Leitzinsen – Definition, Geschichtliches und Entwicklung
Was ist der Leitzins?
Der Begriff „Leitzins“ wird umgangssprachlich für die Bezeichnung des Hauptrefinanzierungssatzes verwendet. Die Leitzinsen werden durch die jeweiligen Zentralbanken als Steuerungsinstrument der Geldpolitik eingesetzt. Der Leitzins gibt den Preis an, zu dem sich Kreditinstitute mit Zentralbankgeld versorgen können.
Die drei Stufen der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU)
Erste Stufe ab 1. Juli 1990
Ende 1989 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union mit der ersten Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion am 1. Juli 1990 zu beginnen. Hierbei ging es darum, die nationale Geld- und Fiskalpolitik stärker auf die Erfordernisse der Preisstabilität und Haushaltsdisziplin auszurichten. Für die Unabhängigkeit der Zentralbanken von den jeweiligen Regierungen sollen diverse Maßnahmen dazu beitragen.
Zweite Stufe 1. Januar 1994
In der zweiten Stufe der WWU wurde das Europäische Währungsinstitut (EWI) als Vorgängerinstitut in Frankfurt am Main gegründet. Die Aufgaben des EWI bestanden in der organisatorischen, logistischen und regulatorischen Vorbereitung der Währungsunion. Des Weiteren war die Koordinierung der Geldpolitik und die Stärkung der wirtschaftlichen Konvergenz ein wichtiger Bestandteil der zweiten Stufe.
Dritte Stufe 1.Januar 1999
Die Währungsunion trat mit Beginn der dritten Stufe am 1. Januar 1999 in Kraft. An diesem Tag ging die Geld- und Währungspolitik auf das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) über, welches aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen Zentralbanken der Mitgliedsstaaten besteht. Die Wirtschafts- und Währungsunion bestand zu dieser Zeit aus elf teilnehmenden Ländern, in denen der Euro die bisherigen nationalen Währungen ersetzte. Von 1999 bis 2002 gab es den Euro zunächst nur als Buchgeld. Der Euro wurde durch eine Währungsumstellung und nicht durch eine Währungsreform eingeführt, das heißt, dass alle Geldbeträge zu einem festen Wechselkurs in Euro umgerechnet wurden. Der Wert blieb somit unverändert.
Die EZB- Zinssätze und ihre Entwicklung
Die drei EZB- Zinssätze für Einlagefazilität, Spitzenrefinanzierungsfazilität und Hauptrefinanzierungsgeschäfte sind geldpolitische Instrumente des Eurosystems, welche alle drei zu den Leitzinsen des Eurosystems gehören. Der Leitzins ist der Zinssatz, zu dem sich die Geschäftsbanken bei den Zentralbanken refinanzieren können. Die Geschäftsbanken benötigen dafür Sicherheiten, die meist in Form von Wertpapieren hinterlegt werden.
Einlagefazilität
Bei der Einlagefazilität handelt es sich um die Möglichkeit für die Banken, ständig Geld, bis zum nächsten Geschäftstag zu einem vorgegebenen Zinssatz bei den nationalen Zentralbanken, anzulegen. Der Zinssatz der Einlagefazilität bildet die Untergrenze für den Tagesgeldsatz am Geldmarkt.
Spitzenrefinanzierungsfazilität
Bei der Spitzenrefinanzierungsfazilität können sich die Banken auf eigene Initiative, gegen notenbankfähige Sicherheiten und zu einem vorgegebenen Zinssatz, von der Zentralbank Liquidität bis zum nächsten Geschäftstag beschaffen. Somit können Banken ihren Liquiditätsbedarf kurzfristig decken. Der Zinssatz für die Spitzenrefinanzierungsfazilität bildet die Obergrenze für den Tagesgeldsatz am Geldmarkt.
Hauptrefinanzierungsgeschäfte
Unter einem Hauptrefinanzierungsgeschäft (HRG) ist ein wöchentliches Offenmarktgeschäft mit einwöchiger Laufzeit zu verstehen. Ein Offenmarktgeschäft ist eine geldpolitische Operation, die auf Initiative der Zentralbank erfolgt. Ziel des Offenmarktgeschäftes ist es, den Banken Zentralbankgeld (Liquidität) bereitzustellen oder zu entziehen. Eine Kategorie von Offenmarktgeschäften sind die Hauptrefinanzierungsgeschäfte. Bei einem HRG stellt das Eurosystem den Banken gegen Hinterlegung von Sicherheiten befristet Zentralbankgeld zur Verfügung. Die wöchentlichen HRG sind für das Eurosystem das wichtigste geldpolitische Instrument, mit dem die Zinssätze und Liquidität am Geldmarkt gesteuert werden können.
Werte von
Zusammen umfassen diese drei Zinsarten – Einlagensatz, Spitzenrefinanzierungssatz und der Hauptrefinanzierungssatz – die Leitzinsen des Eurosystems. Umgangssprachlich wird mit dem Begriff „Leitzinsen“ jedoch nur der Hauptrefinanzierungssatz gemeint. Er wurde am 16. März.2016 von 0,05 Prozent auf 0,00 Prozent gesenkt. Damit liegt er bisher auf seinem niedrigsten Stand seit Bestehen der Währungsunion.
Die Leitzinsentwicklung der USA im Vergleich zur Eurozone
Die Notenbanken der USA (FED) und der EU (EZB) geben in unregelmäßigen Abständen die Leitzinsen für ihren Wirtschaftsraum bekannt. Sie reagieren damit auf aktuelle Entwicklungen am Markt und greifen mit diesem Instrument aktiv in die Wirtschaftspolitik ein. Die EZB verkündet ihren Leitzins als ein Wert, die FED gibt eine Spanne an. Für unsere Statistik gehen wir vom oberen Wert dieser Spanne aus.
Die folgende Abbildung zeigt die historische Entwicklung der Federal Funds Rate, sprich den Leitzinsen der USA, und dem Hauptrefinanzierungssatz, also dem Leitzins der Eurozone seit 2001. Die Federal Funds Rate bewegte sich 7 Jahre lang von Dezember 2008 bis Dezember 2015 konstant zwischen einer Spanne von 0,00 und 0,25 Prozent. Ende 2015 wurde der Leitzins der USA erstmalig nach langer Zeit auf 0,25 bis 0,50 Prozent angehoben.
Seit diesem Zeitpunkt stiegen die Leitzinsen in den USA kontinuierlich an. Im Dezemeber 2016 gab es den nächsten Zinsschritt, gefolgt von zwei weiteren Anhebungen im März und Juni 2017. Experten gingen fast einheitlich davon aus, dass es im Dezember 2017 zu einer erneuten Zinsanpassung nach oben kommen werde und behielten Recht. Für das Jahr 2018 folgten wie erwartet weitere Korrekturen nach oben. Dies dauerte bis Mitte 2019 an, als die Leitzinsen wieder gesenkt wurden – zum großen Ärger des Präsidenten Donald Trump.
Die EZB hingegen verfolgt mit ihrem Leitzins seit 2016 eine Nullzinspolitik. Sparer erhalten dadurch kaum bis keine Erträge auf risikoarme Geldanlagen und Kreditinstitute sehen sich zunehmend gezwungen, ihre Kunden mit steigenden Gebühren zu belasten.
Werte von