Bankenpleiten in den USA
Nach der Finanzkrise 2007/ 2008 verzeichneten US-amerikanische Banken eine erneute Pleitewelle, die im Jahr 2010 gipfelte. Seitdem ebbt sie wieder ab, bringt dennoch jedes Jahr neue Bankenpleiten hervor.
Bevor eine insolvent gewordene Bank in den Vereinigten Staaten von Amerika geschlossen wird, hat die FDIC – die Federal Deposit Insurance Corporation – drei Möglichkeiten. Sie kann das Kreditinstitut komplett schließen, alle Forderungen fällig stellen und Gläubiger auszahlen. Dieser Fall tritt allerdings nur selten ein. Die FDIC kann aber auch die Bank unter eigener Regie weiter führen und die Geschäfte ordnen und abwickeln. Da in den vergangenen Jahren viele Bankenpleiten in den USA gezählt werden mussten, sieht die Corporation von dieser Option ab, da es derzeit die personellen Möglichkeiten übersteigen würde. Es bleibt also noch die dritte Möglichkeit. Sie besteht darin, dass die FDIC zügig einen Käufer findet, der die Filialen und zumindest die gesunden Teile der insolventen Bank übernimmt.
- Die Zahl der Banken in den USA nimmt jährlich kontinuierlich ab. Allerdings vorrangig aufgrund von Fusionen und selten wegen Bankenpleiten.
- Für das Jahr 2020 wurden lediglich vier Bankenpleiten verzeichnet (Stand 02. Dezember).
- In Not geratene Banken erhalten keine finanzielle Unterstützung von der US-Regierung.
Anzahl der Banken in den USA
In Einstimmung auf das Thema „Bankenpleiten in den USA“ soll erst einmal aufgezeigt werden, wie sich die Gesamtanzahl der Banken in den Vereinigten Staaten in den letzten Jahren entwickelt hat. Das folgende Diagramm gibt Aufschluss darüber. Zu sehen sind alle FDIC-versicherten Geschäftsbanken. Die FDIC ist eine Agentur, die das Bankensystem in den USA versichert. Die Anzahl dieser registrierten Banken ist seit Beginn des Betrachtungszeitraum ims Jahr 1984 zurückgegangen und sank von 14.400 Instituten auf nur noch 4.519 Institute im Jahr 2019. Der Rückgang verlief gemächlich, die Ausweirkungen der Finanzkrise von 2007/ 2008 sind im Chart kaum zu erkennen.
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Anzahl der Bankpleiten in den USA
Die nachfolgende Statistik zeigt die Pleiten zwischen 1934 und 2020 von Banken und Sparkassen, deren Einlagen durch die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) gesichert waren. Die FDIC verwaltet den Einlagensicherungsfonds der Banken der Vereinigten Staaten, welcher zum Schutz der Kundengelder im Falle einer Insolvenz dient. Der Wert für 2020 ist ein Vorab-Wert und kann sich noch ändern.
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In Not geratene Banken in den USA erhalten grundsätzlich keine finanzielle Unterstützung von der Regierung, um ein Scheitern zu verhindern. Das bestätigte uns auf Anfrage die FDIC („Banks don’t receive financial assistance from the government to prevent them from failing.“). Trotzdem nehmen in der Zeit der Coronakrise viele Banken in den Vereinigten Staaten am sogenannten „Paycheck Protection Program“ teil. Dieses Programm wurde 2020 von der US-Regierung eingerichtet und ermöglicht es Banken, zinsgünstige Kredite an Unternehmen und Selbstständige zu vergeben, damit diese in Krisenzeiten ihre Gehaltsabrechnungen und bestimmte andere Kosten bezahlen können.
Anteil der Bankpleiten an der Gesamtanzahl der US-Banken
Was sagt die Anzahl der Pleite-Banken in den USA aus, wenn kein Vergleich zu der Anzahl aller US-Banken hinzugezogen wird? Die nächste Grafik soll zur objektiven Betrachtung verhelfen und zeigt den prozentualen Anteil der insolventen Banken im Verhältnis zur Gesamtanzahl aller Banken der USA.
Wie das Diagramm zeigt, lag der Anteil im Jahr 2019 bei gerade einmal 0,089 Prozent.
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Abgesicherte und nicht abgesicherte Einlagen
Die reine Anzahl der Bankenpleiten sagt erst einmal nichts über deren Umfang bzw. Auswirkungen aus – auch nicht deren Anteil an der Gesamtzahl aller Banken. Deshalb haben wir nachfolgend die Datenbank der US-Einlagensicherung (Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC)) ausgewertet und die Gesamtsumme der abgesicherten und nicht abgesicherten Einlagen pro Kalenderjahr ausgewertet – mit spannendem Ergebnis:
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Historisches
Die jüngste Pleitewelle der Banken begann im Jahr 2007. Ursache war die Immobilienkrise, bekannt als „Subprime Krise“. Der Immobilienboom in den USA führte zu einer Aufweichung der Standards für die Vergabe von Immobilienkrediten. Der staatlich geförderte Wohnungsbau trieb die Quote der Eigenheimbesitzer auf 68,9 Prozent der Bevölkerung im Jahr 2005. Stagnierende Einkommen führten jedoch dazu, dass die Überschuldung immer stärker zunahm und die Hypotheken am Ende, insbesondere von der unteren weißen Mittelschicht und den Hispanics im niedrigen Lohnsegment, nicht mehr aufgebracht werden konnten. Die verbrieften Hypotheken wurden gebündelt und als Pakete unter den Banken gehandelt.
Sachverständige der „Financial Crisis Inquiry Commission” kamen zu dem Schluss, dass die Ratingagenturen einen nicht unerheblichen Anteil an der Krise hatten. Ihnen wurde vorgeworfen, die Ratings der Darlehen künstlich geschönt zu haben. In einem Artikel von The Guardian findet sich in einem Artikel über die Objektivität von Ratingagenturen ein Zitat aus einer E-Mail eines Mitarbeiters von Standard & Poor‘s:
“Let’s hope we are all wealthy and retired by the time this house of cards falters. :o)”
„Lasst uns hoffen, dass wir alle reich und im Ruhestand sind, wenn dieses Kartenhaus in sich zusammenfällt. :o)“
– E-Mail eines Angestellten von Standard & Poor’s (2006) (1)
Zum Vergleich: Bankenpleiten in Deutschland
Der größte Crash in der Geschichte der deutschen Banken war wohl die Herstatt-Pleite im Jahr 1974. Das Kölner Bankhaus ging durch Verluste im Devisenhandel mit einer Einbuße von einer halben Milliarde DM in den Konkurs. Als Konsequenz daraus wurde der Einlagensicherungsfonds erweitert.
Es gab aber noch eine ganze Reihe weiterer prominenter Fälle. Die Hypo Real Estate wurde zur Bad Bank. 1983 schloss eine der renommiertesten deutschen Privatbanken, Schröder, Münchmeyer, Hengst und Co., ihre Pforten. Ursache war die enge Kreditverbindung mit dem insolventen Baumaschinenhersteller IBH. Aber auch unter den Landesbanken gab es Abwicklungen. Die West LB, einst größte deutsche Landesbank, wurde im Jahr 2009 offiziell geschlossen und die Altlasten wurden auf das neugegründete Unternehmen Portigon übertragen. Die HSH Nordbank befand sich wegen Insolvenz in der Abwicklung, wurde aber im März 2018 zum größten Teil von dem US-Investor Cerberus übernommen.
Die jüngste Schließung betraf im Frühjahr die Dero Bank, eine kleine Investmentbank, die über Cum-Ex Geschäfte stolperte. Seit dem Jahr 2001 war es die zehnte Bank in Deutschland, bei der die Einlagensicherung greifen musste.
In der Zeit zwischen 2000 und 2015 gab es in Deutschland insgesamt 20 Insolvenzen (2), viele davon bedingt durch die Finanzkrise. Allein bis 2009, dem Jahr nach der Finanzkrise, waren die folgenden Institute betroffen:
- systracom Bank
- Bankhaus Partin GmbH & Ci KGaA
- AHAG Wertpapierhandelsbank AG
- BKmU Bank AG
- Gontard & Metallbank AG
- A & A Actienbank AG
- Guthmann & Roth AG
- BFI Bank AG
- DBH Brokerhaus AG
- Fritz Nols Global Equity Services AG
- Phoenix Kapitaldienst GmbH
- Berliner Bürgschaftsbank AG
- Privatbank Reithinger GmbH & Co. KG
- Lehman Brothers Bankhaus AG
- Weserbank AG (3)
Insgesamt ging die Zahl der Kreditinstitute in Deutschland in der Zeit zwischen 1957 und 2019 von 13.359 Geldhäusern auf 1.717 zurück. Grund dafür waren aber nur in geringstem Ausmaß Insolvenzen. Fusionen und Übernahmen spielten die entscheidendere Rolle.
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Fest steht, dass die Bankenlandschaft in Deutschland, setzt man die Zahl der Insolvenzen in Relation zu den tätigen Unternehmen, auf jeden Fall deutlich solider aufgestellt ist, als dies auf dem amerikanischen Markt der Fall ist.
Veröffentlicht am 11.06.2018
Letztes Update am 07.05.2024
Quellen und weiterführende Links
(1) The Guardian – Ratings agencies suffer ‚conflict of interest‘, says former Moody’s boss
(2) Die Bank, Ausgabe 4/2015 – Abgewickelt
(3) Das Parlament 2009, Ausgabe 27– Seit 2000 gingen 15 Banken pleite