Basel III – Ein Werk zur verbesserten Bankenkontrolle
Basel III ist ein Instrument zur Kontrolle der Banken und Sparkassen. In den Vorschriften sind vor allem Grenzen hinsichtlich notwendiger Kapitalpuffer und erlaubter Risikogeschäfte formuliert.
Ein komplexer Markt braucht ein klares und tragendes Regelwerk. Das ist umso mehr der Fall, wenn Schwankungen dieses Marktes unmittelbare Einflüsse auf andere Wirtschaftszweige und ganze Volkswirtschaften haben können.
- Die Regelwerke Basel I bis Basel IV entstanden im Zusammenhang mit der Finanzkrise und sollen künftig Bankpleiten verhindern.
- Im Zentrum steht eine Erhöhung der Eigenkapitalquote bei der Kreditvergabe.
- Experten befürchten eine massive Behinderung bei der Kreditvergabe insbesondere an kleine und mittelständische Unternehmen.
- Ab der Einführung von Basel IV im Jahr 2022 (spätestens 2027) steigen die Kapitalanforderungen an die Banken bis auf 72,5 Prozent.
Geschichtlicher Hintergrund der Regulierungsmaßnahmen
Die Finanzkrise, die 2007/2008 ihren Anfang nahm, ist ein treffendes Beispiel. Selbst die Regeln aus den vorherigen Basler Vorschriften haben nicht ausgereicht, um diese Krise zu verhindern. Basel III wird daher weiter eingeführt und Basel IV ist bereits in Arbeit. Die verbesserten Regelungen haben einen umfangreicheren Schutz des Marktes zum Ziel.
Um zu verstehen, wie die Regeln der aktuell gültigen Basel III Richtlinie wirken, ist es hilfreich, sich zunächst die Entwicklung dieses Regelwerkes anzusehen. Im weiteren Verlauf gehen wir auf die Vorschriften von Basel III ein und erklären, wie sich Banken zu verhalten haben.
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Privatkredit
Basel III wird im Zuge der Finanzkrise entwickelt und basiert auf älteren schon vorhandenen Regelwerken des Bankensystems. Die Weiterentwicklungen werden über mehrere Jahre, Schritt für Schritt, eingeführt. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Anpassung der Banken an die neuen Vorschriften und soll negative Effekte minimieren.
Unzureichende gesetzliche Vorschriften und mangelnde Kontrolle der Banken haben während der Krise zu einer Gefährdung der Liquidität geführt. Je mehr Kredite eine Bank vergeben kann, desto mehr Geld kann sie erwirtschaften. Die Gesamthöhe der Kredite, die eine Bank vermitteln darf, hängt jedoch von den gesetzlichen Vorschriften ab.
Viele Banken reizen die gesetzlichen Vorgaben von Basel II aus und sind bei starken Ausfällen nicht in der Lage, selbstständig Zahlungsfähig zu bleiben. Basel III soll über stärkere Eigenkapitalquoten die Stabilität der Banken weiter ausbauen.
Die Eigenkapitalvorschriften von Basel stellen einen freiwilligen Regulierungsrahmen dar, welcher von Staaten eingeführt werden kann, was aber nicht verpflichtend ist. Das Rahmenwerk wird vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) veröffentlicht.
Die Institution wurde, aufgrund von vorausgegangenen Bankenkrisen, von den Zentralbanken der G10-Staaten im Jahre 1974 gegründet (1). Hierbei wurde neben der proaktiven Krisenvermeidung besonders der Umgang mit neuen Finanzprodukten und deren Regulierung diskutiert (2).
Dem Ausschuss gehören Zentralbanker und Finanzaufseher verschiedener Mitgliedsländer an. Heute umfasst das Komitee Vertreter der 27 wichtigsten Finanzländer der Welt, wie zum Beispiel China, Singapur, Deutschland und Frankreich (3).
Der Ausschuss versucht, den globalen Finanzmarkt zu stabilisieren, spricht Empfehlungen aus und erarbeitet Handlungsmöglichkeiten, welche den Ländern helfen sollen, den Bankensektor effizient zu moderieren.
Die Einführung von Basel I
Damit die Banken auch bei Kreditausfällen auf eine ausreichende Liquidität zurückgreifen und um Verluste ausgleichen zu können und um ein globales gesetzliches Regelwerk für den Kapitalmarkt zu schaffen, wird 1988 „Basel I“ eingeführt (4).
Die Banken werden dazu verpflichtet, Eigenkapital in Höhe von 8 Prozent auf risikoreiche Kredite zu halten (5). Das Mindesteigenkapital wird je zur Hälfte in Eigenkapital (Tier 1) und in Ergänzungskapital (Tier 2) eingeteilt:
- Tier 1 beinhaltet qualitativ höherwertiges und stabiles Kapital, auf das die Bank jederzeit Zugriff hat
- Tier 2 ist weniger stabil und erlaubt einen eingeschränkteren Zugriff durch die Bank. Hierzu zählen beispielsweise nicht realisierte Gewinne aus Aktien
Außerdem wird ein Verfahren eingeführt, welches es den Banken ermöglicht, ihr Mindesteigenkapitalverhältnis auszurechnen. Die verschiedenen Aktiva, multipliziert mit ihrer jeweiligen Risikogewichtung (risk weighted assets, RWA) können nach dem Ausfallrisiko gewichtet werden.
Beispiel für die Absicherung von Risiken nach Basel I
Manche Aktiva wie Staatsanleihen haben ein Risiko von 0 Prozent, Immobilienkredite dagegen werden mit 50 Prozent bewertet. Somit benötigt eine Bank, wenn sie Staatsanleihen halten will, nicht notwendigerweiseEigenkapital.
Da Immobilienkredite mit 50% gewichtet werden, sind hierfür nur 4 Prozent, statt der geforderten 8 Prozent für risikoreiche Kredite, an Eigenkapital zu halten (6).
Basel II
Die ursprünglichen Rahmenvereinbarungen sind allerdings nicht lückenlos ausgearbeitet und weisen zum Teil erhebliche Defizite auf. Die Banken können weiterhin sehr riskante Geschäfte durchführen, auch ohne ihr Eigenkapital zu erhöhen.
Infolge von neuen Geschäftszweigen der Banken und veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wird im Jahr 2004 von der BCBS die zweite Rahmenregelung eingeführt.
Basel II beruht auf drei Säulen.
- Die erste und zugleich auch die wichtigste Säule ist die Mindesteigenkapitalanforderung von 8 Prozent, welche auch schon während Basel I aktiv ist. Das Hauptanliegen liegt hierbei auf der Berechnung des Kreditausfallrisikos. Zur Risikogewichtung von Krediten werden externe Bewertungen von Ratingagenturen hinzugefügt und Marktrisiken stärker gewichtet (7).
- Die zweite Säule bildet das bankaufsichtliche Überprüfungsverfahren, bei dem das interne Risiko kontinuierlich überwacht werden soll.
- Die dritte Säule bildet die erweiterte Offenlegung, bei der die Institute eine Reihe von Daten veröffentlichen müssen, damit andere Marktteilnehmer das Institut besser bewerten können (8).
Trotz der neuen Regelungen kommt es zu einer weltweiten Finanzkrise. Auch wenn die Gründe für die Krise vielschichtig sind, kommt den Banken eine besondere Rolle zu.
Basel II hat die Eigenkapitalquote kaum verändert und auch die Risikobewertung der Kredite wird meistens von der eigenen Bank in Auftrag geben. Subjektive und verzerrte Bewertung spiegeln reale Anfälligkeiten kaum wieder.
Viele Ratingagenturen bewerten risikoreiche Kredite mit Bestnoten, wodurch die Banken beim Kauf solcher Portfolien mit einem geringeren Eigenkapital auskommen können.
Die Einführung einer wachsenden Zahl neuer Finanzprodukte führt zu einer stetigen Steigerung der Komplexität im Finanzgeschäft. Die Stabilität der Banken wird gefährdet. Die interne Kontrolle wird zunehmend aufwendiger bei gleichzeitig steigenden Risiken.
Aufbau von Basel III
Die Finanzkrise, welche besonders durch die Immobilienblase in den USA verursacht wurde, erreicht ein Ausmaß ohnegleichen und erfasste das gesamte globale Wirtschaftssystem. Viele Banken wurden insolvent oder mussten von Regierungen gestützt werden. Die Qualität des Grundkapitals war nicht ausreichend und schlimmer noch war, dass Risiken missachtet oder unterschätzt wurden.
Die Banken, die international tätig sind, sollen nach der neuen Regelung ausreichend Puffer besitzen, um auch eine starke Rezession unbeschadet überstehen zu können.
Aus diesem Grund wird die Mindestkapitalanforderung von derzeit 8 Prozent auf bis zu 13 Prozent erhöht. Dies soll dazu dienen, dass die Banken auch bei Krisen genug Kapital vorhalten und nicht von Regierungen unterstützt werden müssen. Auch die Unternehmungsführung und die Transparenz der Banken sollen verbessert werden.
Eigenkapitalquote
Nach drei Jahren Beratung wird Basel III im Jahr 2010 vorgestellt. Um Kapital und Liquidität der Banken zu verbessern, wird die Kernkapitalquote geändert. In den kommenden Jahren soll die Eigenkapitalquote von 8 Prozent neu strukturiert werden.
- Die Kernkapitalquote (Tier 1) wird auf 6 Prozent erhöht und
- das Ergänzungskapital (Tier 2) auf 2 Prozent gesenkt (9)
Die Erhöhung der Kernkapitalquote (Tier 1) bewirkt, dass die Banken mehr und qualitativ besseres Kapital besitzen, um besser für Wirtschaftsschwankungen gerüstet zu sein.
Außerdem werden zusätzlich zwei Puffer hinzugefügt, welche das Kernkapital (Tier 1) auf 11 Prozent erhöhen.
Dies führt auf der einen Seite zu mehr Stabilität, auf der anderen Seite sind die Banken gezwungen aktiv neues Kapital zu schaffen, um die vorgegebenen Eigenkapitalquoten zu erreichen. Dies können die Banken über verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten erreichen:
Indem sie
- die Kreditsumme verringern,
- auf dem Kapitalmarkt Geld besorgen,
- erwirtschaftete Gewinne zurücklegen,
- weniger investieren oder
- die Dividende senken,
können Banken gezielt Kapital aufbauen. Bis 2019 müssen die Anpassungen vollzogen ein.
Wie setzen sich Tier 1 und Tier 2 zusammen?
Das Kernkapital – oder auch Tier 1 genannt – wird wiederum in 4,5 Prozent hartes Kernkapital und 1,5 Prozent weiches Kernkapital aufgeteilt.
Für die Stabilität der Banken ist besonders hartes Kernkapital wichtig. Dazu gehört vor allem das Grundkapital, einbezahlte Reserven und offene Rücklagen. Da die meisten Banken Aktiengesellschaften sind, gehören auch Stammaktien zum harten Kernkapital (10).
Bei einer Notlage der Bank wird dieses Geld allerdings erst verwendet, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
Bei weichem Kernkapital handelt es sich um Fremdkapital, das aber Eigenschaften von Eigenkapital besitzt. Ob das Geld zum Kernkapital zählt, hängt vor allem davon ab, ob die Bank das Geld bei Verlust verwenden kann und welche Kündigungsrechte der Geber hat.
Stille Einlagen, Genussscheine und nachrangige Anleihen gehören ebenfalls dazu. Aktienagio (11) kann in bestimmten Fällen auch zu weichem Kernkapital gehören.
Tier 2 – auch als Ergänzungskapital bekannt – gehört zu den stillen Reserven.
Es gibt eine rege Diskussion darüber, ob stille Reserven zum Kernkapital zählen sollten oder nicht, denn bei Tier 1 können die Banken sofort auf die Gelder zugreifen. Dies ist bei stillen Reserven nicht immer der Fall.
Auch langfristige nachrangige Verbindlichkeiten und Genussrechte, Aktienagio und bestimmte Rückstellungen für Kreditausfälle zählen zum Tier 2.
Kapital, dass eine Laufzeit von mindestens fünf Jahren bei konstanten Zinsen besitzt, wird auch dazu gezählt, genau wie die Wertberichtigungen für künftige Verluste (12).
Das Kapital wird bei einer Beendigung des Geschäftsbetriebs der Bank verwendet, um Verluste aufzufangen.
Kapitalerhaltungspuffer
Die Banken sollen 2,5 Prozent vom Eigenkapital in Form von Kapitalerhaltungspuffer besitzen. Bei Krisen wird zuerst dieses Geld verwendet. Dies hat zur Folge, dass das Kernkapital nicht berührt wird.
In wirtschaftlich positiven Situationen wird der Puffer wieder aufgebaut. Erfolgt dies nicht, wird die Bank sanktioniert, indem sie weniger Dividende ausschütten darf.
Der Puffer wird ab schrittweise ab dem 1. Januar 2016 bis 2019 um 0,625 Prozent auf volle 2,5 Prozent erhöht (13), sodass ab 2019 insgesamt ein Kernkapital von 7 Prozent (2,5 Prozent Kapitalerhaltungspuffer plus 4,5 Prozent hartes Kernkapital) vorhanden sein wird.
Es ist durchaus möglich, einen noch höheren Puffer vorzugeben, was jedoch im Hinblick auf die schon sehr kurze Umsetzungsphase und die starke Regulierung nicht umgesetzt wird. Systemrelevante Banken müssen noch zusätzliches hartes Kapital in Höhe von 1,0 bis 3,5 Prozent aufbauen.
Um einen hohen Anteil an Kernkapital zu erwirtschaften, muss eine Bank den größten Teil des Jahresgewinns zurücklegen, um die Anforderungen zu erfüllen, was eine Verringerung der Investitionen und Kredite zur Folge haben kann.
Im Privatleben sind Kapitalpuffer aus denselben Gründen sehr wichtig: Sie helfen dabei, plötzliche Ereignisse abzufedern ohne dass der Handlungsspielraum zu sehr eingeschränkt wird.
Antizyklischer Puffer
Eine Kreditblase, die immer wieder vorkommen kann, führt dazu, dass viele Kreditnehmer ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen können. Zum Beispiel wegen steigender Zinsen oder einer geringeren Kreditvergabe zur Finanzierung alter Kredite.
Auch die Banken leihen sich weniger Geld. Der antizyklische Puffer soll dazu dienen, dieses Ereignis abzufedern. Der Prozentsatz liegt zwischen 0 bis 2,5 (14). Ob dieser Puffer benötigt wird, entscheiden die jeweiligen zuständigen Institutionen der Länder, dabei wird in jedem Land ein Zuständiger bestimmt (15).
Der antizyklische Puffer für die systemrelevanten Banken wird aus dem weltweiten Prozentsatz der einzelnen Länder berechnet. Wird der Puffer in einem Land beschlossen, müssen die Banken den Forderungen innerhalb von 12 Monaten nachkommen (16).
Damit die Gesetze auch eingehalten werden, überwacht die Bankenaufsicht die Institute. In Deutschland ist es die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Verschuldungsgrad
Während der Krise bauen viele Banken hohe Schulden auf, obwohl ihr Liquiditätsgrad noch ausgeglichen ist. Aus diesem Grund wird die Verschuldungsquote (Leverage Ratio) eingeführt. Ein zu hoher Verschuldungsgrad der Banken sollte vermieden werden.
Der Wert wird berechnet, indem das Kernkapital einer Bank ins Verhältnis zur Bilanzsumme gesetzt wird. Die Risikogewichtung der Einzelgeschäfte (RWAs) wird bei der Berechnung nicht beachtet (17).
Eine Bank kann mit 3 Euro Kernkapital Geschäfte in Höhe von 99 Euro tätigen (18). Dies ist weiterhin eine hohe Summe, welche Risiko unabhängig ist. Die Bank kann somit in riskante Geschäfte investieren, die eine niedrige Bonität aufweisen, ohne mit gesetzlichen Regelungen in Konflikt zu geraten.
Risikomanagement
Das Risikomanagement unter Basel II hat sich in der Finanzkrise als unzureichend herausgestellt. Anlagen, welche aus der Einzelperspektive als sicher eingestuft werden, bringen durch systemweite Spannungen große Risiken mit sich.
In der Folge konzentriert sich Basel III wesentlich stärker auf das Handelsbuch, da hier die Diskrepanz zwischen Kapitalforderungen im Vergleich zu den Risiken besonders großist (19).
Problematisch ist besonders, dass das gängige Value-at-Risk (VaR) Modell zur Berechnung von Risiken im Handelsbuch zu niedrigeren Kapitalanforderungen führt, als dieselbe Anlage im Bankenbuch (20).
- Eine Erweiterung des Regelwerks um beispielweise
- einen 12-monatigen VaR Stresstest,
- die Einführung des Incremental Risk Capital Charge für Nichtverbriefungspositionen,
- eine Gleichbehandlung beider Bücher und
- die Veränderung der Risiken von Wiederverbriefungen von 7 Prozent auf 20 Prozent
sollen das System in Zukunft besser absichern. Das gehaltene Eigenkapital für Anlagen im Handelsbuch ist dadurch durchschnittlich um das Vierfache gestiegen (21).
Kontrahenten Risiko
Fehlende Regularien wichtiger bilanzieller und außer-bilanzieller Risiken und vor allem von außerbörslichen Derivaten werden als eine wesentliche Ursache für den tatsächlichen Umfang der Finanzkrise angesehen. Aus diesem Grund wurden mehrere Reformen eingeführt.
Basel III hebt besonders die Relevanz einer Kalkulation des Kapitals einer Bank unter Berücksichtigung schwierigster Bedingungen hervor.
Im Folgenden werden erweiterte und neue Richtlinien im Zusammenhang mit dem Kontrahenten Risiko vorgestellt.
Banken sind verpflichtet ihre spezifischen Ausfallrisikokapitalforderungen zu bestimmen. Hierfür werden der effektive erwartete positive Wiederbeschaffungswert (Expected positive exposure (EPE)) und der Stresstest-Kalibrierte EPE herangezogen. Nur der höhere der beiden Werte ist relevant.
- Der effektive EPE wird anhand eines mindestens 3 Jahre umfassenden Datensatzes und aktuellen Marktparametern ermittelt.
- Beim Stresstest EPE muss die Datenhistorie eine Stressperiode für Kredit-spreads der Vertragspartner enthalten.
Alternativ können beide EPE mit implizierten Marktdaten erstellt werden. Für beide Werte gilt eine mindestens quartalsweise Aktualisierungspflicht. Außerdem müssen die Stresstest- Kalibrierungen mit einem Benchmarks-Portfolio verglichen werden, um eine möglichst fehlerfreie Beurteilung und mögliche Anpassungen zu gewährleisten (22).
Die neuen Kapitalforderungen sollen dafür sorgen, dass Banken Kapitalausfälle besser verkraften können.
Neben den Eigenkapitalforderungen für Ausfälle gibt es zusätzliche Forderungen für potentielle Risiken aufgrund von Marktwertverlusten, welche Banken bei außerbörslichen Derivaten beachten müssen.
Sinkt die Kreditwürdigkeit eines Kontrahenten, kann es zu diesen Marktwertverlusten kommen. Das vorgeschriebene Eigenkapital wird durch kreditrisikobezogene Bewertungsanpassung (Credit value adjustment (CVA)) bestimmt.
Transaktionen mit zentralen Gegenparteien und Wertpapierfinanzierungsgeschäfte bleiben unberücksichtigt. Ausnahmen bilden Banken deren Aufsichtsinstanz große potentielle Verluste aus diesen Geschäften feststellt (23). Die Folge ist eine bessere Anpassung der Kapitalforderungen an den Marktwert.
Das Korrelationsrisiko (Wrong-way risk) beschreibt Risiken die positiv mit der Kreditwürdigkeit eines Kontrahenten korrelieren. Es wird erwartet, dass Banken in der Lage sind diese Korrelationen zu erkennen und mit Hilfe geeigneter Szenarien und Tests die Auswirkung potentieller Schocks auf die Wechselbeziehung zu analysieren.
Hinzukommt, dass Banken das Risiko nach Branchen, Regionen und Produkten überwachen. Wird eine Korrelation identifiziert, so ist die Bank verpflichtet einen höheren Wert der ausstehenden Forderungen bei Ausfall (Exposure at default (EAD)) für diesen Kontrahenten anzugeben (24). Somit fließen die höheren potentiellen Verluste in die Kalkulation mit ein.
Zusätzlich gilt ein Vermögenskorrelationsfaktor für große Finanzinstitute (Asset value correlation multiplier for large financial institutions). Beim Handel mit Finanzunternehmen ab einer Bilanzsumme von 100 Mrd. US-Dollar oder beim Handel mit unbeaufsichtigten Unternehmen, welche ihr Tätigkeiten hauptsächlich auf beispielweise Leasing, Kreditvergabe oder Verbriefung konzentrieren, unterliegen Banken einer größeren Eigenkapitalforderung.
Für den Korrelationsfaktor gilt der Multiplikator 1,25 (25). So wird der starken Dependenz zwischen großen Kreditinstituten entgegengewirkt.
Unter Basel III wird der Nachschussrisikozeitraum (Margin period of risk) vergrößert. Für Netting-Sets, die ausschließlich aus Wertpapierpensions-Geschäften oder vergleichbaren Transaktionen bestehen, gelten 5 Tage. Für alle übrigen Transaktionen gelten 10 Tage.
Wenn das Netting-Set innerhalb eines Quartals allerdings 5000 Transaktionen übersteigt, die Bank einen Marktrückzug des Kontrahenten nicht ausgleichen kann oder wenn außerbörsliche Derivate und illiquide Sicherheiten gehandelt werden, erhöht sich die Frist auf 20 Tage.
Ist eine Bank innerhalb des vorangegangenen halben Jahres in Streitigkeiten verwickelt gewesen, welche die Frist überstiegen, so muss diese den Nachschussrisikozeitraum mindestens verdoppeln. Dies kann zu Fristen von über 40 Tagen führen (26). Hierdurch sind die Banken gezwungen Sicherheiten über einen längeren Zeitraum zu kalkulieren.
Durch die starke Regulierung des OTC-Marktes (Over the counter) wird versucht den Handel stärker auf zentrale Gegenparteien (Central Counterparties (CCP)) wie Börsen zu fokussieren.
Basel III richtet sich hauptsächlich nach den Ergebnissen der International Organization of Securities Commissions (IOSCO). Für CPP-Transaktion gilt daher eine relativ niedrige Kapitalforderung von 2 Prozent, insofern die CPP die Kriterien der IOSCO erfüllt.
Da das Geschäft mit OTC-Derivaten als einer der Schlüsselfaktoren für die Finanzkrise gesehen wird, erhofft man sich ein geringeres Risiko am Markt, wenn ein größerer Anteil der Geschäfte über die zentralen Kontrahenten abgewickelt wird (27).
Stresstest als weiteres Sicherungsinstrument
Hinzukommen erweiterte Anforderungen im Kontrahenten-Risikomanagement vor allem im Bereich von Stresstests. Banken sind verpflichtet umfassende Stresstests einzuführen, welche unter anderem auf Ebene einzelner Kontrahenten, monatlich für Marktrisikofaktoren, vierteljährig für marktunabhängige Risiken durchzuführen sind und Bonität von Vertragspartnern und starke Schocks beinhalten müssen.
Zusätzlich sollten diese Tests in großer Regelmäßigkeit der Geschäftsleitung vorgelegt werden, welche die Ergebnisse auch aktiv in das Risikomanagement einfließen lässt und die Ergebnisse auf Aussagekraft analysiert. Die Modelle müssen Nachschussvereinbarungen, -forderungen und –risikozeiträume beinhalten und entweder anhand des Marktwertes oder unter Berücksichtigung der Regeln der Besicherung der Transaktion modelliert sein.
Des Weiteren müssen Banken ihre Modelle einem Backtesting unterziehen und auf historische Daten anwenden und eine unabhängige Risikokontrollstelle einrichten, welche tägliche Ergebnisse direkt an die Geschäftsleitung weiterleitet.
Es wird gefordert, dass die Banken beim Backtesting verschiedene Anfangsdaten und Marktbedingungen einbeziehen. Außerdem wird eine erhebliche Transparenz, sowohl bei dem Entwurf und der Durchführung der Modelle, als auch bei der Ergebnispräsentation verlangt (28).
Die vor Basel III gängigen Tests werden als zu vergangenheitsbezogen angesehen und deshalb weitreichend um aktuelle Risiken und mögliche zukünftige Schocks erweitert (29).
Externe Ratings
Die Finanzkrise zeigte, dass Ratings von Ratingagenturen (external credit assessment institutions (ECAIs)) nicht immer zuverlässige Bewertungen lieferten. Basel III empfiehlt daher den Banken eigene Systeme zu etablieren um Kreditrisiken zu bestimmen (30).
Des Weiteren wird eine stärkere Kontrolle von Ratingagenturen angestrebt und den nationalen Aufsichtsbehörden angetragen, dass sie nur Ratingagenturen zulassen, welche die Anerkennungskriterien des IOSCO erfüllen. Diese beinhalten
- Objektivität,
- Unabhängigkeit,
- Transparenz,
- Offenlegung,
- Ressourcen und
- Glaubwürdigkeit.
Außerdem wird ausgeschlossen, dass eine Bank die Agentur für einzelne Positionen wechselt, um ein höheres Rating zu verwenden (31).
Verbesserte Liquidität
Basel III führt internationale Liquiditätsstandards ein, die neben der Eigenkapitalunterlegung für ein stabileres Bankensystem sorgen sollen. Der Beginn der Finanzkrise zeigte, dass Banken zum Teil große Schwierigkeiten hatten, an liquide Mittel zukommen und sie mussten daher in den meisten Fällen auf die Zentralbanken zurückgreifen. Besonders wenn sich Marktbedingungen ändern kann es in vergleichbar kurzer Zeit zu Liquiditätsengpässen kommen (32).
Um ausreichende erstklassige Liquidität sicherzustellen und um kurzzeitige (1 Monat) Stresssituationen zu überstehen wurde die Mindestliquiditätsquote (Liquidity coverage ratio (LCR)) eingeführt (33).
Die LCR errechnet sich aus dem Bestand an erstklassigen Aktiva geteilt durch den gesamten Nettoabfluss von Barmitteln über 30 Tage und sollte immer größer 100% sein (34). Die Banken müssen daher zumindest immer genügend flüssige Mittel bereithalten um ihren Nettoausgaben über die nächsten 30 Tage zu decken.
Aktiva zählen als erstklassig Liquide, wenn sie börsennotiert sind, geringe Verbindungen zu risikoreicheren Aktiva aufweisen, einfach bewertet werden können und selbst ein geringes Risiko aufweisen.
Somit können diese Mittel auch bei Anspannungen am Markt schnell liquide gemacht werden. Zusätzlich ist festzuhalten, dass diese Aktiva nicht als Absicherungen oder Bonitätsverbesserungen verwendet werden und lastenfrei zu sein haben (35).
Definition der Aktiva für eine verbesserte Liquidität
Die Aktiva werden in zwei Stufen unterteilt. Aktiva der Stufe 1 können einen unbegrenzten Anteil an den erstklassigen Aktiva haben und setzen sich aus Barmitteln, Zentralbankguthaben und bestimmen Wertpapieren zusammen. Aktiva der Stufe 2 können maximal 40% der erstklassigen Aktiva ausmachen und erleiden einen Wertabschlag von mindestens 15%.
Sie bestehen aus bestimmten Wertpapieren mit speziellen Auflagen, wie ein Risikogewicht von unter 20% und schnelle Liquidität auch unter angespannten Bedingungen. Außerdem zählen Unternehmensanleihen und gedeckte Schuldverschreibungen hinzu, welche
- nicht von einem Finanzinstitutemittiertwordensind,
- ein AA-entsprechendes Rating aufweisen,
- an großen Repo-und Kassamärkten gehandelt werden und
- unter angespannten Marktbedingungen schnell liquide sind (36).
Die strukturelle Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio (NSFR)) soll die Refinanzierungsmöglichkeiten über ein Jahr sicherstellen. Um zu gewährleisen, dass Banken auch in mittel- bis langfristigen Stressphasen eine gute Ausstattung an liquiden Mitteln zu Verfügung stehen.
Die NSFR ist das Verhältnis von verfügbarer stabiler Refinanzierung (Available amount of stable funding(ASF)) und nötiger stabiler Refinanzierung (Required amount of stable funding(RSF)) und muss immer größer 100% sein (37).
Das ASF besteht aus Eigenkapital, Vorzugsaktien, Verbindlichkeiten, Einlagen und bereitgestellten Mittel mit einer jeweiligen Laufzeit von über 1 Jahr.
Das RSF hingegen muss kalkuliert werden und hängt besonders vom Liquiditätsrisiko und den außerbilanziellen Geschäften einer Bank ab (38).
Systemisch relevante Finanzinstitute
Systemisch relevante Finanzinstitute (Systemically important financial institutions (SIFIs)) sind sehr große Banken, welche stark vernetzt sind und großen Einfluss auf das Bankensystem haben. Häufig werden diese Institute auch als „too big to fail“ tituliert.
Auch wenn die Liquiditäts- und Eigenkapitalforderungen das System stabilisieren, so bleibt dennoch ein systemisches Risiko, sollte eine SIFI insolvent werden.
Daher fordert Basel III die SIFIs mit wesentlich strengeren Auflagen zu belegen um eine Pleite möglichst unwahrscheinlich werden zu lassen. Allerdings besteht noch keine Einigkeit darüber, wie eine SIFI genau definiert ist und welche Maßnahmen angebracht wären (39).
Die schrittweise Einführung der Basel III Regularien
Basel III wird phasenweise und über mehrere Jahre in Kraft treten. Da sich der Bankensektor immer noch in einem Zeitraum der Erholung nach der Finanzkrise befindet, ist eine abrupte Komplett-Einführung wissentlich umgangen worden.
Der Zeitraum der Einführung erstreckt sich vom 1. Januar 2013 bis zum Beginn des Jahres 2019. Seit 2015 gelten die neuen Eigenkapitalregelungen, seit 2016 wurden die Kapitalhaltungspolster in einer niedrigeren Variante eingeführt und werden dann jährlich erhöht.
Die Antizyklischen Polster werden analog in Kraft treten, allerdings kann es zu nationalen Unterschieden je nach Wirtschaftslage kommen. Die Höchstverschuldungsquote wurde 2013 eingeführt und tritt 2017 vollständig in Kraft. LCR gilt seit 2015 und NSFR ab 2018 (40).
Fazit zum Regelwerk Basel III
Basel III bringt ein hohes Maß an Stabilität und Überwachung mit sich und schafft ein Bankensystem welches durch größeres Eigenkapital und Liquidität besser für zukünftige Krisen geschützt ist. Allerdings sind diese Regelungen auch mit hohen Kosten für das Finanzsystem verbunden und es bleibt abzuwarten, in wie weit der Nutzen die Kosten überwiegt.
Obwohl der Regulierungsrahmen den Banken größenabhängige Unterschiede einräumt könnten einige Maßnahmen starke Auswirkungen auf ganze Unternehmenskonzepte haben.
Besonders statische Schwellenwerte, wie beispielsweise 5000 Transaktionen bei Netting-Sets, können unwirtschaftliche Entscheidungen seitens der Banken aufgrund des Regelwerks nach sich ziehen.
Außerdem bleibt offen, welche Richtlinien der Ausschuss für Bankenaufsicht für SIFIs implementieren wird und inwiefern die Regelungen des IOSCO den Sektor in Zukunft verändert werden.
Basel IV ist beschlossen
Selbst zehn Jahre nach dem Eintritt der Krise ist noch längst nicht alles vorbei. Gerade in den südeuropäischen Ländern wird noch hart darum gerungen, die tiefgreifenden wirtschaftlichen Turbulenzen zu überwinden.
Staatsverschuldung, Preisverfall, soziale Einschränkungen und Arbeitslosigkeit sind nur einige der gravierenden Probleme, die die Menschen als direkte Konsequenz der Wirtschaftskrise vor eine harte Prüfung stellten. Die Wurzeln des Übels waren am Ende eine zu laxe Kreditvergabe bei gleichzeitig zu geringen Risikopolstern.
Aus diesem Grund sehen die Bankenaufsichten weltweit einen gesteigerten Bedarf für Regularien, die den Banken und Sparkassen als Leitfäden dienen sollen. Mit Hilfe dieser Geschäftsrahmen soll verhindert werden, dass erneut Steuergelder für die Rettung der Geldhäuser eingesetzt werden. Basel IV soll die Vorgaben für die Banken noch weiter verschärfen.
Das Wichtigste in Kürze:
- Die vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht verfassten Regeln zu Basel IV sollen bis Juni 2020 auf EU-Ebene in Gesetzform vorgelegt werden.
- Start für Basel IV frühstens im Jahr 2022, spätestens in 2027.
- Davor ist eine Umsetzung in europäisches Recht notwendig.
- Basel IV ist keine neue Richtlinie, sondern eine Erweiterung und Modifizierung der bestehenden Vorschriften. Korrekt heißt das Werk daher Basel-III-Reformpaket.
- Wichtigstes Element ist der sogenannte Output-Floor. Ab dem 01.01.2027 wird er nach mehreren Schritten 72,5 Prozent betragen.
- Der Output Floor ist eine Rechengröße, mit der Banken das Minimum an Risikovorsorge berechnen können, die sie für ihre Aktiva (Kredite etc.) bilden müssen.
- Sinn und Zweck ist sowohl eine Stabilisierung des Finanzsystems als auch der Erhalt eines gewissen Handlungsspielraums für Kreditinstitute.
- Die neuen Regelungen werden bindend sein für die 28 größten Wirtschaftsnationen und wurden am 07. Dezember 2017 vorgestellt.
Lange wurde um eine Verbesserung der bisherigen Basel III Regelungen gerungen. Am 7. Dezember 2017 wurden die neuen Beschlüsse schließlich vorgestellt. Tatsächlich handelt es um kein neues Regelwerk, das die Bezeichnung „Basel IV“ verdient hätte, sondern viel mehr um eine Konkretisierung der bestehenden Vorschriften.
Der offizielle Name des 162-seitigen Werks in englischer Sprache lautet daher Basel-III-Reformpaket (Basel III: Finalising post-crisis reforms)(41). Das übergeordnete Ziel ist nach wie vor die Stabilisierung des Finanzsystems und gemeinsame Regelungen für den Bankensektor auf einem globalen Level.
„Der Abschluss des Basel-III-Reformpakets ist wichtig, denn dadurch wird im elften Jahr nach Ausbruch der Finanzkrise endlich eine weitere wesentliche Lehre gezogen.“ Jens Weidmann, Bundesbankpräsident
Der wichtigste Konsens ist die neue Definition des sog. Output Floors auf 72,5 Prozent. Dieser Wert den Banken zu berechnen, wieviel Eigenkapital sie vorhalten müssen zur Absicherung ihrer Kreditgeschäfte und anderer risikobehafteten Geschäfte am Kapitalmarkt. Sie haben bis zum Jahr 2027 Zeit, dieses Niveau schrittweise zu erreichen. Eine Anwendung der neuen Vorschriften ist nach Angaben der EU Kommission vom November 2019 tatsächlich nicht vor Ende 2026 geplant. Bis Juni 2020 sollen die vom Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht verfassten neuen Regeln für die Kapitalausstattung von Geldhäusern, also Basel IV, auf EU-Ebene in Gesetzesform gebracht werden
Der Zeitplan für Basel IV gestaltet sich folgendermaßen:
Revision | Umsetzungsdatum |
---|---|
Revision des KSA | 01.01.2022 |
Revision des IRB Rahmenwerks | 01.01.2022 |
Revision des CVA Rahmenwerks | 01.01.2022 |
Regelwerk für operationelle Risiken | 01.01.2022 |
Leverage Ratio | Bestehende Exposure-Definition: 01.01.2018 |
Überarbeitete Exposure-Definition: 01.01.2022 | |
G-SIB Puffer: 01.01.2022 | |
Output Floor | 01.01.2022: 50% |
01.01.2023: 55% | |
01.01.2024: 60% | |
01.01.2025: 65% | |
01.01.2026: 70% | |
01.01.2027: 72,5% |
Laut einer Studie des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), die im April 2019 in Frankfurt vorgestellt wurde, wird aus Basel IV eine höhere Belastung für Europas Banken resultieren, als bisher angenommen. Der BdB untersuchte im Rahmen der Studie verschiedene Kreditportfolios. In jedem führte der Output-Floor zu erheblich höheren Kapitalanforderungen. Das bedeutet insbesondere für kleine und mittlerre Unternehmen sowie im Bereich der Immobilienfinanzierung eine schwierigere und teurere Kreditvergabe.
Der BdB verlangt daher, dass die Wirkung des Output-Floors in der europäischen Umsetzung deutlich abgemildert werden müsse.
Was ist der Output Floor?
Genau genommen ist der Output Floor eine Untergrenze, die von Banken erreicht werden muss. Sie definiert, welchen Anteil der standardisierten Risikobewertung eine Bank trotz eigener Modelle erreichen muss. Daher kann der Output Floor einen Mittelwert zwischen vorgegeben Standards und selbst errechneten Werten darstellen.
Die Schritte a) bis c) erklären vereinfacht, wie die Banken den Output Floor anzuwenden haben. Im weiteren wird erklärt, wie schließlich die Höhe der Rückstellungen für riskante Geschäfte (z.B. Kredite) zu bilden ist.
a) Die Standards der Bankenaufsicht
Im folgenden Beispiel leiht eine Bank einer anderen 100 Millionen Euro. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass die kreditnehmende Bank in Schwierigkeiten gerät und den Kredit nicht zurückführen kann. Externe Ratings helfen dabei, die wirtschaftliche Kraft einer solchen Institution einzuschätzen und daraus eine Ausfallwahrscheinlichkeit abzuleiten.
Das Basler Gremium veröffentlich dazu eine Tabelle mit Standards, die entsprechende Daten für unterschiedliche Kreditrisiken enthält (42). Bleiben wir beim genannten Beispiel. Ein Blick in die Tabelle zeigt:
Exposures to banks | ||||||
---|---|---|---|---|---|---|
External rating | AAA to AA– | A+ to A- | BBB+ to BBB- | BB+ to B– | Below B– | Unrated |
Risk weight | 20% | 30% | 50% | 100% | 150% | As for SCRA |
Quelle: Bank for International Settlements
Laut dieser Tabelle muss die kreditgebende Bank eine Geldleihe an eine Top-Bank mit Trippel-A Rating mit einem 20%igen Risikogewicht versehen. Das bedeutet, dass bei einem 100 Millionen Euro Kredit 20 Millionen als potentiell ausfallgefährdet eingestuft werden müssen.
b) Die Erfahrungen und Berechnungen der Banken
Banken ist es erlaubt, eigene Berechnungen hinsichtlich der Risikobeurteilung zu entwickeln und einzusetzen. Ihrem Modell entsprechend mag die Ausfallwahrscheinlichkeit bei 8 Prozent liegen. Sie müssten also nur 8 Millionen Euro als riskant einstufen und dafür Rückstellungen bilden.
c) Der Output Floor kommt zur Anwendung
Mit dem Beginn des Jahres 2027 müssen alle Banken in der Lage sein, das angestrebte Output Floor Level von 72,5 Prozent zu erreichen. Der Output Floor stellt nun einen Kompromiss dar zwischen den Basler Standards und den Berechnungen/Einschätzungen einer Bank.
Die Standards schreiben vor, 20 Millionen Euro als riskant einzustufen, die Bank-internen Modelle weisen 8 Millionen aus.
Der Output Floor von 72,5 Prozent besagt nun, dass 72,5 Prozent von 20 Millionen mindestens als riskant einzustufen sind. Hier entspricht das 14,5 Millionen Euro. Der Bank bleibt daher nichts anderes übrig, als den eigenen Wert entsprechend anzupassen und um 6,5 Millionen Euro zu erhöhen.
100 Mio. Euro Kredit an Tripple-A Bank | ||
---|---|---|
Basler Standard | Bank-internes Modell | Output Floor |
20 Prozent | 8 Prozent | (72,5 Prozent vom Standard) |
20 Mio. Euro | 8 Mio. Euro | 14,6 Mio. Euro |
Quelle: Bank for International Settlements, eigene Berechnungen
„Wichtig war uns, dass sich die globale Bankenregulierung nicht vom Prinzip der Risikosensitivität verabschiedet und interne Modelle weiterhin zulässt.“ Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)
Der Output Floor definiert eine Untergrenze. Kommt die kreditgebende Bank auf einen höheren Wert, als den durch den Output Floor errechneten, kann sie auch diesen verwenden. Hätte sie beispielsweise eine Ausfallwahrscheinlichkeit von 16 Prozent angenommen, müsste sie nach internen Berechnungen 16 Millionen Euro als riskant einstufen.
In diesem Fall steht es ihr frei, diese höheren Risikoeinstufung zu nutzen, den Wert auf den mittels Output Floor errechneten zu reduzieren oder auch mit dem Basler Standard weiterzurechnen.
Wie werden die Risiko-Rückstellungen berechnet?
Um zu wissen, wie viel Geld eine Bank nun tatsächlich zurückstellen muss, um sich gegen das Kreditrisiko abzusichern, ist eine weitere Berechnung notwendig. Die sogenannten Kapitalpuffer werden gebildet (43).
Ab dem Jahr 2019 müssen große und systemrelevante Banken 13 Prozent des Risikokapitals zurücklegen. Geld ist aber nicht gleich Geld. Tatsächlich unterscheiden die Banker in verschiedene Arten von Kapital:
Für wirklich alle Banken gilt schon länger der untere Abschnitt der Infografik (orange, grün und blau). Diese 8 Prozent müssen nach wie vor zurückgestellt werden und zwar in der Zusammensetzung wie hier angegeben. Seit 2016 müssen alle Banken einen zusätzlichen Kapitalerhaltungspuffer aus hartem Kernkapital bilden, der stufenweise von 0,625 Prozent auf 2,5 Prozent ansteigt (türkis).
Für manche Banken schreiben die Aufseher vor, dass ein sogenannter Antizyklischer Puffer aufzubauen ist (gelb). Die Entscheidung, welche Häuser davon betroffen sind, obliegt der zuständigen Aufsichtsbehörde.
Weiter unten setzen wir uns dezidiert mit den verschiedenen Kapitalarten auseinander und erklären, wo beispielsweise der Unterschied zwischen hartem und weichem Kernkapital liegt.
Kommen wir auf das obige Beispiel zurück. Die errechneten Risikogelder werden nun mit dem notwenigen Prozentsatz für den Kapitalpuffer multipliziert. Wir gehen davon aus, dass die Beispiel-Bank alle Risikopuffer in die Berechnungen einbeziehen muss und wir bereits das Jahr 2019 schreiben. Daraus ergibt sich folgende Tabelle:
100 Mio. Euro Kredit an Tripple-A Bank | ||
---|---|---|
Basler Standard | Bank-internes Modell | Output Floor |
20 Prozent | 8 Prozent | (72,5 Prozent vom Standard) |
20 Mio. Euro | 8 Mio. Euro | 14,6 Mio. Euro |
13 Prozent Risikopuffer | ||
2,6 Mio. Euro | 1,04 Mio. Euro | 1,898 Mio. Euro |
Quelle: Bank for International Settlements, eigene Berechnungen
Die Bank konnte früher 1,04 Mio. Euro zurückstellen und war rein formal auf der sicheren Seite. Die Erfahrungen der Finanzkrise belegten allerdings, dass die Höhe der Risikoabsicherung so nicht ausreichend war, als die Märkte ins Schwanken gerieten.
Schritt für Schritt wird der Output Level nun angehoben, so dass die Banken ausreichend Zeit haben, ab dem 01. Januar 2027 dann mindestens die geforderten 1,898 Millionen Euro vorzuhalten.
Mit dem nun vereinbarten Output Level ist es dem Aufsichtsgremium gelungen, einen Kompromiss zu entwickeln, der einerseits den einzelnen Bankhäusern individuelle Berechnungen und Einschätzungen ihres eigenen Aktiv-Geschäfts vorzunehmen. Gleichzeitig werden Mindestgrenzen definiert, die ein deutliches Plus an Sicherheit für die Stabilität der Finanzmärkte bedeutet.
Warum gibt es keine einheitliche Risikobewertung?
Es gibt primär zwei Wege, um das Risiko einer Anlage zu bewerten. Einerseits sind das interne Berechnungsmodelle, die ein Kreditinstitut selbst entwickeln und sich durch die Bankaufsicht abnehmen lassen kann (IRBA – Internal Ratings-Based Approach).
Andererseits sind das Tabellen, die vom Basler Ausschuss vorgegeben werden (42). Es bleibt den Banken überlassen, welche Methode sie anwenden möchten.
Der Basler Ausschuss gibt Standards vor, macht diese aber nicht zwingend. Damit trägt er vermutlich vor allem zwei Aspekten Rechnung:
- Die Geschäfte und Erfahrungen unterscheiden sich von Bank zu Bank. Ein einheitlicher Standard kann nicht für alle Häuser gelten, schon gar nicht auf globalem Niveau.
- Banken haben die Freiheit, nicht die Pflicht, Kredite zu vergeben. Werden ihnen Hürden in den Weg gestellt, die das Geschäft zu stark beeinträchtigen, werden sich die Banken in anderen Geschäftsfelder stärker engagieren bzw. ihre Risikobereitschaft bei Kreditgeschäften entsprechend zurückfahren. So oder so, es würde allen Marktteilnehmern enorm erschwert, an Kredite zu kommen. Die Konsequenzen für die Konjunktur liegen auf der Hand.
Das bedeutet: Die Bankaufseher wollen einerseits den Kreditinstituten einen gewissen Handlungsspielraum lassen aber gleichzeitig auch die Stabilität des Systems erhöhen. Daher wurde kein einheitlicher von oben aufgesetzter Standard für alle definiert, sondern eine Mindestgrenze.
Warum versuchen Banken das benötigte Risikokapital zu drücken?
Je mehr Eigenkapital eine Bank quasi im Safe liegen hat, desto weniger finanziellen Spielraum hat sie. Ihr originäres Geschäft ist es, Geld für sich arbeiten zu lassen. Das muss dazu fließen können, zum Beispiel von einem Anleger zu einem Kreditnehmer. Die Summen aber, die sie zur Absicherung der Kredite benötigt, liegen brach und sind für sie „totes Kapital“. Daher versuchen sie die Quoten möglichst tief zu halten.
Gründe für vorgeschriebene Kapitaluntergrenzen
Das Leitungsgremium des Baseler Ausschusses, die Group of Central Bank Governors and Heads of Supervision (GHOS), ist die Bankaufsicht innerhalb der Zentralbank der Zentralbanken. Die Gruppe definiert die Spielregeln für Kreditinstitute und legt fest, ab wann etwaige Änderungen greifen.
Deutschland wird durch den Präsidenten der Deutschen Bundesbank vertreten Jens Weidmann und den Präsidenten der BaFin Felix Hufeld vertreten (Stand Dez. 2017). Die aktuell vertretenen Nationalitäten im Gremium sind:
Amerikanische Kontinente | Europa | Asien und Australien | Afrika |
---|---|---|---|
Argentinien | Belgien | Australien | Saudi-Arabien |
Brasilien | Deutschland | China | Südafrika |
Kanada | Frankreich | Hong Kong SAR | |
Mexiko | Großbritannien | Indien | |
USA | Italien | Indonesien | |
Luxemburg | Japan | ||
Niederlande | Korea | ||
Spanien | Russland | ||
Schweden | Singapur | ||
Schweiz | |||
Türkei |
Quelle: Bank for International Settlements
Die Gruppe dieser Entscheider repräsentiert die größten Volkswirtschaften der Erde und formuliert folgende Gründe für eine übergeordnete Bankenaufsicht (44):
- Begrenzung von Gestaltungsspielräumen
- Reduktion des Modellrisikos
- Vergleichbarkeit der ermittelten RWA (risikogewichtete Aktiva)
- Vermeidung von RWA Variabilität
- Konsistente Modellierung
RWA steht für Risk Weighted Assets. Darunter werden die Werte der Aktiva einer Bank verstanden, die um deren internes Risiko berichtigt wurden. So haben Kredite, je nach Bonität des Kreditnehmers, ein unterschiedlich hohes Risiko hinsichtlich der Ausfallwahrscheinlichkeit. Solche Assets einer Bank sind Beispielsweise Kredite an Länder, andere Banken oder Kunden.
Verständlicher wird der Ansatz der Bankenaufseher, wenn man weiß, dass Banken interne Berechnungsmodelle nutzen können, um das Risiko der unterschiedlichen Aktiva und somit das benötigte Eigenkapital zu ermitteln.
Dazu gehören natürlich auch das Kreditgeschäft sowie andere Geschäfte, die die Bank am Kapitalmarkt tätigt und auf der Aktiv-Seite ihrer Bilanz erfasst. Die Aufseher wollen sicherstellen, dass Banken genügend Eigenkapital in der Hinterhand haben, um bei Kreditausfällen selbst für ihre Verluste aufkommen zu können.
Präziser formuliert die Deutsche Bundesbank die Zwecke des vorgehaltenen Eigenkapitals (43):
- zum Ausgleich anfallender Verluste im laufenden Geschäftsbetrieb (going concern) sowie zur Befriedigung der Ansprüche von Gläubigern im Insolvenzfall (gone concern)
- zur Begrenzung der Verlustrisiken aus bestimmten Geschäften (Geschäftsbegrenzungsfunktion durch gesetzliche Vorgabe eines Mindestverhältnisses zwischen vorhandenem Eigenkapital und den eingegangenen Risikopositionen)
Die neuen Vorschriften helfen dabei, ein einheitliches System an Mindestanforderungen durchzusetzen. Aktuell fällt die Risikobewertung bei verschiedenen Banken sehr unterschiedlich aus, wie eine Untersuchung des Gremiums beweist. 32 Banken wurden dazu aufgefordert, ein Set aus Krediten an Staaten, Banken und große Unternehmen zu bewerten. Folgende Grafik veranschaulicht, wie unterschiedlich die Bewertungen ausfallen:
Es zeigt sich, dass Banken identische Geschäfte hinsichtlich des Risikoanteils teils deutlich unterschiedlich bewerteten. Das bedeutet auch, dass manche Häuser sicherer dastehen, als andere. Gleichzeitig muss aufgrund der engmaschigen Verflechtung der Kreditinstitute untereinander sichergestellt werden, dass alle Marktteilnehmer einen gewissen Standard erfüllen.
Nur so kann vermieden werden, dass ein weniger sicher aufgestelltes Haus ins Straucheln gerät und an den bis dahin sicher positionierten Instituten zerrt und diese auch aus dem Gleichgewicht bringt.
Wieso dauert es so lange, bis die neuen Regelungen greifen?
Ab 2022 werden die ersten Stufen der neuen Regelungen verbindlich und bis 2027 vollständig umgesetzt. Es erscheint ein sehr langer Zeitraum zu sein, der den Banken zur Verfügung steht, um die neuen Eigenkapitalanforderungen umzusetzen. 2022 ist tatsächlich noch weit weg. Ursprünglich sollten die Regelungen früher greifen, nämlich ab 2019.
Dieser zeitliche Rahmen schien aber zu ambitioniert, so dass den Kreditinstituten nun deutlich mehr Zeit bleibt, um sich auf die kommenden Umstellungen vorzubereiten. Im Basler Beschluss wurde festgelegt, welche Stufen des Output Floors wann umgesetzt werden müssen. Hier die Daten im Überblick:
Datum | Output Floor Level |
---|---|
01. Jan 22 | 50% |
01. Jan 23 | 55% |
01. Jan 24 | 60% |
01. Jan 25 | 65% |
01. Jan 26 | 70% |
01. Jan 27 | 72.5% |
Quelle: Bank for International Settlements
Gibt es Nachteile durch höheren Eigenkapitalreserven?
Für Verbraucher klingt es plausibel und nachvollziehbar, dass Banken stabiler aufgestellt werden, um etwaige Verluste selbst abfangen zu können. Für Investoren bedeutet das allerdings, dass die Kreditinstitute zunächst Schritt für Schritt Geld zur Seite schaffen müssen. Das wirkt sich negativ auf die Rentabilität der Häuser aus.
Sind die Reserven erst einmal aufgebaut, normalisiert dich Lage wieder und die Kreditinstitute kehren zur ursprünglichen Rentabilität zurück (vorausgesetzt alle Einflussgrößen bleiben unverändert). Daraus ergibt sich die Aufgabe für Banken, Bankenaufsicht und Politik dahingehend zu kommunizieren, dass nur ein stabiles Finanzsystem nachhaltig stabile Erträge liefern kann.
Die Quintessenz aus dieser Betrachtung lautet: Heute in ein immer stabiler werdendes Finanzsystem zu investieren, um morgen von den Bemühungen und den wachsenden Rentabilitäten zu profitieren.
Update August 2019: Basel IV belastet Banken
Der Starttermin für Basel IV rückt näher, am Umsetzungsplan hat sich bisher nichts geändert, abgesehen davon, dasss die Anwendung nach Angaben der EU-Kommission nicht vor Ende 2026 erfolgen wird. Und nach wie vor herrscht starke Kritik an den Plänen der Europäischen Bankenaufsicht (EBA).
Die Kritik der Banken an Basel IV zielt in erster Linie auf die Eigenkapitalquote und die Verteuerung bei der Kreditvergabe ab. Die Europäische Bankenaufsicht (EBA) sieht für die Banken einen Mehrbedarf für die Eigenkapitalunterlegung von insgesamt 135 Milliarden Euro – eine kritische Zahl, wenn der Ertrag der Banken in Deutschland im Jahr 2018 gerade einmal 27 Milliarden Euro betrug (45).
Basel IV bringt Probleme für den Mittelstand
Gerade die gewerbliche Baufinanzierung kann problematisch werden. Hintergrund ist der sogenannte KMU-Faktor, den die Europäische Bankenaufsicht streichen will. Dieser Faktor erlaubt für Kredite an kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) eine geringere Eigenkapitalunterlegung. Mit dem Wegfall des Faktors müssten die Banken die Kreditvolumina senken, was wiederum eine massive Beschränkung des Mittelstandes bedeuten würde.
IT-Kosten belasten die Kreditinstitute
Ein weiterer Punkt, welcher die Kosten bei den Banken massiv in die Höhe treiben wird, sind die Aufwendungen für IT-Innovationen, derer es für die Umsetzung von Basel IV bedarf. Der aktuelle Kreditkostenstandardansatz, der gerade von kleineren Banken genutzt wird, muss kostenintensiv modifiziert werden, da er seine Gültigkeit verliert. Dieser Ansatz fand überwiegend bei Immobilieninvestitionen Anwendung. Wurde bisher nur zwischen einer privatwirtschaftlichen und einer gewerblichen Nutzung unterschieden, müssen die Banken künftig berücksichtigen, ob die Tilgung aus der Immobilie heraus oder extern erfolgt.
Basel IV differenziert künftig auch nicht mehr zwischen Marktwert und Beleihungswert. Die Folge wird sein, dass bei der Kreditvergabe künftig der Marktwert eine Rolle spielt, unabhängig vom tatsächlichen Wert der Immobilie.
Vorteilhafter ist das Vorgehen in den USA. Die beiden großen Baufinanzierer Fanny Mae und Freddy Mac müssen als staatlich gestützte Institute die Darlehen nicht in den Bilanzen ausweisen und damit auch nicht mit Eigenkapital unterlegen (46).
Christian Ossig, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, sieht nicht nur eine kritische Situation auf den Bereich der KMU-Finanzierung zukommen, sondern auch eine deutliche Verschärfung auf dem Immobilienmarkt. Basel IV führt in seinen Augen ebenfalls zu einer deutlichen Verteuerung des Baugeldes (45).
Grundsätzlich führe Basel IV dazu, dass an anderer Stelle benötigte Gelder, wie beispielsweise für die Digitalisierung, unnötig gebunden würden. Dies geschähe zusätzlich zu der Belastung durch die negativen Zinsen, welche die EZB aktuell von den Banken für deren Guthaben einfordere.
CRR II – Erste Basel IV-Vorgaben kommen zur Anwendung
Die Capital Requirement Regulations II, kurz CRR II, wurden im April 2019 verabschiedet und setzen erste Vorgaben von Basel IV, das eigentlich noch in weiter Ferne liegt, bereits jetzt um. Zwei der Schwerpunkte von CRR II sind die Neuregelung des Marktpreisrisikobereichs und das Kontrahentenausfallrisiko bei Derivaten. (Stand August 2018)
- CRR II bringt Verschärfung bei der Eigenmittelquote mit sich.
- Die Umsetzung in 2019 zieht teilweise Bestandteile aus Basel IV vor, die erst ab 2022 gültig sein sollen.
- Die Art des Reportings orientiert sich künftig am Volumen des Handelsbuches einer Bank.
- Für Kredite an Regierungen und Zentralbanken gilt künftig eine Grenze von 25 Prozent des Kerneigenkapitals.
Schritt 1: Neue Vorgehensweise bei Fonds
Neu ist die Veränderung der Vorschriften für die Zuordnung von Fonds zum Handelsbuch oder zum Anlagebuch. Werden Fondsanteile im Anlagebuch geführt, soll CRR II mehr Anreiz bringen, die neuen Transparenzvorschriften anzuwenden, als dies bei CRR I der Fall war.
Da die risikogewichtete Position bei Fonds künftig anders berechnet wird als bisher, wird eine mögliche Hebelwirkung der Fonds stärker berücksichtigt. Bisher wurde das Risiko eines Fonds durch die Gewichtung der Vermögenswerte ermittelt. Künftig soll der Marktwert als Grundlage dienen und mit einem Aufschlag in Höhe von 20 Prozent kalkuliert werden.
CRR II beinhaltet unter anderem die Überarbeitung des Marktrisikorahmenwerks. Dieses Schlüsselreformvorhaben von Basel IV umfasst zum einen die Abgrenzung von Handelsbuch und Anlagebuch. Zum anderen beinhaltet es neue Methoden zur Feststellung der Kapitalanforderungen auf der Basis von Standardansätzen und internen Modellen für Marktrisiken.
Die Auswirkung kann sein, dass künftig vereinzelt Unternehmen den Handelsbuchinstituten zugerechnet werden, die es bislang nicht waren. Die Ursache liegt darin, dass Positionen künftig dem Handelsbuch zugeschlagen werden, die in der Vergangenheit dem aufsichtsrechtlichen Anlagebuch zugeordnet wurden.
Banken mit kleineren Handelsbüchern können weiterhin die alten Regelungen nutzen. Die Sonderregelung gilt für Banken der Positionen, sowohl bilanziell als auch außerbilanziell, nicht mehr als 300 Millionen Euro im Marktrisikobereich oder maximal 10 Prozent der Bilanzsumme betragen. Die Übergangsfrist für die Neubewertung beträgt zwei Jahre. Nach Ablauf der zwei Jahre können nur noch kleinere Institute auf die alten Regelungen zurückgreifen.
CRR II weicht von den Basler Vorgaben zur Bestimmung der Mindesteigenmittelanforderungen für Marktrisiken in Bezug auf die Liquiditätshorizonte ab. Regierungen und Zentralbanken wird ein Horizont von zehn Tagen (anstelle von 20 Tagen) und pfandbrief-emittierenden Banken 20 anstelle von 40 Tagen eingeräumt.
Schritt 2: Neue Berechnungsmodelle
CRR II sieht mit Einführung auch neue Modelle für die Berechnung von Ausfallrisiken vor. Und zwar sollen die neuen Modelle zwei systematische Faktoren beinhalten und einen idiosynkratischen Risikofaktor.
In mehreren Punkten macht CRR II allerdings selbst keine Vorgaben. In diesen Fällen ist angedacht, dass sich die Europäische Bankenaufsicht damit beschäftigt. Dazu zählt beispielsweise der Fundamental Report of the Trading Book (FRTB), der Handelsbuchreport (48).
Der Alternative Standardansatz (ASTA) bei der Umsetzung der FRTB in das europäische Recht beinhaltet lediglich Anforderungen an das Reporting und keine Anforderungen an das Eigenkapital.
Die Anforderungen an das Reporting müssen im Rahmen eines Delegated Acts (DA) bis Ende 2019 für den Gesetzgebungsprozess vorliegen und bereits 2020 umgesetzt werden. Die Neuregelung für die Eigenkapitalanforderung greift erst ab 2023.
Der ASTA gilt nur für Banken mit mittleren und großen Handelsbüchern. CRR II definiert die Handelsbuchvolumen wie folgt (47):
- Kleines Handelsbuch: Weniger oder gleich fünf Prozent der Aktiva und weniger oder gleich 50 Mio. €
- Mittleres Handelsbuch: Weniger oder gleich zehn Prozent der Aktiva und weniger oder gleich 500 Mio. €
- Großes Handelsbuch: Mehr als zehn Prozent der Aktiva und mehr als 500 Mio. €
Schritt 3: Das Kontrahentenausfallrisiko
Das Kontrahentenausfallrisiko (Counterparty Credit Risk, CCR) aus dem Jahr 2014 fließt komplett in CRR II ein. Der neue Standard dafür, kurz SA-CCR, wird verpflichtend und sieht vor, die Bestimmung des Risikobetreibers stärker auszuarbeiten und die Kauf- und Verkaufspositionen für die SA-CCR festzulegen. Voraussetzungen sind „signifikante Derivatepositionen“ (2). Diese liegen vor, wenn die Summe 300 Millionen Euro und zehn Prozent aller Aktiva übersteigt.
Bislang sieht CCR II keine Veränderung der Eigenmittelanforderungen in Bezug auf die Bewertungskriterien für Derivate vor. Ursache ist, dass die Anforderungen für Basel IV noch nicht greifen.
Um mögliche Zinsrisiken zu bestimmen, sind die Banken gehalten, eine barwert- und eine ertragswertorientierte Größe zu beziffern. Für den Barwert gilt der Economic-Value-Equity (EVE), für den Ertragswert der Net Interest Income (NII).
Schritt 4: Großkredite
Neben Fonds in den eigenen Büchern, dem Handel mit Derivaten und sich daraus ergebenden Zinsrisiken spielen natürlich auch Kredite eine große Rolle bei CRR II. Obergrenzen für Großkredite stehen künftig nur in Bezug auf das Kernkapital einer Bank. Die Hinzurechnung von Ergänzungskapitalinstrumenten entfällt.
Die bislang geltende Obergrenze für Großkredite von 25 Prozent des Kernkapitals wurde für global systemrelevante Banken auf 15 Prozent gesenkt. Eine genehmigte Überziehung dieser Grenzen für die Dauer von mehr als drei Monaten sieht künftig gemäß CRR II einen Plan in Bezug auf zeitnahe Rückführung vor.
Liegen Derivaten Kredite zugrunde, haben sich die Vorgaben für die Bemessungsgrundlagen geändert. Die Verrechnung von Kauf- und Verkaufderivaten aus unterschiedlichen Kreditemissionen des Kunden darf nicht mehr willkürlich erfolgen, sondern muss entsprechend der Rangfolge geschehen. Ist die Verkaufsposition vorrangig, ist eine Verrechnung nicht mehr möglich.
Für die Kreditvergabe an Zentralregierungen, Zentralbanken und sonstige öffentliche Einrichtungen gilt ab 2021 eine Obergrenze von 25 Prozent des Kernkapitals. CRR II verpflichtet die Banken auch dazu, Kreditrisikominderungsinstrumente einzusetzen. Abweichend von den Basler Vorgaben sind Immobilien als Sicherungsinstrumente für Großkredite auch weiterhin zulässig.
Neue Meldevorschriften
Zum einen müssen die Banken, die den Großkreditvorschriften unterliegen, alle Großkredite melden, die ein Volumen von 300 Millionen Euro überschreiten. Zum anderen besteht künftig im Rahmen von CRR II auch eine Meldepflicht der zehn größten Kredite an Schattenbanken. Allerdings ist die Europäische Bankenaufsicht noch gefordert, den Begriff Schattenbank genau zu definieren.
Die Auswirkungen in der Praxis
CRR II wird sich vermutlich massiv auf die Eigenkapitalanforderungen der Banken auswirken. Allerdings lässt sich keine pauschale Aussage treffen, da das Geschäftsmodell jeder Bank, aber auch das jeweilige Risikoprofil der Institute, Ausschlag geben. Erste Proberechnung ließen jedoch in Bezug auf das Handelsbuch einen Anstieg der Eigenmittel bis zu 40 Prozent erwarten (49). Anfang April 2020 teilte die Deutsche Bundesbank allerdings mit, dass die Mindestkapitalanforderungen nur noch um knapp 27 Prozent ansteigen sollen, statt um 40 Prozent. Gleichsam wurde eine Verschiebung der Basel III-Reform angekündigt, was den Kreditinstituten erlaubt, sich auf die Bewältigung der Coronakrise zu konzentrieren. (50) Im April 2020 wurde dann mitgeteilt, dass die Verschiebung der Einführung von 2022 auf 2023 erfolgt ist und der Baseler Ausschuss die Einführung gleichsam zur Diskussion gestellt hat (51).
In Bezug auf die Coronakrise forderte der Bankenverband im Januar 2021 abermals eine Verschiebung der Einführung der Basel IV-Anforderungen. Der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Christian Ossig, sagte dazu „Die Kreditnachfrage wird im zweiten Halbjahr wieder ansteigen und wir müssen aufpassen, dass wir den Aufschwung nicht abwürgen durch Basel IV“. Und weiter: „Mit der Umsetzung muss man warten, bis wir die Finanzierung des Aufschwungs gestemmt haben“. (52)
Autoren:
Christian Schwerdtfeger und David Tast,
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Institut für Wirtschaftswissenschaft, 2014
Co-Autor und Redaktion:
Tina Reisewitz
Uwe Rabolt
Marc Opitz
Quellen und weiterführende Informationen
Literatur
Amediku, Settor (2011): Was Basel III necessary and will it bring about prudent risk management in banking? Bank of Ghana
Bank for international settlements (BIS) 2011a: Basel III: A global regulatory framework for more resilient banks and banking systems
Bank for International Settlements (BIS) 2011b: Basel Committee on banking Supervision: Basel III: A global framework for more resilient banks and banking systems
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) 2010a: Basler Ausschuss für Bankenaufsicht: Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Bankensysteme
Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) 2010b: Basler Ausschuss für Bankenaufsicht: Basel III: Internationale Rahmenvereinbarung über Messung, Standards und Überwachung in Bezug auf das Liquiditätsrisiko
Blundell-Wignall, Adrian / Atkinson, Paul 2010: Thinking beyond Basel III: Necessaty solutions for capital and liquidity; In OECD Journal: Financial Market Trends, Volume 2010, Ausgabe 1
Cornford, Andrew o.J.: More Details from the Basel Committee Concerning the Basel III Leverage Ratio, Geneva
Deutsche Bundesbank (DB) 2011: Basel III – Leitfaden zu den neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln für Banken
Fehr, Benedikt (09.05.2009): Die Bruchlandung der „Raumstation Orion“; In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Serie Finanzskandale (16):Herstatt-Bank, http://www.faz.net/aktuell/finanzen/finanzskandale/serie- finanzskandale-16-herstatt-bank-die-bruchlandung-der-raumstation-orion-1760113.html; abgerufen am 10.01.2014
Hannoun, Hervé 2010: The Basel III Capital Framework: a decisive breakthrough
King, Peter / Tarbert, Heath 2011: Basel III: An Overview. In: Banking & Financial Services: Policy Report. Band 30. Heft 5
Quellen
(1) vgl. King 2011: 1
(2) Aufgrund von immer mehr internationalen Geschäften konnten die Banken Gesetze und flexible Wechselkurse von verschiedenen Ländern ausnutzen. Die Pleite der Bank Herstatt im Jahr 1971 hatte zur Folge, dass internati- onale Regeln für Banken eingeführt wurden., vgl. Fehr 2009: 1
(3) Die gesamte Liste befindet sich auf: http://www.bis.org/bcbs/membership.htm
(4) Blundell-Wignall / Paul Atkins 2010: 2
(5) Vgl. King 2011: 2
(6) Vgl. King 2011: 2
(7) Vgl. King 2011: 2
(8) Vgl. Amediku 2011: 6
(9) vgl. King 2011: 4
(10) BIS 2011a: 13
(11) Ist die Differenz zwischen dem Nennwert einer Aktie und dem Verkaufspreis der Aktie
(12) BIS 2011a: 19
(13) BIS 2011a: 60
(14) Vgl. King 2011: 6
(15) Vgl. BIS 2011a: 57
(16) Vgl. BIS 2011a: 58
(17) Vgl. Amediku 2001:15
(18) Vgl. Cornford o.J:3f
(19) Vgl. Hannoun 2010: 5
(20) Vgl. King 2010: 7
(21) Vgl. DB 2010: 21, Hannoun 2010: 7f
(22) Vgl. BIS 2011a: 30f, BIZ 2010b: 33f, King: 7
(23) Vgl. BIS 2011a: 31ff, BIZ 2010b: 34ff, King: 7
(24) Vgl. BIS 2011a: 37f, BIZ 2010b: 42f, King: 7f
(25) Vgl. BIS 2011b: 39f, BIZ 2010a: 43f, King: 8
(26) Vgl. BIS 2011b: 40ff, BIZ 2010a: 45ff, King 2011: 8
(27) Vgl. King 2011: 8, BIS 2011b: 46
(28) Vgl. BIZ 2010a: 53f
(29) Vgl. DB 2011: 36
(30) Vgl. King 2011: 8
(31) Vgl. BIZ 2010a: 58ff
(32) Vgl. BIZ 2010a: 9ff, King 2011: 9f
(33) Vgl. BIZ 2010a: 9ff
(34) Vgl. BIZ 2010b: 4f
(35) Vgl. BIZ 2010a: 9ff, King 2011: 9f
(36) Vgl. BIZ 2010a: 9ff, King 2011: 9f
(37) Vgl. BIZ 2010a: 11, King 2011: 10
(38) Vgl. BIZ 2010b: 29, King 2011: 10
(39) Vgl. King 2011: 10f
(40) Vgl. King 2011: 11
(41) Bank for International Settlements – Basel III: Finalising post-crisis reforms (engl. PDF)
(42) Bank for International Settlements – High-level summary of Basel III reforms (engl. PDF)
(43) Deutsche Bundesbank – Basel III – Leitfaden zu den neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln für Banken (PDF)
(44) PricewaterhouseCoopers GmbH – Einführung des „Capital Floors“ – Tiefer geht es nicht mehr
(45) Haufe – Bankenregulierung: „Basel IV“ macht Immobilienfinanzierung teurer
(46) Immobilien Zeitung – Basel IV gefährdet den Mittelstand
(47) PricewaterhouseCoopers – Finalisierung von Basel III und erste Inhalte zu Basel IV
(48) Kontrahentenausfallrisiko – Die Bank, Ausgabe 6/2019, S. 46
(49) Anstieg der Eigenmittelquote – Die Bank, Ausgabe 6/2019, S. 48
(50) BÖZ – Kapitalbedarf infolge von Basel III schrumpft
(51) Immobilien Zeitung – Basel IV wird verschoben – gut so!
(52) Bankenverband – Bankenbrief – Ausgabe 2020-9 (vom 14. Januar 2021)