Gibt es einen direkten Zusammenhang zwischen Nettoeinkommen und Bauanfragen?
Die Konjunkturdaten der Deutschen Bundesbank werfen eine interessante Frage auf: Besteht ein direkter Zusammenhang zwischen Nettoeinkommen, Bauanfragen und der Auftragslage im Bauhauptgewerbe? Sprich, steigt die Zahl der Bauanfragen mit dem Nettoeinkommen der Bevölkerung und damit nachgelagert auch die Zahl der Auftragseingänge im Bauhauptgewerbe? Wie war die Entwicklung in den letzten Jahren?
Wohnungsmarkt nach wie vor angespannt
Der deutsche Wohnungsmarkt ist nach wie vor angespannt. Experten gehen von mindestens 400.000 fehlenden Einheiten in Deutschland aus. Die Mieten explodieren, doch eine Entspannung könnte von einem Anstieg selbstgenutzter Neubauten ausgehen.
Dies setzt allerdings voraus, dass die Einkommen in einem Maße steigen, dass auch ständig kletternde Bau- und Bodenpreise kompensiert werden können. Da sich die Bauzinsen seit Jahren davon losgelöst auf einem historisch niedrigen Niveau bewegen, sollen diese in der folgenden Analyse außen vorbleiben.
In Anbetracht eines steigenden Zinsniveaus in den USA, stabiler Wirtschaftslagen und positiver Ausblicke kann von einem künftig ansteigenden Kreditzins in Europa ausgegangen werden. Wer also bauen oder kaufen möchte, wird in Zukunft wohl teurere Finanzierungen am Markt vorfinden.
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Bei der Frage nach der Einkommensentwicklung müssen einige Daten bereinigt werden. Im November verfügen viele Haushalte im Schnitt durch das Weihnachtsgeld über ein höheres Einkommen, als während des restlichen Jahres.
Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass im Dezember, dem Folgemonat, die Bauanfragen steigen. Die Überlegung, eine eigene Immobilie zu erwerben, orientiert sich vielmehr am üblicherweise zur Verfügung stehenden Einkommen und der dadurch zu finanzierenden monatlichen Baufinanzierungsrate.
Während steigende Einkommen durchaus ein Anstoß für den Gedanken, Immobilieneigentum zu erwerben, sein können, ist es selten Anstoß für die Überlegung „Ich miete eine teurere Wohnung“.
Die nachfolgende Grafik zeigt die Entwicklung der Einkommen in Deutschland seit 1991:
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Seit Beginn des Betrachtungszeitraums im Jahr 1991 bis Herbst 2020 stieg das Gesamtvolumen der saisonbereinigten Nettolöhne und Gehälter in Deutschland von 121,3 Mrd. Euro auf 255,9 Mrd. Euro. Das bedeutet einen Anstieg von 110,96 Prozent. Der Einbruch im zweiten Quartal 2020 ist bedingt durch die Coronakrise, als viele Betriebe Kurzarbeitergeld beantragen oder sogar Mitarbeiter kündigen mussten.
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Entwicklung der Bauanfragen und Baugenehmigungen
Bevor es in den Kassen des Bauhauptgewerbes klingeln kann, müssen erst einmal die notwendigen Bauanfragen und daraus resultierend die Baugenehmigungen vorliegen. Natürlich spielen hier wiederum die Zinsen mit hinein, da es sich beispielsweise bei zwei Prozent Kosten für das Baugeld pro Jahr leichter finanzieren lässt als etwa bei acht Prozent pro Jahr.
Auch zu den Baugenehmigungen liefert die Bundesbank für den Vergleichszeitraum entsprechendes Zahlenmaterial:
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Bereits der erste Blick genügt, um zu sehen, dass es keinen linearen Zusammenhang zwischen der Einkommensentwicklung und den Bauanfragen gibt. Während die Datenreihe der Einkommen fast linear ansteigt, weisen die Bauanfragen innerhalb des Betrachtungszeitraums eine unstetige Entwicklung auf. Erst nach der Finanzkrise von 2007/ 2008 konnte bislang ein gleichmäßiges Wachstum beobachtet werden. Seit dem 01.2009 bis zum 09.2020 stieg das Volumen der Bauanfragen von 2,19 Mr. Euro auf 5,71 Mrd. Euro. Das bedeutet einen Anstieg innerhalb dieses Zeitraums um 160,73 Prozent.
Es bleibt die letzte Frage zu beantworten: Wie wirkt sich das auf das Bauhauptgewerbe aus?
Bauhauptgewerbe als stabiles Fundament der Konjunktur
Wie die Auftragslage im Bauhauptgewerbe war, soll zunächst die folgende Grafik beantworten:
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Aufträge für den Bau kommen selbstredend erst dann, wenn die Baugenehmigungen erteilt sind. Wie auch die Bauanfragen und -genehmigungen, stiegen die Auftragseingänge für den Wohnungsbau nach der weltweiten Finanzkrise von 2007/ 2008 deutlich an. Das Wachstum hält bis heute an. Das stetig steigende Einkommensniveau macht das möglich, der Bedarf an Wohnungen sogar nötig.
Schlussfolgernd kann daraus abgeleitet werden, dass sich die Zahlen durchaus beinflussen. Ohne Einkommen keine Bauanfragen und ohne Bauanfragen keine Auftragseingänge im Wohnungsbau. Alle drei Datenreihen folgten zuletzt einer Entwicklung nach oben.
Veröffentlicht am 06.03.2018
Letztes Update am 05.12.2023