Fortsetzung der Marktumstände, innerhalb derer es zu Überschuldungen kommt
Teuerungsrate des Geldes – Entwicklung des effektiven Jahreszinses
Wer einen Kredit aufnimmt, bezahlt dafür Zinsen. Die Zinsen stellen – vereinfacht formuliert – eine Mietgebühr für das Geld dar. Analog zum Mietwagen, der ein gewisses Geld kostet und trotzdem zurückgebracht werden muss, verlangt auch die Bank nicht nur den Kreditbetrag als solches, sondern eben auch ein Entgelt für das Ausleihen.
Den Menschen, die ohnehin schon in den roten Zahlen stecken, kommt ein günstiger Zinssatz natürlich sehr entgegen, Thema Umschuldung. Eine Marktlage mit steigenden Zinsen verschlimmert die Lage und erschwert die Rückführung des Kredits. Daher betrachten wir nachfolgend die Entwicklung der durchschnittlichen Zinssätze für einen Privatkredit.
Der durchschnittliche effektive Jahreszins für einen Kredit in Deutschland folgte zwar auf langfristiger Sicht seit Betrachtungsbeginn im Jahr 2003 lange Zeit einem insgesamt fallenden Trend, doch die letzten Jahre zeigten seit 2018 das Gegenteil. Eine Zinssteigerung ist wieder angesagt. Wie die Veränderung des Zinses im Detail aussieht, zeigt folgendes Diagramm zur Veränderung zum jeweiligen Vormonat in Prozent.
Wie hoch der vertraglich festgehaltene effektive Jahreszins dann schlussendlich wird, hängt auch von der persönlichen Bonität und den internen Berechnungsmodellen der Banken und Sparkassen ab. Daher lassen sich Kunden im besten Fall mehrere Angebote unterbreiten und entscheiden sich erst dann.
Die Entwicklung der Kreditvergabe
Banken verdienen ihr Geld unter anderem mit der Vergabe von Krediten. Verbraucher erfüllen sich mit den Krediten Wünsche oder schließen Finanzierungslücken. Eine sorglose Kreditvergabe seitens der Banken birgt stets die Gefahr, dass sich Kunden überschulden und die Raten nicht mehr bedienen können.
So agierten bis Ende 2007 die Banken in den USA allzu leichtfertig mit der Vergabe von Immobilienkrediten. Die Folge: Überschuldete Bürger, der wirtschaftliche Zusammenbruch vieler Kreditinstitute und schließlich eine globale Finanzkrise.
Wie die Grafiken zeigen, schlugen die Folgen der Weltwirtschaftskrise auch bei den deutschen Banken ein. Weder bei der Entwicklung des Neugeschäftsvolumens noch bei der prozentualen Entwicklung von Jahr zu Jahr konnte das Vorkrisenniveau wieder erreicht werden. Nichtsdestotrotz nahm das Wachstum nach der Finanzkrise wieder Fahrt auf, selbst während der Coronakrise. Das ist einerseits wirtschaftlich sehr zu begrüßen, andererseits steigt damit gleichzeitig die Gefahr der Überschuldung privater Haushalte.
Das Sparverhalten der Deutschen
Spare in der Zeit, dann hast Du in der Not, besagt ein altes Sprichwort. Der Wahrheitsgehalt spiegelt sich auch im Sparverhalten der Deutschen wider. Im Betrachtungszeitraum wuchs das Sparvolumen deutscher Privathaushalte zwischen 1991 und 2022 an, von 131,86 Milliarden Euro auf 253 Milliarden Euro. Das macht einen Anstieg von 91,92 Prozent aus. Laut Berechnungen der Creditreform sollten die deutschen Verbraucher in Folge der Corona-Krise zusätzliche Sparguthaben in Höhe von rund 200 Milliarden Euro auf die „hohe Kante“ gelegt haben.
Die prozentuale Veränderung des gesamten Sparvolumens privater Haushalte gegenüber dem jeweiligen Vorjahr zeigt im Detail das folgende Diagramm:
Verschuldungsquote DE, GB, USA
Die Verschuldungsquote ist das Verhältnis aus dem Schuldenstand zum nominalen Bruttoinlandsprodukt. Um ein Bild davon zu bekommen, wo Deutschland im weltweiten Vergleich dasteht, zeigt das folgende Diagramm die Verschuldungsquote von Deutschland, Großbritannien und den USA.
Es ist deutlich zu erkennen, dass im Jahr 2007, zum Beginn der weltweiten Finanzkrise, die Verschuldungsquoten aller Länder stark angestiegen sind. Seit 2010 verbesserte sich die Lage wieder etwas, die Verschuldungsquote weitete sich in einem deutlich geringeren Maße aus und Deutschland konnte seitdem sogar eine jährliche Verringerung der Verschuldungsquote verzeichnen. Seit 2020, bedingt durch die Coronapandemie, steigt die Verschuldensquote allerdings wieder an.
Die EU-Kommission ging nach der Pandemie von einer Senkung der Gesamtschuldenquote ab 2021 aus. Die Ukrainekrise mischte die Karten allerdings neu.
In den USA gehören Schulden zum Alltag. Sei es das enorm kostspielige Studium, das den angehenden Berufsanfänger mit einer immensen Schuldenlast entlässt, sei es die bereits aufgeladene Kreditkarte, die per Postwurfsendung kommt oder sei es der Autofinanzierer um die Ecke, dem es egal ist, ob die Bonität des Käufers passt (s. unsere Studie zu den Sub-Prime Autokrediten in den USA). Es lebt sich sehr schnell auf Pump im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Für die USA veröffentlichte der IMF schon Ende 2019 Prognosen für die nächsten Jahre. Demnach wurde ein prozentualer Schuldenanstieg für die Zukunft erwartet. Was dabei allerdings noch keine Berücksichtigung finden konnte, war die Coronakrise mit ihren wirtschaftlichen Folgen. Das Schuldenwachstum dürfte also auch in den USA deutlich stärker ausfallen, als ursprünglich angenommen.
Der aktuelle Schuldenstand in Deutschland ist relativ niedrig, zumindest im Vergleich zu Großbritannien und den USA. Nichtsdestotrotz: Jeder zehnte Deutsche hat ernste finanzielle Schwierigkeiten. Da hilft es wenig, wenn wir im Vergleich am besten dastehen.
Autor: Marc Opitz, Update: Tina Reisewitz und Juliane Lohfink
veröffentlicht: 10.01.2017, letztes Update: 24.07.2023
Quellen und weiterführende Informationen
- Bundeszentrale für politische Bildung – Welt-Bruttoinlandsprodukt
- Bundesminsiterium der Justiz und für Verbraucherschutz – § 504 Eingeräumte Überziehungsmöglichkeit
- Wikipedia.org – Konsumklimaindex
- Statistisches Bundesamt – Erklärungen zum Verbraucherpreisindex (VPI)
- Statistisches Bundesamt – Statistik zur Überschuldung privater Personen, Fachserie 15 Reihe 5
- Statistisches Bundesamt – Einkommen, Konsum, Lebensbedingungen 2019 (PDF)
- Statistisches Bundesamt – Statistisches Jahrbuch
- Creditreform – Schuldner Atlas 2022
- Bankenfachverband e.V. – GfK Finanzmarktforschung: Marktstudie 2016 – Konsum- und Kfz-Finanzierung (PDF)
- Europäische Kommission – The 2023 Stability & Convergence Programmes (Table A1.3)