der Regel über zehn Jahre. Möchte der Eigentümer die Anlage dann nicht mehr, wird sie ohne weitere Verpflichtungen wieder abgebaut – eine interessante Alternative zu einer möglicherweise fünfstelligen Investition, die Interessenten auf jeden Fall gegenrechnen sollten.
Unbegründete Befürchtungen der Eigentümer
Niemand möchte monatelang auf einer Baustelle leben oder für Wochen im Hotel wohnen, bis die Sanierungsmaßnahme abgeschlossen und das Haus wieder bewohnbar ist. Die KfW bezahlt beispielsweise den Gutachter, der eine Fördermaßnahme entwickelt und begleitet. Dieser Gutachter kann genau sagen, wie sich eine Sanierung auf den Wohnkomfort auswirkt.
Der Austausch einer Heizung ist beispielsweise an einem Tag durchgeführt. Bis die Photovoltaikanlage final funktioniert, wäre ein Parallelbetrieb machbar. Wer eine Wärmedämmung durchführt, hat beispielsweise kaum Einbußen. Die Dämmung wird für gewöhnlich auf die Außenwand aufgetragen. Nur bei einer Dachstuhldämmung fallen Arbeiten im Haus an.
Eine Sanierung der Fenster ist zeitlich schon etwas aufwendiger. Aber dieses Vorhaben, genauso wie einen möglichen Austausch der Heizung, verlagert man sinnvollerweise in die wärmere Jahreszeit.
Das folgende Video zeigt, welche Vorteile eine erfolgreiche Sanierung für die Bewohner bringt:
Steuerlicher Anreiz ebenfalls gegeben
Für Vermieter besteht der steuerliche Anreiz darin, dass sie alle Kosten, auch die Zinsen für eine Finanzierung, die für die Sanierung der vermieteten Wohneinheit anfallen, steuerlich geltend machen können. Darüber hinaus stellt eine energetisch sanierte Wohnung grundsätzlich eine ertragsreichere Kapitalanlage bei Verkauf dar, als eine unsanierte Wohnung.
Für Eigennutzer fällt der steuerliche Anreiz nicht ganz so umfänglich aus, ist aber dennoch gegeben. Im Rahmen der haushaltsnahen Tätigkeiten können die Eigentümer die Kosten für den Arbeitslohn teilweise absetzen. Dazu zählen auch Kosten für beispielsweise geliehene Maschinen. Insgesamt sind 20 Prozent von maximal 6.000 Euro steuerlich abzugsfähig.
Die Voraussetzung dafür ist eine ordnungsgemäße Rechnung und der Nachweis, dass der Lohn überwiesen wurde. Eine Quittung für eine Barzahlung erkennen die Finanzämter nicht an.
Quellen und weiterführende Links
(1) Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – Klimaschutz in Zahlen: Klimaschutzziele (PDF)
(2) Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – Nationale Klimapolitik
(3) Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – Förderprodukte für Bestandsimmobilien