Notleidende Kredite II
Notleidende Kredite unter der Lupe
Es macht also Sinn, dass Banken keine Kredite vergeben dürfen, die mit einem erhöhten Risiko eines Rückzahlungs-Ausfalls behaftet sind. Eine eingehende Bonitäts-Prüfung des Kreditnehmers ist also Pflicht. Im Fachjargon wird von der Kreditwürdigkeitsprüfung gesprochen.
Dass es die Banken damit in der Vergangenheit nicht ganz so genau genommen haben, zeigt die Bankenkrise ab 2007/2008. Eine zu laxe Kreditvergabe mündete in den USA in die Subprime Krise, welche schließlich Banken und Volkswirtschaften weltweit ins Schlingern brachte.
Die Voraussetzungen für die Kreditvergabe wurden daraufhin deutlich verschärft und die Aufsichtsbehörden sowohl in der EU als auch in den USA schauen seither genauer hin, wie Banken Kredite vergeben.
Die FED im Umbruch: De-Regulierung oder Kontrolle?
Janet Yellen, frühere Vorsitzende der US-Notenbank FED in den USA, trug maßgeblich dazu bei, den Finanzmarkt in den USA durch Regulierungen in Bahnen zu zwingen, die eine Schutzbarriere vor erneuten Finanzeskapaden sein sollten. Präsident Trump empfindet Marktbeschränkungen jeglicher Art offenbar als kontraproduktiv und wollte den Dodd-Frank Act am liebsten sofort wieder abschaffen. Im Februar 2018 übernahm Jerome Powell den Vorsitz der FED. Er wurde von Trump ins Rennen geschickt und von den zuständigen Gremien (Senat und Kongress) bestätigt.
Wie die Zeit zeigte, führt Powell eher die Linie seiner Vorgängerin weiter, anstatt in Richtung Trump zu arbeiten und die Finanzmärkte zu deregulieren. Sehr zum Ärger des amtierenden US-Präsidenten. Die Regulierung des Marktes ist aber auch im europäischen Sinnde, damit nicht die Fehler aus der Vergangenheit wiederholt werden.
Doch viele Banken sitzen weiterhin auf notleidenden Krediten, die sie nur schwerlich wieder loswerden. Auch die Gründung sogenannter „Bad Banks“ (Zweckgesellschaften, in die hochriskante Kredite eingebracht werden, um die eigene Bilanz zu „gesunden“) brachte mancherorts noch nicht den entscheidenden Durchbruch.
In unserer Statistik untersuchen wir nun, wie hoch der Prozentsatz an notleidenden Krediten ist, auf denen die Banken in den Eurostaaten und in den USA jeweils sitzen. Erhoben wurden die Zahlen von der EZB (5) sowie der Federal Reserve Bank of St. Louis (7).
Klicken Sie auf die bunten Felder über den Diagrammen, um die Verläufe einzelner Länder zum Diagramm hinzuzufügen oder zu entfernen.
Deutschland und Österreich
In Deutschland und Österreich ist der Anteil der notleidenden Kredit am gesamten Kreditvolumen relativ gering. Die Bankenkrise zeigte in beiden Ländern kaum Auswirkungen. In den letzten Jahren zeigte sich in beiden Staaten bis einschließlich 2018 ein fallender Trend beim Anteil fauler Kredite. Später konnte zumindest für Deutschland immer wieder ein leichtes Auf und Ab beobachtet werden.
Werte von
Nordeuropäische Eurostaaten
Estland (2011), Lettland (2014) und Litauen (2015) sind nicht von Beginn an Teil der Eurozone und schafften nur unter großen wirtschaftlichen und haushaltspolitischen Anstrengungen die Aufnahme in die Währungsunion. Welche Anstrengungen unternommen werden mussten, zeigt auch die Entwicklung des Anteils der notleidenden Kredite. Die drei baltischen Länder schafften es innerhalb weniger Jahre, den Anteil der notleidenden Kredite deutlich zu reduzieren.
So schlugen sich die lettischen Banken 2018 nur noch mit ca. einem Drittel der notleidenden Kredite von 2010 herum. Die estischen Geldhäuser konnten den Anteil im selben Zeitraum sogar um das Siebenfache reduzieren.
Heute scheinen in den nordeuropäischen Staaten notleidende Kredite kaum noch eine Rolle zu spielen. Der Anteil der augfgezeigten Länder lag zuletzt in Q3 2020 zwischen 1,0 und 1,5 Prozent. Im Ländervergleich innerhalb der Eurozone sind das Spitzenwerte.
Leider sind die Daten der EZB lückenhaft, sodass wir in unseren Statistiken häufig 0,00-Prozentwerte verzeichnen müssen.
Werte von
Osteuropäische Eurostaaten
Den Banken in Slowenien setzte die Bankenkrise stark zu. Zwischen 2007 und 2012 verachtfachte sich der Anteil notleidender Kredite am Gesamtkreditvolumen. Fast so stark, wie der Anteil der notleidenden Kredite wuchs, schmolz er auch wieder. Ein Anteil von gerade einmal 3,70 Prozent Ende 2019 ist vor dem Hintergrund dieser Vergangenheit umso beachtlicher. Für das Jahr 2020 wurden bislang keine Daten veröffentlicht.
Die EZB führt leider keine Angaben zur Slowakei. Dennoch ist bekannt, dass die slowakischen Banken in den 90er-Jahren einen hohen Anteil notleidender Kredite in den Büchern verzeichneten. Nach der Loslösung aus der Tschechoslowakei 1993 kämpfte die Slowakei mit einigen wirtschaftlichen Startschwierigkeiten. Heute hat sich das Land wirtschaftlich stabilisiert und die Banken konnten den Anteil der notleidenden Kredite reduzieren.
Werte von
Westeuropäische Eurostaaten
Die Banken in Belgien, Frankreich, Irland und Luxemburg schafften es in den vergangenen Jahren, den Anteil notleidender Kredite unter der 4-Prozent-Marke zu halten. In Luxemburg liegt der Wert seit 2019 sogar unter einem Prozent. Das liegt an der außergewöhnlichen Stärke der luxemburgischen Wirtschaft und dem äußerst hohen Bruttoinlandsprodukt.
Weniger erstaunlich ist der frühere rasante Anstieg des Anteils an notleidenden Krediten in Irland (im Diagramm nicht zu sehen). Die Grundlage des wirtschaftlichen Aufstiegs Irlands bis 2007 lag vor allem im blühenden Bankensektor. Dieser fußte jedoch auf einer immer weiter wachsenden Immobilienblase. Als diese platzte, gerieten das Land, seine Banken und die Bürger in finanzielle Nöte. Irland und seine Banken unterwarfen sich einem harten Sanierungskurs. Das Land benötigte dafür gar Zahlungen aus dem Euro-Rettungsschirm. Seit dem Verlassen des Rettungsschirms bringen auch Irlands Banken die Reduzierung von notleidenden Krediten spürbar voran.
Werte von
Südeuropäische Eurostaaten
Den meisten Staaten in Südeuropa setzte die Banken- und Finanzkrise ab 2007 hart zu. Spanien, Portugal und Zypern benötigten einige Zeit Hilfen aus dem Euro-Rettungsschirm, während Griechenland mit Abstand deutlich länger auf ebendiese angewiesen war. Die Ursachen für die Krise sind von Land zu Land verschieden. Während in Spanien eine Immobilienblase platzte und den Bankensektor ins Wanken brachte, ächzt Griechenland vor allem unter der Last eines gigantischen Staatsschuldenberges.
Die Auswirkungen variieren von Land zu Land. Auch wenn spanische Banken gleichwohl hart durch die Krise getroffen wurden, der Anteil notleidender Kredite am gesamten Kreditvolumen verlief in den letzten Jahren um die 5-Prozent-Marke und lag zuletzt bei 2,99 Prozent im dritten Quartal 2020. Hingegen ist in Griechenland immernoch knapp ein Drittel des Kreditvolumens als notleidend einzustufen. Insgesamt folgen die südeuropäischen Eurostaaten aber zuletzt einem fallendem Trend beim Anteil ihrer notleidenden Kredite.
Werte von
Vereinigte Staaten von Amerika
Die eingangs erwähnte Subprime Krise 2007 wird als Ausgangspunkt für die weltweite Wirtschaftskrise gesehen. Eine Immobilienblase platzte, Großbanken wie Lehmann Brothers kollabierten ob des Ausbleibens fest eingeplanter Kreditrückzahlungen. Interessant: Dennoch weisen die Zahlen der Weltbank den Anteil notleidender Kredite am gesamten Kreditvolumen in den USA abgesehen von 2010 in keinem Jahr höher als fünf Prozent aus.
Für die Jahre vor der Krise wurde der Anteil gar mit weniger als einem Prozent angegeben. Auch 2017, als im Autokredit-Bereich schon die nächste Blase drohte, lag der Anteil notleidender Kredite in den USA bei gerade mal 1,22 Prozent. Das zeigt, wie groß und stark der amerikanische Bankensektor ist. Zuletzt lag der Anteil im Jahr 2019 bei 0,89 Prozent und ist damit weiter gesunken (beim letzten Update noch keine Werte für 2020 verfügbar).
Werte von
Es zeichnet sich ein klares Bild ab: Die Banken in Westeuropa und den USA sind groß und stark. Die Summe an notleidenden Krediten, auf denen sie sitzen, ist ebenfalls groß – der Anteil am Gesamtkreditvolumen jedoch ist und bleibt bei den meisten gering. Kleinere Eurostaaten im nördlichen und östlichen Europa haben schon vielmehr mit den Auswirkungen von Krisen zu kämpfen, können sich aus diesen jedoch relativ schnell befreien.
Sorgenkinder bleiben Banken in südeuropäischen Staaten. Sie plagen sich mit einem wesentlich größeren Anteil an notleidenden Krediten herum und sind nur schwerlich in der Lage, diesen zu reduzieren. Gründe dafür sind die horrenden Staatsschulden, die Schwäche der Banken und der inländischen Konjunktur. Gerade letztere müsste in Gang kommen, um den Anteil notleidender Kredite zu reduzieren, doch dafür fehlt es in der Europäischen Union und den betroffenen Ländern weiterhin an Lösungen.
veröffentlicht am 05.01.2017, letztes Update am 26.01.2021
Quellen und weiterführende Informationen
(1) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – Verordnung über die Prüfung der Jahresabschlüsse der Kreditinstitute
(2) European Banking Authority – EBA FINAL draft Implementing Technical Standards on Supervisory reporting on forbearance and non-performing exposures (engl. PDF)
(3) EZB Statistical Data Warehouse – Startseite des statistischen Datenbanken der EZB (engl.)
(4) The World Bank – World Bank Open Data (engl.)
(5) EZB – Publication of supervisory data
(6) Finanzen.net – EZB signalisiert Flexibilität bei neuen NPL
(7) Federal Reserve Bank of St. Louis – Nonperforming Total Loans (past due 90+ days plus nonaccrual) to Total Loans
(8) EU-Kommission – Tackling non-performing loans in the aftermath of the COVID-19 pandemic
(9) Eureporter – McGuinness presents strategy to deal with Non-Performing Loans
(10) Cash – ‚Faule Kredite‘: EU-Kommission will Vorsorgemassnahmen
(11) Bankenverband – Bankenverband sieht EU-Aktionsplan zum Abbau notleidender Kredite zurückhaltend